Katka Póczosová - Eine Studentin auf dem Weg in die Krisengebiete der Welt
Vielleicht haben Sie sich schon manchmal gefragt, wem eigentlich die vielen neuen Stimmen gehören, die man - vor allem in der Sommerzeit - immer wieder auf den Wellen von Radio Prag vernehmen kann. Nun, meist handelt es sich um Studentinnen und Studenten, die ihre Ferien nutzen, um im Rahmen eines Praktikums Erfahrungen mit dem Rundfunk zu sammeln. Eine von ihnen wollen wir nun in der Sendereihe "Heute am Mikrophon" etwas näher vorstellen: Katarína Póczosová. Sie studiert im mährischen Olomouc / Olmütz Journalismus und Germanistik - und verfolgt damit einen doch recht ungewöhnlichen Berufswunsch. Gerald Schubert hat mit ihr gesprochen.
"Ja, ich studiere, wie gesagt in Olomouc, Germanistik und Journalismus. Jetzt bin ich im zweiten Jahrgang, drei Jahre habe ich noch vor mir. Geboren bin ich in der Slowakei. Mein Vater ist jedoch Ungar. Ich bin also eine Mischung aus einer slowakischen Mutter und einem ungarischen Vater. Im Laufe des Studiums mussten wir bisher zwei Praktika absolvieren. Voriges Jahr war ich bei einer Tageszeitung, und zwar bei der Mladá fronta dnes. Und dieses Jahr habe ich mich entschieden, es beim Rundfunk zu versuchen."
Du willst Journalistin werden, hast aber dabei einen sehr konkreten Berufswunsch. Wie sieht denn der aus?
"Ich würde gerne Kriegsberichterstatterin werden. Ich muss aber nicht nur in die Kriegsgebiete fahren, sondern ich könnte auch in andere Krisenregionen reisen und von dort Berichte bringen."
Wie kommt ein junges Mädchen auf die Idee, Kriegsberichterstatterin werden zu wollen? Was erwartest du dir von einer solchen Tätigkeit?
"Ungefähr vor einem halben Jahr hatte ich im Supermarkt ein komisches Erlebnis. Ich stand bei einem Regal mit vielen Joghurtsorten. Da kam eine junge Lady und wollte ein Joghurt kaufen. Es gab aber keines mit 0,1 Prozent Fett. Da hat sie sich umgedreht und ist weggegangen. Und dabei hat sie gesagt, dass man in diesem Staat nichts Normales kaufen kann - oder so was in der Art. Da habe ich mir gedacht: Madame, bitte! Es gibt Staaten und Regionen, wo die Menschen verhungern. Eine Scheibe Brot würde denen das Leben retten. Also, ich will versuchen, den Leuten hier zu zeigen, dass es anderen auf der Welt viel schlechter geht. Und dass sie vielleicht helfen können, indem sie Essen und Kleidung in diese Regionen schicken, oder indem sie Geld spenden. Das hilft vielleicht, irgendwo auf der anderen Seite der Welt ein Menschenleben zu retten."
Der Beruf, den du anstrebst, ist auf jeden Fall mit einem relativ hohen Risiko verbunden. Wie gehst du denn damit um?
"Ja, das gebe ich zu. Aber ich habe mit verschiedenen Soldaten gesprochen und mich bei der Presseabteilung der Armee erkundigt. Dort habe ich erfahren, dass ein Journalist, der in Krisenregionen fährt, sich nicht alleine bewegt. Das wäre sozusagen Selbstmord. Er bewegt sich immer mit der Armee des zugehörigen Staates. Ich sage mir: Wenn ich alles mache, wie ich es machen soll, dann ist das Risiko ein bisschen niedriger. Nicht gleich null, das existiert nicht. Aber eben niedriger."
