Tschechischer Clubfußball: Chaotische Liga-Saison endlich zu Ende

Sparta Prag (Foto: CTK)
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Sind Sie Fußball interessiert? Dann erinnern Sie sich ganz bestimmt noch an das vergangene Jahr, als es im Juni 2004 bei der Fußball-Europameisterschaft in Portugal neben Sensationssieger Griechenland in erster Linie die tschechischen Kicker waren, die den nachhaltigsten Eindruck hinterließen. Und die trotz des unglücklichen Scheiterns im Halbfinale gegen den späteren Europameister wohl den attraktivsten Fußball spielten.

Sparta Prag  (Foto: CTK)
Sind Sie Fußball interessiert? Dann erinnern Sie sich ganz bestimmt noch an das vergangene Jahr, als es im Juni 2004 bei der Fußball-Europameisterschaft in Portugal neben Sensationssieger Griechenland in erster Linie die tschechischen Kicker waren, die den nachhaltigsten Eindruck hinterließen. Und die trotz des unglücklichen Scheiterns im Halbfinale gegen den späteren Europameister wohl den attraktivsten Fußball spielten. Diese gute Visitenkarte, die die Nedved, Baros, Cech & Co. da abgeliefert haben, sollte sich doch auch positiv auf die einheimische Topliga auswirken, ihr einen Schub verleihen, sollte man meinen. Doch das Gegenteil war der Fall. Ganz einfach deshalb, weil im Gegensatz zu den professionellen Nationalspielern, die bis auf Blazek und Poborský alle ihr Geld im Ausland verdienen, in heimischen Gefilden das "organisierte Chaos" regiert und der unprofessionell geführte Profifußball buchstäblich mit Füßen getreten wird. Das begann schon damit, dass der größte Bestechungsskandal, der im tschechischen Clubfußball bisher aufgedeckt wurde, ab Sommer vergangenen Jahres scheibchenweise in die neue Saison transferiert wurde und in dieser für weitere Aufregung, Unmut und Missgunst sorgte. Mannschaften, denen aus zurückliegenden Spielzeiten Bestechungen von Schiedsrichtern und Spielbeobachtern und/oder versuchte Spielmanipulierungen nachgewiesen werden konnten, wurden mit Geldstrafen und Punktabzügen bestraft. So war der 1. FC Slovacko mit minus zwölf Punkten in die seit Samstag abgeschlossene Erstliga-Saison gestartet - der mährische Verein konnte jedoch den Abstieg verhindern, weil er genügend Punkte sammeln konnte. Dem FC Slovan Liberec hingegen fehlten die sechs Punkte sehr, die man ihm abgezogen hatte, denn dadurch verpasste der Meister des Jahres 2002 sowohl die Qualifikation zur Champions League als auch den Startplatz im UEFA Cup. Sicher auch mit ein Grund dafür, weshalb der slowakische Trainer Stanislav Griga unmittelbar nach dem Abpfiff des letztes Spiels gegen Absteiger Ceske Budejovice das Handtuch warf und seinen Trainerposten zur Verfügung stellte:

"Wie die Saison verlaufen ist, wie der Druck größer und immer größer wurde, hat dazu geführt, dass das für mich der beste Schritt ist und ich vom Fußball einige Zeit Abstand gewinnen muss."

Frantisek Straka  (Foto: CTK)
Dasselbe könnte mit Sicherheit auch Jaroslav Hrebik, der Coach des neuen Meisters Sparta Prag, in gewisser Weise von sich behaupten. Denn obwohl er den Prager Traditionsverein in letzter Konsequenz zum nunmehr bereits 33. Titel geführt hat, gleicht sein zweites Engagement bei den Blau-Gelb-Roten eher einem Spießrutenlauf denn einer zufriedenen Tätigkeit. Hrebik hat nämlich den hauptstädtischen Renommierclub zur Winterpause von seinem beliebten Vorgänger Frantisek Straka übernommen, der Sparta bis dahin mit einem deutlichen Neun-Punkte-Vorsprung auf Platz 1 geführt hatte. Dieser von Sparta-Präsident Daniel Kretinsky vollkommen überraschend vorgenommene Trainerwechsel ist für die meisten Anhänger des Clubs bis heute unverständlich. Das hat die eingefleischten Fans bzw. jene, die sich dafür halten, dazu bewogen, Trainer Hrebik systematisch niederzumachen und bei jeder Gelegenheit Unmutsbekundungen gegenüber seiner Person loszuwerden. Die vorläufig letzte bot sich ihnen am vergangenen Samstag, als Spieler, Trainer und Betreuer nach dem Heimspiel gegen den FK Teplice den Meisterpokal und die Goldmedaillen überreicht bekamen. Doch Hrebik blieb dieser Ehrung fern, weshalb er sich offenbar noch angreifbarer gemacht hat. Demgegenüber wohnte sein Vorgänger Frantisek Straka, der inzwischen den deutschen Zweitligaclub LR Ahlen trainiert, der Begegnung auf der V.I.P.-Tribüne bei. Und er wurde seiner Verdienste entsprechend lautstark gefeiert.

Eine verrückte und mit vielen Fehlentscheidungen, Defiziten und Grabenkämpfen abgelaufene Fußball-Saison in Tschechien ist also nun seit Samstag tatsächlich vorbei. Aber der ganze Unrat, den der Bestechungsskandal nach oben gekehrt hat, ist damit noch längst nicht beseitigt. Deshalb hoffen die hiesigen Fußballanhänger, dass bei der Wiederholungswahl zum Vorsitzenden des Böhmisch-Mährischen Fußballverbandes am 10. Juni endlich ein neuer starker Verbandschef gewählt werden wird. Und wenn möglich ein vom Skandal völlig unbelasteter, der einen Neuanfang einleitet. Für einen solchen Weg gibt es auch einen Kandidaten, allerdings hat der eine weit geringere Lobby als seine Gegenspieler...