Tschechische Regierung für Direktwahl des Präsidenten
Die tschechische Regierung hat sich in ihrer Sitzung am Dienstag wieder einmal einem Dauerbrenner der hiesigen Innenpolitik zugewandt - nämlich der möglichen Direktwahl des Staatspräsidenten. Im sozialliberalen Kabinett herrscht nun Einigkeit darüber, dass der Präsident künftig vom Volk gewählt werden soll. Zur Änderung des entsprechenden Verfassungsgesetzes wäre aber eine Dreifünftelmehrheit des Parlaments erforderlich. Mehr dazu von Gerald Schubert:
"Unsere Konzeption geht von der Ansicht aus, dass es hier ein bestimmtes Demokratiedefizit gibt. Die Menschen sind überwiegend der Meinung, dass das Staatsoberhaupt direkt gewählt werden sollte. Wenn dem also entsprochen wird, dann wird das ein Beitrag zur Stärkung der Beziehungen zwischen den tschechischen Bürgern und ihrem Verfassungssystem sein", so der sozialdemokratische Regierungschef.
Tatsächlich bestätigen Umfragen langfristig, dass die Tschechinnen und Tschechen eine Direktwahl des Präsidenten begrüßen würden. Bis jetzt sind aber die öffentlichen Debatten stets recht schnell verstummt, wenn erst der entsprechende Anlassfall vom Tisch war. Wie zuletzt nach der komplizierten Kür von Präsident Václav Klaus Anfang des Vorjahres: Drei Wahlrunden mit insgesamt neun Wahlgängen waren damals nötig gewesen, ehe sich die Parlamentarier mit einer Mehrheit von zwei Stimmen für einen Nachfolger von Langzeitpräsident Václav Havel entschieden.
Der jetzige Vorstoß der Regierung hat jedoch einen Haken: Ausgerechnet jene Parlamentarier, denen das exklusive Stimmrecht bei der Präsidentschaftswahl genommen werden soll, müssen mit Dreifünftelmehrheiten in beiden Kammern zustimmen. Also wird auch die Opposition gebraucht. Von dort kommen einstweilen unterschiedliche Signale. Pavel Kovácik, Chef der kommunistischen Abgeordnetenfraktion:"Die Direktwahl des Präsidenten gehört zu den Elementen der direkten Demokratie. Es geht aber darum, dass eine solche Direktwahl auch mit bestimmten Veränderungen im ganzen Verfassungssystem einhergehen muss."
Also: Ein "Ja, aber". Und gerade mit dem Aber könnten sich die Kommunisten schließlich die Rolle als Zünglein an der Waage zu bewahren versuchen, die sie jüngst bei der Wahl von Klaus gespielt haben. In der anderen Oppositionspartei, der Demokratischen Bürgerpartei ODS, gibt es verschiedene Meinungen zur Direktwahl des Staatsoberhauptes. Vor allem aber geht es der ODS um Eines: Bei einer Wahl durch das Volk sollten mehr als nur zwei Kandidaten in die Stichwahl kommen. Ansonsten könne es nämlich in der zweiten Runde heißen: Alle gegen einen. Polarisierenden Politikern würde das eventuell schaden. ODS-Gründer Vaclav Klaus hat übrigens bereits zu Erkennen gegeben, dass er sich in vier Jahren um eine zweite Amtszeit bewerben will.