Winzerbräuche in Südmähren zu Osterzeit
Von Osterbräuchen haben sie bei uns in Radio Prag schon viel gehört. Doch diesmal erfahren Sie etwas über einen Brauch, der neu ist, oder vielmehr wieder ins Leben gerufen wurde. Auf ihren Reisen durch das Land hat ihn Martina Schneibergova entdeckt und sich mit der Alma Mater der Wiederauferstehung unterhalten. Das Gespräch hat Dagmar Keberlova aufbereitet, und begrüßt Sie jetzt mit Melanie Agne am Mikrophon.
Südmähren ist eine Gegend, eine Weingegend, in die man immer gerne fährt. So auch meine Kollegin Martina Schneibergova, die dort auch die folgende, mit Ostern verbundene Tradition entdeckt hat. Lenka Skrabankova, mit der sie sich bei einem Glas Wein darüber unterhalten hat, ist ehemalige Emigrantin, die früher bei Radio Freies Europa gearbeitet hat. Jetzt lebt sie wieder in Znojmo/Znaim und widmet sich dort unter anderem den Volksbräuchen. Der Volksbrauch, von dem wir ihnen jetzt erzählen wollen, wird zu Ostern aktuell. Und zwar wie folgt: Zuerst wird die Traubenziege aus dem Gasthaus auf die Weinberge hinausgetragen. Auf den Weinbergen soll sie dann die ganze Sommersaison über auf die Weintrauben aufpassen, bis zum Tag des Heiligen Martin. Da nämlich wird der erste Wein verkostet, und am St. Martinstag bringt man die "Weinbeergoas", wie sie richtig heißt, wieder ins Gasthaus zurück, damit sie auf den Weinbergen nicht frieren muss. Sie verbringt den ganzen Winter dort im Warmen versteckt, und das Ganze wiederholt sich jedes Jahr. Mehr dazu von Lenka Skrabankova:
"Eine Reihe von Mitgliedern des Ortsverbandes nimmt an diesem Brauch teil. Herr Svoboda schreibt über die örtlichen Gewohnheiten, Legenden und die tatsächlich geschehene Dinge. Er rief diesen Brauch ins Leben zurück, da er eine Legende diesbezüglich geschrieben hat. Die Legende über die 'Goas' ist für das deutsche und tschechische Volk gemeinsames Kulturgut. Es ist interessant, dass das deutsche Wort 'Weinbeergoas', also 'Goas', nichts bedeutet. Es handelt sich um eine Modifizierung des slawischen Wortes für Ziege, 'koza'. Das deutsche Wort ,Ziege' geht auf einen ganz anderen Wortstamm zurück. Im niederösterreichischen Dialekt heißt es 'Goas', und das erinnert an die slawische Wortvariante."
Welche Aufgaben hat die Ziege eigentlich? Frau Skrabankova weiter:
"Erstens hat sie die Aufgabe, die Weinberge vor klimatischen Problemen wie Frost im Frühling beim Blühen der Weinberge zu schützen, im Sommer gegen Sturm und dann hauptsächlich, zum Ende des Sommers, wenn die Weintrauben reifen, gegen Diebe. Die Menschen wussten, dass wenn sie Weintrauben stehlen, können sie von der 'Weinbeergoas' erwischt werden, und das hat ihnen Angst gemacht. Oder wenn sie zu viel stehlen, dann kommt der Weinbergbock, dessen Strafe noch schlimmer sein wird. Es gibt sogar auch das 'Zicklein'. Das wiederum wacht im Keller, wenn der Wein schon gepresst wurde und der Sturm gärt, dann gibt es dort gefährliche Gase. Wenn jemand reingehen würde, könnte er sogar sterben, denn dort ist die ganze Ziegenfamilie versammelt, die den Eindringling bis zum Tode mit den Füßen treten könnte."Die echte Ziege haben die Menschen von Znojmo nur in Deutschland gesehen:
"Die 'Goas' ist in älteren ethnographischen Schriften beschrieben. Es gibt sogar Bilder. Diese konnten wir in einem Volkstümlichen Museum in Eggenburg sehen. Dort haben sie aus der Zeit der Kaiser volkstümliche Erwähnungen der 'Goas'."
Angeblich hat es auch ein Rundfunkhörspiel gegeben, dass auch seinerzeit gesendet wurde. Es ging jedoch leider verloren, sagt Frau Skrabankova. Zum ersten Mal haben die Znojmer den Brauch am St. Martinstag praktiziert:
"Wir haben den Brauch am Tag des Heiligen Martin zum ersten Mal in Leben gerufen. Wir schmückten die Ziege und brachten sie in einen Weinkeller, der Bestandteil der unterirdischen Gänge in Znojmo ist. Dort hat sie den Winter überstanden und jetzt tragen wir sie hinaus. Aber bevor wir sie hinaustragen konnten, mussten wir sie noch reparieren. Denn die Ziege ist aus Stroh gemacht und jeder, der im Winter in den Weinkeller gekommen ist, hat sie angefasst, um zu schauen, woraus die Ziege gemacht ist. Und jetzt ist sie ein bisschen kaputt. Also wir mussten sie noch ein wenig herrichten, die Hörner, so dass sie wieder wie eine Ziege aussieht. Der Direktor des Eggenburger Museums, das das Original besitzt, hat uns versprochen, dass er uns seine Ziege leiht. Inzwischen haben wir uns aber diese gebaut. Und sie respektiert das, woraus sie hergestellt wird: Stroh, Holz, Weintrauben."
Die Tradition wurde von einer Weinverkostung begleitet und es wurden Legenden über die 'Weinbeergoas' gelesen. In Znojmo hat man nur wenige Volksbräuche, und es wäre daher gut, dass sich diese Tradition, die einen Bezug zur Weinproduktion und der Zweisprachigkeit der Gegend hat, erhält. Znojmo ist seit dem 13. Jahrhundert zweisprachig und die Volksbräuche der Region haben sich immer auf beide Völker bezogen. Es bleibt nur zu wünschen, dass dieser sowie alle anderen auch den nächsten Generationen erhalten bleiben.