Sportler des Jahres 2019: Judoka Krpálek – Bestes Team sind Basketballer

Lukáš Krpálek (Foto: ČTK / Ondřej Deml)

Wenn Sportler nicht in einem Trikot zum Wettkampf antreten müssen, sondern im Smoking oder im Kleid auf einer grellen Bühne erscheinen, dann werden erneut die Besten unter den sehr guten geehrt. Das war zuletzt vor sechs Tagen der Fall, als nach der 61. Umfrage unter den Sportjournalisten der tschechische Sportler des Jahres gekürt wurde. Die Krone, die in Tschechien nur einem Athleten zuteil wird, durfte sich nach drei Jahren wieder ein Mann aufsetzen.

Lukáš Krpálek  (Foto: ČTK / Ondřej Deml)
Zum tschechischen Sportler des Jahres 2019 wurde der Judoka Lukáš Krpálek gewählt. Der 29-Jährige hat die Umfrage nach 2016 zum zweiten Mal gewonnen und die Dominanz der Sportlerinnen in den zurückliegenden 14 Jahren ebenso das zweite Mal durchbrochen. Mit einem Abstand von 74 beziehungsweise 119 Punkten platzierten sich zwei weitere Sportler auf den nächsten Rängen – der Basketballer Tomáš Satoranský und der Eishockeyspieler David Pastrňak. Beim Gala-Abend im Prager Hotel Hilton wurden zuvor die Platzierten auf den Rängen vier bis zehn verkündet, darunter waren auch fünf Frauen. Im Gegensatz zum Vorjahr, als sich Ski- und Snowboardläuferin Ester Ledecká in der Umfrage mit dem Rekordvorsprung von 759 Punkten durchsetzte, fiel das Ergebnis dieses Jahres wesentlich knapper aus. Auch deshalb weiß Lukáš Krpálek seine erneute Wahl zum Sportler des Jahres sehr zu schätzen:

Lukáš Krpálek  (Foto: Secretaria Especial do Esporte,  Flickr,  CC BY-NC-SA 2.0)
„Es ist etwas Wunderbares, so ausgezeichnet zu werden. Es ist die große Belohnung für das gesamte Jahr, das für mich sehr anstrengend war. Mich wird dies indes dazu motivieren, auch im nächsten Jahr hart zu arbeiten und für weitere Siege zu kämpfen. Natürlich wäre es schön, am Ende des nächsten Jahres wieder unter den Top 10 der Umfrage zu sein. Dafür werde ich alles tun.“

Dass Krpálek auch im Olympiajahr 2020 große Ziele hat, ist unbestritten. Für den Moment aber blickt er voller Genugtuung auf ein sehr gelungenes Jahr 2019 zurück:

„Für mich war dieses Jahr sehr erfolgreich. Ich kann es getrost mit dem Jahr 2016 vergleichen, als ich Olympiasieger im Halbschwergewicht geworden bin. Der Unterschied besteht nur darin, dass ich den WM-Titel in einer anderen Gewichtsklasse gewonnen habe als das olympische Gold vor drei Jahren. Was diesen Triumph für mich aber besonders wertvoll macht, ist die Tatsache, dass ich ihn ausgerechnet in Japan, der Wiege des Judosports, erkämpft habe. Und dass ich noch dazu im Finale einen Japaner bezwungen habe, ist wohl die Kirsche auf der Sahnetorte. Deswegen betrachte ich diesen WM-Sieg auch als meinen wertvollsten Titel.“

Den WM-Finalsieg in der Gewichtsklasse über 100 Kilogramm errang Lukáš Krpálek am letzten Augusttag dieses Jahres. Unmittelbar nach dem Wettkampf konnte er seine Gefühle kaum in Worte fassen:

„Für mich ist ein großer Traum in Erfüllung gegangen. Ich bin mit der geballten Motivation zur WM angereist, eine Medaille zu gewinnen. Diese Motivation war umso stärker, weil die Titelkämpfe in der Judohalle von Tokio stattfanden, in der bereits 1964 die Olympischen Spiele ausgetragen wurden, und wo das olympische Turnier auch im kommenden Jahr veranstaltet wird. Deshalb ist meine Freude einfach unbeschreiblich.“

Den Sieg bei der Umfrage zum Sportler des Jahres genoss Krpálek indes schon unmittelbar nach der Verkündung mit seinen Nächsten. Bei der Ehrung im Hilton-Hotel war seine Frau Eva anwesend, seine Kinder Antonín und Mařenka verfolgten die Auszeichnung ihres Vaters live im Fernsehen. Doch weil die Familie aufgrund der vielen Termine mit Wettkämpfen, Training und anderen Verpflichtungen sehr oft zu kurz kommt, haben der Schwergewichtler und seine Angehörigen schon kurz vor Weihnachten die Koffer gepackt. Sie sind gemeinsam nach Südostasien geflogen, um sich vom durchgetackten Alltagsstress zu erholen:

„In Thailand werden wir zwei Wochen lang einen schönen Urlaub haben. Ich bin überzeugt davon, dass ich mich dort wunderbar erholen und wieder frische Kräfte für das nächste Jahr sammeln werde. Denn ich möchte auch weiter Medaillen gewinnen, das ist für mich sehr wichtig.“


