Supermärkte bestimmen tschechischen Markt - Abzocke bald beendet?
Seit Freitag hat die Europäische Union nun eine eigene Verfassung. Eine Art europäisches Grundgesetz, wenn man so will, auf dem ein auf gemeinsamen Werten basierendes Denken und Handeln der 25 Mitgliedsstaaten in Zukunft ausgerichtet sein soll. Aber wie sieht es gegenwärtig in der Praxis aus, gibt es schon mehrere gemeinsame Werte, die uns verbinden? Wenn man sich zum Beispiel nur einmal die ureigensten Bedürfnisse, sprich: die Möglichkeiten zum Shopping und Konsum in Deutschland und Tschechien unter die Lupe nimmt, dann tun sich eher Welten statt Heimat verbundene Gefühle auf. Hören Sie dazu den folgenden Beitrag von Lothar Martin.
"Wir konnten zum Beispiel die Arbeitszeit selbst bestimmen, wir waren nicht daran gebunden, wie viele Stunden wir geöffnet haben müssen. Und so lief ein Geschäft sehr gut, wenn es früh geöffnet hatte, noch bevor die Leute zur Arbeit gehen, und dann natürlich am Nachmittag, wenn die Anwohner nach der Arbeit zum Einkaufen kamen. Allerdings mussten die Öffnungszeiten, die wir beim Gewerbeamt eingereicht hatten, dann auch eingehalten werden."
Ein Ladenschlussgesetz, wie man es in Deutschland kennt, habe es nie gegeben, versichert mir Vera Abrahamová. Aber, so die Unternehmerin heute, die lasche Gesetzgebung hierzulande, insbesondere die gewerkschaftlich viel zu wenig abgesicherten Rechte der Arbeitnehmer, haben später auch dazu geführt, dass sich die Konkurrenz der Supermärkte ab den Jahren 1997/98 nur allzu leicht ausbreiten konnte:"Als die Hypermärkte auf den Markt drängten, haben sie den Herstellern regelrecht diktiert, zu welchen Preisen sie ihre Erzeugnisse kaufen werden. Denn indem sie den Herstellern die Ware gleich waggonweise abgenommen haben, war ich für diese nicht mehr interessant. Ich hätte von nun an ihre Produkte zu höheren Preisen beziehen müssen, als sie die Supermärkte einschließlich Mehrwertsteuer zum Verkauf angeboten haben."
Für ein Übriges, so Vera Abrahamová, hätten die den ausländischen Unternehmen von staatlicher Seite für die Dauer von zehn Jahren zugesicherten steuerlichen Vergünstigungen gesorgt. Ganz zu schweigen davon, dass hiesige Kommunalpolitiker gern die Hände aufhielten, wenn Großunternehmen entsprechende Grundstückkäufe und Baugenehmigungen vorantreiben wollen. Und so wird der tschechische Markt nach der sozialistischen Monokultur nun von der westlichen Überflusskapazität beherrscht, und zwar der von zumeist nur mittelmäßiger Qualität. Vera Abrahamová jedoch ist zuversichtlich, dass sich das schon bald ändern könnte:
"Ich denke ähnlich, wie es unsere Schauspielerlegende Jan Werich einmal sagte: Wir sind nicht so reich, dass wir nur billig einkaufen können. Damit meine ich, dass diese Ära bald zu Ende geht und ihr die Ära von mehr Substanz und Qualität folgen wird. Denn auch der tschechische Kunde ist nicht dumm und wird recht schnell erkennen, dass es besser ist, auf mehr Qualität denn Quantität zu setzen."