Trotzdem: Erst vor wenigen Wochen gab es hier in Tschechien relativ großen Aufruhr: Drei tschechische Journalisten wurden im Irak entführt. Man wusste nicht genau von wem. Offensichtlich war es aber eine bewaffnete Gruppe, die ein politisches oder auch finanzielles Interesse an dieser Entführung hatte. Einer davon war ein Kollege von uns, aus dem Tschechischen Rundfunk. Du hast die Diskussionen damals sicher auch verfolgt. Schreckt dich so etwas nicht ab?
"Ja, schon ein bisschen. Aber das ist nur die eine Seite. Aber auf der anderen Seite stehen die Reporter, die ohne Probleme zurückkommen. Zum Beispiel Antonia Rados - auch eine Frau, die sich in Krisenregionen getraut hat. Oder die tschechische Reporterin Petra Procházková, die nicht nur Berichte schreibt, sondern in Tschetschenien etwa ein Waisenhaus gegründet hat. Das sind meine Vorbilder, ich konzentriere mich mehr auf diese Richtung. Natürlich nehme ich auch das Risiko in Kauf, dass etwas passieren kann. Aber es muss ja nichts passieren. Und die Leute, die ich genannt habe, und noch viele, viele mehr sind das beste Beispiel dafür."
Ein Journalismusstudium ist ja in der Regel nicht unbedingt auf einen solchen konkreten Berufswunsch ausgerichtet. Hast du selbst irgendwelche Schritte unternommen, um dich auf die Tätigkeit vorzubereiten, die du einmal ausüben willst?
"Dieses Jahr konnte ich einen Kurs besuchen, den die Tschechische Armee für Journalisten organisiert hat. Wir haben dort gelernt, wie sich Journalisten in Krisenregionen und Kriegsgebieten bewegen sollen. Wir sind zum Beispiel getaucht und geklettert. Und es gab einige simulierte Vorfälle: Wir wurden etwa um drei Uhr morgens von 'Terroristen' überfallen und mussten dann in der Nacht durch den Wald spazieren. Es wurden uns verschiedene Fragen gestellt, und wir mussten darauf antworten - oder besser gesagt: lernen, was wir antworten sollen. Wir haben uns auch mit technischen Aspekten von Waffen und Autos beschäftigt. Und wir haben gelernt, was wir machen sollen, wenn wir in ein Minenfeld geraten. Wie wir uns verhalten sollen, damit wir nicht nur uns, sondern auch Andere nicht in Gefahr bringen."
Neben diesem Gefahrenaspekt gibt es in dem Beruf, den du anstrebst, vielleicht noch einen interessanten Aspekt: Man muss sich, glaube ich, dessen bewusst sein, dass Kriege, bewaffnete Konflikte in verschiedenen Teilen der Welt oder Terrorismus auch damit zu tun haben, dass die Leute ja damit rechnen, dass die Medien darüber berichten. Dass gewisse Dinge also vielleicht deshalb so passieren, wie sie passieren, weil die Medien vor Ort sind. Beschäftigst du dich auch mit diesem Aspekt? Oder lernt ihr darüber etwas an der Universität in Olomouc?
"In Olomouc leider nicht. Aber ich war für ein Semester in Dresden, wo wir uns mit dieser Problematik beschäftigt haben. Ich habe dort ein Seminar namens Medien und Krieg besucht. Dort sprachen wir auch über die Situation, als in den 70er Jahren bei den olympischen Spielen in München palästinensische Terroristen die israelischen Sportler angegriffen haben. Und damit gerechnet haben, dass die Medien dabei sein und darüber berichten werden. Es gibt auch viele Autoren, die glauben, dass nur dank der Medien der Terrorismus so stark ist. Kann sein. Aber ich habe ja schon gesagt: Ich will nicht nur in die Kriegsregionen fahren, sondern auch in andere Krisengebiete. Das können Gebiete mit Hungersnöten, Bürgerkriegen, Fluten oder auch verschiedenen Wetterkatastrophen sein."