„Eines der schönsten Opernhäuser der Welt“

Prager Staatsoper (Foto: Kateřina Svátková, Archiv des Tschechischen Rundfunks)

Die Prager Staatsoper wird seit drei Jahren restauriert. Anfang Januar soll sie wiedereröffnet werden. Die Vorbereitungen dazu laufen auf vollen Touren. Per Boye Hansen ist seit dieser Spielzeit künstlerischer Leiter der Oper des Nationaltheaters und der Staatsoper. Martina Schneibergová hat mit dem Norweger über seine Pläne für die Staatsoper gesprochen.

Prager Staatsoper  (Foto: Kateřina Svátková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)

Per Boye Hansen  (Foto: Martina Schneibergová)
Herr Hansen, wie sind Ihre Eindrücke von der gerade restaurierten Staatsoper?

„Es ist überwältigend. Es ist eines der schönsten Opernhäuser, die ich je gesehen habe. Die Arbeit ist fantastisch, das ganze Haus ist nicht nur renoviert, sondern fast von Grund auf neu gebaut. Auch die Technik wird neu. Dort hineinzuziehen mit neuen Ideen, mit neuen Zukunftsplänen, das ist ein Traum für einen Operndirektor.“

Haben Sie das Gebäude vorher gekannt – oder nur von Fotos?

„Leider nicht, ich war vorher noch nie in diesem Haus. Als ich vor anderthalb Jahren hinkam, war es nur eine Baustelle. Ich bin sehr beeindruckt, wie in der letzten Zeit gearbeitet worden ist.“

Prager Staatsoper  (Foto: Archiv des Nationaltheaters in Prag)
Was bereiten sie für den Galaabend vor, für die feierliche Eröffnung der Staatsoper?

„Ich glaube wir haben ein ganz aufregendes Programm zusammengestellt. Wir wollen die Geschichte des Hauses zeigen, nicht aus nostalgischen Gründen, sondern um einen Blick darauf zu werfen, was in diesem Haus passiert ist in den letzten 120 bis 130 Jahren. Das ist erstaunlich und sehr inspirierend. Wir werden mit der Meistersingerouvertüre anfangen. Mit dieser Oper wurde das Gebäude sogar 1888 eingeweiht. In der ersten richtigen Spielzeit, also 2020/21 werden wir die Oper von Franz Schreker ,Der ferne Klang‘ zeigen, diese wurde zum ersten Mal 1920 in Prag gespielt. Wir werden also die Tradition des Hauses fortführen. Dazu kommt das große romantische Repertoire wie Wagner, Verdi, Puccini, aber auch das 20. Jahrhundert wie eben Korngold, Schreker, Hindemith und Zemlinsky. Letzter ist auch ganz wichtig für dieses Haus, er war ja 16 Jahre lang mein Vorgänger sozusagen. Natürlich möchte ich auch gerne die klassische Moderne zeigen, in der ersten Spielzeit mit dem ‚Le Grand Macabre‘.“

In dieser Saison wird dort dann noch eine Premiere vorgestellt und zwar Szymanowskis „König Roger“, dies ist eine Koproduktion mit Warschau oder?

Foto: Martina Schneibergová
„Ja, wir werden also nach dieser Eröffnung, nach der Operngala, viel Repertoire spielen müssen, um das Haus einfach kennenzulernen. Anfang April werden wir dann die Neuproduktion zeigen, diesmal eine Übernahme aus Schweden und Warschau: König Roger, wie sie sagten. Das ist eine wunderbare Oper von Szymanowski. Erst 2020/21 folgt eine volle neue Spielzeit mit vier Neuproduktionen.“

Laden Sie zum Galaabend auch einige namenhafte Sängerinnen und Sänger ein?

„Wir haben hier ein fantastisches Ensemble, von dem bei dieser Gelegenheit viele Sänger auftreten werden. Dazu kommen noch einige sehr renommierte Gäste, wie Petr Mikuláš aus Bratislava oder Pavel Černoch, der wunderbare große tschechische Tenor. Er kommt zurück nach Prag um teilzunehmen sowie eine Landsmännin von mir, Lise Davidsen, die jetzt sensationellen Erfolg in Bayreuth in diesem Sommer hatte. Lise Davidsen wird jetzt demnächst an der Metropolitan Oper in New York debütieren und kommt direkt von dort zu uns, um uns mit zwei Arien zu beschenken.“

Foto: Martina Schneibergová
Denken Sie vielleicht daran, dass sie auch danach mal wieder als Gast auftreten könnte hier in Prag?

