Erstes Prager Obertonfestival
Kehlige, schwingende Klänge, die die Kirche bis unters Schiff erfüllen, Gong und Trommeln und ein Publikum in befreitem Trance - von Donnerstag bis Sonntag hat in Prag das erste Festival für Obertongesang stattgefunden. Die Prager Oberton-Gruppe Tashi Deley hat es gemeinsam mit dem deutschen Obertonsänger Chris Amrhein veranstaltet. Alles reichlich exotisch? Anita Müller hat sich mit dem Veranstalter unterhalten und die Atmosphäre eingefangen:
"Vor zwei Jahren war das erste deutsche Obertonfestival in Bayern, am Chiemsee, in Bergen, und dort haben wir den ersten Kontakt zu Prager Obertonsängern gefunden. Direkt danach war die Flutkatastrophe hier und dann bin ich eigentlich direkt danach hingefahren und hab hier Benefizkonzerte gemacht und eine intensive Zusammenarbeit mit dem Prager Obertonchor begonnen."
Immernoch befassen sich aber nur wenige studierte Musiker mit dieser Gesangstechnik. Der Obertongesang ist erst seit den 1960er Jahren in Europa neu entdeckt worden: da nämlich lernte man den obertonigen Kehlgesang der Mongolen in Europa kennen. Zur gleichen Zeit wurde die europaeische Obertontechnik wiederentdeckt. Denn höchstwahrscheinlich war die Wirkungsweise der Obertöne schon in der Gregorianik bekannt. Gotische Kirchen zum Beispiel sind ideal konstruiert für das obertonige Resonanzschema. Chris Amrhein erklärt, was an den Obertonharmonien so besonders ist:
"Die Oberton-Tonleiter ist wirklich die natürliche Tonleiter, also die ganze Musik dreht sich sehr um die Natur und es sind Mase und Schwingungsverhältnisse, die man überall und in allen Schwingungsphänomenen wiedertrifft."
Das zusammenarbeiten mit tschechischen, österreichischen und deutschen Musikern ist für Chris Amrhein einzigartig. Er beabsichtigt, im nächsten Jahr in Prag wieder ein Festival zu veranstalten. Ausserdem träumt er davon, eine gesamteuropäische Obertonvereinigung aufzubauen. Wie die klassische Musik ihre Lobby habe, so sei es auch für die Obertonmusiker zu wünschen. Hoffentlich geht bei so viel Proffessionalität der einzigartige Geist der Musik nicht verloren.