Hrabyne - Schauplatz einer der härtesten Schlachten des Zweiten Weltkrieges auf tschechischem Gebiet
In der letzten Folge unseres Regionaljournals haben wir einen historischen Exkurs in die Region Südostmährens, rund um die Stadt Uhersky Brod unternommen, wo sich vor 60 Jahren, kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs, schwere Kämpfe abspielten, nachdem die Sowjetarmee, aus dem Osten kommend, im April 1945 die nahe mährisch-slowakische Grenze überschritten hatte. Im Zeichen desselben Jubiläums steht auch die neue Ausgabe des Regionaljournals, in der diesmal Jitka Mladkova und Gerald Schubert Ihr Augenmerk auf das damalige Geschehen in Nordmähren richten wollen. Eine Station machen Sie in Hrabyne, das zu jenen Orten der Region gehört, in denen eine der schwersten Schlachten des Zweiten Weltkrieges auf dem Boden der ehemaligen Tschechoslowakei tobte. An die Kämpfe und die zahlreichen Todesopfer erinnert hier eine Gedenkstätte.
Der zweiten Kampfphase vom 24. März - 5. April folgte noch eine dritte, in der um jeden Ort, jedes Dorf, jede Stadt der Region einzeln Kämpfe ausgefochten werden mussten. In der Nacht von 29. auf 30. April wurde dann Ostrava befreit - etwa 1000 Sowjetsoldaten sind dabei gefallen. Allein in Hrabyne waren es 283, die höchste Zahl der Todesopfer im Laufe der Befreiungskämpfe im Rahmen der ganzen mährisch-schlesischen Kampfoperation.
Während der Kämpfe haben die die deutschen Truppen einen Teil der Häuser mit Phosphor bespritzt und angezündet, um sich in der Dunkelheit Licht zu verschaffen. Das Haus der Familie Exner gehörte dazu. Was weiter geschah, schildert der 70jährige Stanislav Exner:"Ich habe es als Kind erlebt. Wir liefen aus unserem Keller ins Dorfzentrum. An der Schule schrieen deutsche Soldaten "Halt!" und kaum überquerten wir hier die Straße, schon schrieen wiederum die Russen dasselbe auf Russisch - "Stoj!" Die Frontlinie verlief direkt durch unsere Gemeinde, doch auf Kinder hat man nicht geschossen."
Vom Hörensagen weiß Herr Exner, dass deutsche Soldaten eine günstige Position oben im Kirchenturm eingenommen haben, um sozusagen aus der Vogelperspektive auf Russen zielen zu können. Bei Bombenangriffen auf Ostrava wurde in Hrabyne Alarm geschlagen. Anstatt aus der Schule nach Hause zu gehen, lagen die Buben in einem Feld und beobachteten die Flugzeuge in der Ferne. Bei einer Luftschlacht über Opava wurde eine deutsche Messerschmitt - Maschine abgeschossen, die dann in den nahen Wald abstürzte. Herr Exner erinnert sich auch an menschliche Momente mancher Begegnung:"Den Piloten brachten deutsche Soldaten zu uns nach Hause. Das war noch vor den schweren Kämpfen in Hrabyne. Der verletzte Pilot lag in unserem Kinderzimmer, angezogen in seinem Overall, eine Woche lang. Er hatte auch seinen eigenen Koch und der kochte gemeinsam mit meiner Mutter am Küchenherd. Für uns Kinder war das gut, denn der Koch hat uns hie und da auch etwas beiseite gereicht, mal eine Orange, mal Schokolade oder eine Banane, und das waren für uns lauter Kostbarkeiten."
Stanislav Exner kann sich noch an eine besonders spannende Episode seiner Kriegskindheit erinnern.
"Mein älterer Bruder war 13, ich zehn und der jüngere Bruder fünf. Es herrschte gerade Ruhe. Alle drei flohen wir aus dem Keller, um uns einen Panzer aus der Nähe anzuschauen. Da machte jemand das Licht an, wir erschraken und rannten weg. Den Kleinen ließen wir aber dort. Da kam ein deutscher Soldat zu uns und brachte den Bruder mit der Erklärung, der Kleine trampelte auf dem Panzer. Mein Bruder und ich kriegten dann ein paar Ohrfeigen von unserem Vater."Krieg als Abenteuer? Natürlich nicht für die Hauptakteure inmitten des Waffenfeuers. In der letzten Phase der Befreiungskämpfe standen sich auf dem Schlachtfeld 31 sowjetische und 11 deutsche Divisionen mit unterschiedlichen Zahlen von Angehörigen gegenüber. Darüber hinaus waren auf der russischen Seite 3000 bis 6000 Kanonen, auf der deutschen 1500 - 2000 im Einsatz. Die Zahl der Panzer erreichte auf beiden Seiten 300, außerdem waren 416 sowjetische und 120-280 deutsche Flugzeuge im Einsatz. Die Kampfoperation endete mit der Befreiung von Ostrava am 30.April 1945. Vor Ostrava wurden weitere 16 Städte und über 600 Dörfer von den Hitlertruppen befreit, unter ihnen Hrabyne.