„Frau Davidsen? Wir haben Pläne, das kann ich schon sagen. Dies ist ja auch der Grund, warum sie kommt. Und Pavel Černoch wird zum ersten Mal den Stolzing in der Meistersängern singen.“

Kommen wir nochmal auf den Galaabend zurück. Sie sagten, es wird ein Spaziergang durch die Geschichte dieses Gebäudes sein. Werden da auch Stücke der ersten Jahre dieses Gebäudes aus dem damals Neuen deutschen Theater erklingen?

„Wir werden, wie gesagt, mit der Meistersängerouvertüre anfangen. Wir werden aus Arien ‚Lohengrin‘, aus ‚Don Giovanni‘, aus der Oper ,Verlobung im Traum‘ von Hans Krása bringen, wir werden das wunderbare Trio von Rosenkavalier spielen, es wird russisches Repertoire mit ,Pique Dame‘ vertreten sein und am Ende werden wir Fidelio bringen.“

Oper , Idomeneo‘ in Pilsen  (Foto: Martina Root,  Archiv des J.-K.-Tyl-Theaters in Pilsen)
Hatten sie jetzt die Möglichkeit, zum Beispiel auch andere Opernhäuser außerhalb von Prag zu besuchen, um auch Kontakt zu den dortigen Sängern aufzunehmen?

„Ja ich habe gute Kontakte, vor allem mit Brünn, aber auch mit Ostrau. Ich war auch in Pilsen. Ende des Monats werde ich wieder nach Brünn zum Rosenkavalier fahren. Und ich bin sehr beeindruckt, was in diesem Land auch außerhalb von Prag stattfindet.“

Haben sie nicht den Eindruck, dass die tschechischen Zuschauer dies gar nicht so zu schätzen wissen, denn es gibt auch viele regionale Opernhäuser?

„Ja eben, und ich bin sehr beeindruckt, was ich da gesehen habe. Ein wunderschönes ,Idomeneo‘ in Pilsen zum Beispiel. Im letzten Jahr habe ich auch ‚Pique Dame‘ in Brünn gesehen. Nein, es ist sehr erstaunlich, was da auch in kleineren Städten produziert wird.“

John Lundgren  (Foto: YouTube Kanal Royal Opera House)
Sie haben vorher schon einmal die „Meistersinger von Nürnberg“ erwähnt. Wissen Sie schon, wer diese singen wird?

„Ja, das wissen wir schon ganz genau, der große Bassbariton John Lundgren wird sein Debüt als Hans Sachs machen. Er ist, glaube ich, einer der wichtigsten Bassbaritone in der Welt zurzeit, er singt die großen Partien an der Met. Er hat sich dann für Prag entschieden, um sein Hans-Sachs-Debüt zu geben. Ich denke, dass wird auch großes internationales Interesse wecken werden.“

Sie haben inzwischen auch das Ensemble besser kennengelernt, was sind Ihre Eindrücke?

„Ich bin sehr beeindruckt von der ganzen Belegschaft. Alle Solisten, aber auch alle anderen Mitarbeiter des Hauses haben großartige Arbeit geleistet. Jetzt auch am Anfang dieser Spielzeit, wir haben ,Lolita‘ von Schtschedrin im Ständetheater aufgeführt. Für mich war das eine Entdeckung, ich kannte das Stück nicht, es war eine Mischung aus Ensemblesänger und Gäste auf ganz hohem Niveau. Ebenso war schön zu sehen, dass auch die deutsche Presse hier war. Sie haben das in den Himmel gelobt, was nicht immer der Fall ist. Ich bin also sehr beeindruckt und begeistert von den Leistungen des Hauses.“

Die Staatsoper wird am 5. Januar 2020 mit einer Gala wiedereröffnet.

Denken Sie vielleicht daran, hier auch ein Opernstudio zu errichten?

„Das steht auf jeden Fall auf der Liste der Wünsche. Aber ich glaube, wir müssten als Erstes eine Plattform finden, auf der das Sinn hat. Für die Zukunft ist das aber absolut eine Angelegenheit. Ich weiß auch, dass beide Musikchefs daran sehr interessiert sind. Ich habe jetzt bei der ersten Spielzeit auch ein paar junge Leute eingeladen. Sie werden hier zum ersten Mal singen, ganz kleine Rollen, damit muss man anfangen. Und das Nationaltheater oder die Oper hier sollten natürlich auf der Wunschliste aller Sänger stehen. Wir müssen dem auch gerecht werden, dass die richtig begabten Sänger zu uns kommen.“