Bombenattentate in Madrid und diplomatischer Streit mit Kuba
Liebe Hörerinnen und Hörer, auch heute haben Dagmar Keberlova und Robert Schuster für Sie die wichtigsten Themen zusammengestellt, die in dieser Woche von den tschechischen Printmedien behandelt wurden.
Ein weiterer Grund, warum hierzulande nach den Anschlägen in Madrid insbesondere bei Politikern die Alarmglocken läuteten, war der Umstand, dass auch Tschechien, wenn auch in einem bedeutend bescheideneren Maß, als etwa Spanien, sich am weltweiten Kampf gegen das Netz der El Kaida beteiligt. So verwundert es nicht, dass auch die Prager Regierung sofort die Sicherheitsmaßnahmen an allen öffentlichen Plätzen und Einrichtungen zusätzlich verstärken ließ.
Schon in der jüngsten Vergangenheit, so etwa nach den Bombenanschlägen vom 11. September 2001, kritisierten die heimischen Medien Versuche hoher tschechischer Polizeikreise und nicht zuletzt auch von Innenminister Stanislav Gross, die Terrorgefahr als Anlass für eine verstärkte Abhörtätigkeit gegenüber vermeintlich verdächtigen Personen oder die Einführung von Rasterfahndungen auszunutzen. In einem Land, das noch vor zwanzig Jahren von einem dichten Spitzelnetz der kommunistischen Staatssicherheit durchzogen war, könnten, so die Medien damals, bei vielen Bürgern böse Erinnerungen wach werden.
Der Grundsatzfrage nach der Unantastbarkeit der persönlichen Freiheiten jedes Menschen in Zeiten, die außerordentliche Sicherheitsrisiken und Gefahren in sich bergen, ging Martin Komarek in der auflagestarken tschechischen Tageszeitung Mlada fronta Dnes nach:"Nach dem Massenmord in Madrid ist erneut die Diskussion entbrannt, ob man wegen des Kampfs gegen den Terror eine weit reichende Beschneidung der persönlichen Rechte und Freiheiten in Kauf nehmen darf oder nicht. Ich meine, dass dieser Streit in die falsche Richtung geht, denn der Krieg gegen den weltweiten Terror muss auf eine Art und Weise geführt werden, mit der die Grundlagen der westlichen Freiheiten nicht beeinträchtigt werden. Bei weitem bedeuten aber nicht alle Maßnahmen, die nun zu unserer Sicherheit ergriffen werden - wie etwa die verstärkten Kontrollen auf Flughäfen, oder in der U-Bahn, auch gleichzeitig einen Eingriff in unsere verbrieften Freiheiten. Es geht auch anders. Sollten also die Behörden nun unter dem Vorwand unsere Sicherheit erhöhen zu wollen, ihre Macht vergrößern, sollten wir diesem Trick nicht aufsitzen."
Mit der Lage in Tschechien nach den Bombenanschlägen in Madrid und der innenpolitischen Debatte, die daraufhin eingesetzt hatte, befasste sich Pavel Masa in einem Meinungsartikel, der in der Lidove noviny erschienen ist:
"Die Reaktion der tschechischen Regierungsspitzen auf den verschärften Antiterror-Krieg in Europa haben sich bislang auf verstärkte polizeiliche Maßnahmen und die Ankündigung beschränkt, die tschechischen Soldaten nicht von ihren Missionen im Ausland zurückziehen zu wollen. Dennoch sollte aber die Regierung auch so etwas wie eine Anti-Terror-Strategie entwickeln, denn schließlich geht es auch darum, dass sich bei der Diskussion über dieses Thema nicht jene unwürdige Szenen wiederholen, wie vor dem Beginn des Irak-Kriegs, als jede Zusage für eine Unterstützung der Vereinigten Staaten sofort wieder abgeschwächt wurde."