Ronen Ginzburg und Pavel Pumprla  (Foto: ČTK / Ondřej Deml)
Ähnlich spannend wie in der Einzelwertung war auch die Umfrage nach der besten Mannschaft des Jahres. Hierfür stehen nach der ersten Wahlrunde stets noch die drei heißesten Kandidaten zur Auswahl. Und auch wenn sich in diesem Trio mit Slavia Prag und dem Nationalteam gleich zweimal die Fußballer befanden, konnten sie den Vormarsch einer anderen Sportart bis auf den Thron nicht verhindern. Denn zum Kollektiv des Jahres – so die tschechische Bezeichnung – wurde die Basketball-Nationalmannschaft der Männer gekürt. Und das völlig zu Recht. Denn das Team des israelischen Trainers Ronen Ginzburg belegte bei der Weltmeisterschaft in China einen hervorragenden sechsten Rang. Damit hat es die bis dahin beste WM-Platzierung einer Auswahlvertretung egalisiert, sie wurde im Jahr 1970 von den Basketballern der Tschechoslowakei erreicht. Was jedoch noch mehr in den Köpfen der Sportfans haften bleibt, sind die zum Teil sehr überzeugenden Auftritte der tschechischen Korbjäger bei den Titelkämpfen im Reich der Mitte. Höher eingestufte Mannschaften wie die Türkei oder Brasilien wurden geschlagen, gegen weitere Top-Teams wie Griechenland, Australien oder Serbien hielten die Tschechen achtbar dagegen. Auch deswegen bekamen die Männer um Kapitän Pavel Pumprla die wachsende Begeisterung in der Heimat schon während des Turniers durch unzählige Mails und elektronische Kurznachrichten (SMS) zu spüren. Und daher habe man insgeheim auch mit einem vorderen Platz in der Journalisten-Umfrage geliebäugelt, gesteht Pumprla:

Tomáš Satoranský  (rechts). Foto: ČTK / AP / John Raoux
„Viele Indizien haben wir bereits im Verlauf der Weltmeisterschaft erhalten. Dort haben wir mit unseren Leistungen eine enorme Aufmerksamkeit in der Bevölkerung geweckt. Und natürlich wurde uns der Umfragesieg dadurch erleichtert, dass in diesem Jahr in keiner anderen Mannschaftssportart ein herausragender Erfolg von einem tschechischen Team vollbracht wurde, so wie es beispielsweise zuletzt oft im Tennis war, indem die Frauen den Fed Cup gewonnen haben. Deshalb war der Weg für uns frei. Doch ich denke, mit dem sechsten WM-Rang in diesem Jahr haben wir dafür gesorgt, dass der Basketballsport in der Gunst der Fans enorm gestiegen ist.“

Der Top-Spieler im Team war zweifelsohne Tomáš Satoranský. Der 28-Jährige ist der einzige Tscheche, der gegenwärtig im der besten Basketball-Liga der Welt, der US-amerikanischen NBA, unterwegs ist. Mit seinem Passgefühl, seinen Ideen und überraschenden Manövern war der Aufbauspieler der Chicago Bulls fraglos auch der große Antreiber in der Nationalmannschaft. Das haben nicht zuletzt die Journalisten mit dem zweiten Platz in der Umfrage nach den besten Einzelsportlern gewürdigt. Für Satoranský selbst aber steht der mannschaftliche Erfolg im Vordergrund:

„Wir wollen die Position des tschechischen Basketballs weiter stärken. Ich denke, das haben wir in China getan und unseren Fans gezeigt, wie wir dafür kämpfen. Darüber bin ich sehr stolz.“


Barbora Strýcová  (Foto: ČTK / Ondřej Deml)
Sehr stolz auf sich und ihre gezeigten Leistungen in diesem Jahr kann auch Tennisspielerin Barbora Strýcová sein. Die 33-Jährige stand in ihrer bisherigen Karriere zumeist im Schatten der großen tschechischen Einzelspielerinnen wie Karolína Plíšková und Petra Kvitová. Doch in diesem Jahr schlug nun auch die große Stunde der Pilsnerin. In Wimbledon gelang ihr mit dem Einzug ins Halbfinale ihre bis dato beste Einzel-Platzierung bei einem Grand-Slam-Turnier und im Doppel krönte sie ihre überzeugenden Vorstellungen an der Seite der Taiwanerin Hsieh Su-wie mit dem Wimbledontriumph. Es war nur einer von insgesamt vier Turniersiegen, den dieses Duo in der zurückliegenden Saison erzielte. Zum Jahresende rückte Strýcová daher auch auf den ersten Platz der Weltrangliste im Damen-Doppel vor.

Barbora Strýcová  (Foto: Richard Fisher,  Flickr,  CC BY 2.0)
Dank dieser Ergebnisse hat Strýcová bei der Sportlerumfrage als Neunte die beste Platzierung unter den Tennissportlern des Landes geholt. Darüber hinaus ist sie zum ersten Mal in ihrer Karriere mit dem Pokal „Zlatý kanár“ ausgezeichnet worden. Diese Trophäe wird in Tschechien alljährlich für besondere Leistungen im Tennissport vergeben. Und diese Auszeichnung wusste die dreifache Fed-Cup-Siegerin dann auch zu genießen:

„Zum einen ist dies eine tolle Anerkennung für die Leistungen, die ich in der zurückliegenden Saison gezeigt habe. Ich weiß jede Trophäe, die ich in diesem Jahr gewonnen habe, wirklich zu schätzen. Und die zweite Sache ist die. Ich genieße es, heute im Kleid zu erscheinen und nicht in einem Tennistrikot. Ich mag es, schön und weiblich auszusehen und mich in diesem Kleid wie eine Prinzessin zu fühlen.“

Autor: Lothar Martin
schlüsselwort:
abspielen