Themenwechsel im heutigen Medienspiegel. Ein weiteres Ereignis, welchem in dieser Woche Aufmerksamkeit geschenkt wurde, war die scharfe Attacke des kubanischen Außenministers Felipe Perez Roque an die Adresse Prags. Während der Tagung der UN-Menschenrechtskommission in Genf sagte der Minister, Tschechien sei ein Lakai der Vereinigten Staaten und übernehme voll die Anti-Kuba-Politik Washingtons.Der Grund für diese starken Worte war das seit geraumer Zeit bestehende starke Engagement Prags in der Frage der Menschenrechtsverletzungen auf Kuba. In den Jahren 1999 bis 2001 hatten tschechische Diplomaten regelmäßig vor der im Frühjahr stattfindenden Sitzung der Menschenrechtskommission einen Resolutionsentwurf vorgelegt, der die Lage der Menschenrechte auf der Zuckerrohr-Insel anprangerte.
Als vor fast genau einem Jahr Kubas Staats- und Parteichef Fidel Castro 75 Regimekritiker verhaften und zu drakonischen Strafen verurteilen ließ, führte das unter Tschechiens Intellektuellen zu einer Solidaritätswelle. Nach zahlreichen Protesten vor dem Gebäude der kubanischen Botschaft in Prag, erreichten die Unterstützungsaktionen für die Regimekritiker vergangene Woche einen neuen Höhepunkt. 75 namhafte Persönlichkeiten des tschechischen politischen und kulturellen Lebens - darunter zum Beispiel Senatspräsident Petr Pithart - ließen sich, in gestreifte Häftlingsuniformen gekleidet, auf dem Prager Wenzelsplatz, für eine Stunde lang symbolisch in eine Gefängniszelle sperren, die einem großem Käfig glich.Zu dieser Veranstaltung meinte etwa Patricie Polanska in einem Kommentar, der in der Wirtschaftszeitung Hospodarske noviny erschienen ist:
"Es wäre interessant zu hinterfragen, wie viele Passanten, die dieser Tage den Prager Wenzelsplatz überquerten, begriffen, dass Senatspräsident Petr Pithart, sowie die anderen Herren in gestreiften Häftlingsanzügen eigentlich den auf Kuba inhaftierten Regimekritikern ihre Unterstützung bekundeten. Schließlich passiert es nicht alle Tage, dass man hochrangige Politiker als Häftlinge verkleidet zu Gesicht bekommt. Natürlich kann das beim gemeinen Volk Grund zu allerlei Schadenfreude geben, die Idee an sich verdient es jedoch ernst genommen zu werden. Es ist gut auch andere Teile dieser Welt nicht aus dem Blickfeld zu verlieren, und ebenso wichtig ist es auch einen aktiven Beitrag im Kampf gegen weltweites Unrecht zu leisten."
Einen etwas weniger ernsten Blick auf die jüngsten Verstimmungen zwischen Kuba und Tschechien, bzw. die Aussagen des kubanischen Chefdiplomaten, wirft Jan Jandourek in der Mlada fronta Dnes, aus dessen Kommentar wir Ihnen abschließend einige Passagen näher bringen wollen:
"Tschechien sei ein Lakai Amerikas dröhnte jüngst Kubas Außenminister. Er hat aber nicht gesagt, was wir jetzt tun sollen, denn viele Möglichkeiten gibt es diesbezüglich nicht. Wir könnten also versuchen den Spieß umzudrehen, so dass die USA unsere Lakaien wären. Das haben jedoch schon Saddam Hussein und die afghanischen Taliban-Führer versucht, was zu den uns bekannten Konsequenzen führte. Dann gibt es noch zwei weitere Möglichkeiten. Die erste bestünde darin eine unabhängige Weltmacht zu werden, so wie Kuba. Dazu fehlt es uns jedoch an einem vergleichbar großen Führer, der sich mit Fidel messen könnte. Der zweite Weg wäre Handlanger Kubas zu werden. Falls uns das zu den Stränden der Karibik bringen würde, wäre das wahrlich eine süße Versuchung."