Kein Konsens in Sicht

Foto: Archiv Seefar
0:00
/
0:00

Am Donnerstag und Freitag treffen die Spitzen der EU bei einem Gipfel zusammen – Hauptthema ist die illegale Migration. Tschechien hat schon im Vorfeld seine Position klargemacht.

Foto: Archiv Seefar
Vor dem EU-Gipfel Ende dieser Woche haben sich die Vorsitzenden der liberalen Parteien im Europäischen Parlament in Luxemburg getroffen, unter ihnen auch Tschechiens Premier Andrej Babiš. Der Ano-Politiker machte klar, worum sich die Brüsseler Spitzengespräche am Donnerstag und Freitag drehen werden: „Die Migration ist weiterhin auf dem Tisch. Ich bezweifele aber, dass wir da eine gemeinsame Lösung finden.“

Eigentlich wollten die Staats- und Regierungschefs der EU einen Weg zur Reform des Dublin-Systems zur Aufnahme von Schutzsuchenden finden. Genauso wie Babiš rechnet aber niemand mit einem Durchbruch. „Wenn es um das Dublin-System geht, dann liegt auf der Hand, dass die Europäische Union ihr eigenes Versprechen nicht einhalten kann“, bestätigt auch Martin Povejšil, er ist Botschafter Tschechiens bei der Europäischen Union:

Martin Povejšil  (Foto: Sander De Wilde,  Archiv des tschechischen Außenministeriums)
Italien, das gemeinsam mit Griechenland am stärksten von den Flüchtlings- und Migrantenströmen betroffen ist, fährt mit seiner neuen Mitte-Rechtsaußen-Regierung nun eine viel härtere Linie. Und auch Deutschland wankt, CSU-Innenminister Horst Seehofer will den bisher wohlwollenden Kurs von Kanzlerin Angela Merkel nicht mehr mitmachen. Bei einer Reform des Dublin-Systems wird man sich diesmal also mit einem Minimalkonsens begnügen müssen. Das bestätigt auch der tschechische Regierungsbeauftragte für die EU, Aleš Chmelář. „Man wird sich vielleicht darauf einigen können, wie schnell Asylverfahren im Einzelfall abgewickelt werden sollten“, so der Sozialdemokrat.

Worin man sich aber einig ist – der Kelch in der Migrationsfrage wird wohl an Österreich weitergegeben werden. Wien übernimmt ab Sonntag nämlich den EU-Ratsvorsitz. „Die Migration wird das Problem sein, das ohne Frage den österreichischen Vorsitz bestimmen wird“, meint dazu der Diplomat Martin Povejšil.

Sebastian Kurz  (Foto: ČTK / AP Photo / Virginia Mayo)
Für Tschechien und die anderen drei Visegrád-Staaten dürfte der Taktstock Österreichs im kommenden halben Jahr gelegen kommen. Denn genauso wie die Regierungschefs aus Prag, Bratislava, Warschau und Budapest gilt Kanzler Sebastian Kurz als Hardliner in der Flüchtlingsfrage. Man sucht deshalb die Nähe zueinander, unter anderem mit vergleichbaren Konzepten. Premier Babiš erklärt, welche das sind:

„Wir wollen das australische Modell. Das heißt, Boote von Schlepperbanden dürfen gar nicht erst auslaufen. Europol hat festgestellt, dass Schlepper im Jahr 2016 ganze 5,7 Milliarden Euro eingenommen haben. Und das ist ein Problem. Es sind also die Menschenschmuggler, die bestimmen, wer nach Europa kommt. Die Migranten zahlen für die Hoffnung auf ein besseres Leben. Das erwartet sie hier aber nicht.“

Foto: Archiv Seefar
Außerdem meinte Babiš, dass die illegale Migration ohnehin nicht ein Problem Tschechiens sei. Die Menschen würden sowieso nicht in das Land wollen, meint der Regierungschef. Auch deshalb würde er sogenannte Hotspots in Tunesien oder Libyen unterstützen.

Auf der anderen Seite stehen wiederum Deutschland und Frankreich. Kanzlerin Merkel führte sogar an, dass ein Konsens in der Migrationsfrage Schicksalscharakter habe. Zuletzt gab es Reibereien zwischen Paris und den ostmitteleuropäischen EU-Ländern. Präsident Emmanuel Macron forderte nämlich erneut finanzielle Konsequenzen für die Staaten, die sich bei der Aufnahme von Flüchtlingen weiterhin querstellen. Tschechiens Premier Andrej Babiš kündigte daraufhin an, sich gemeinsam mit den Visegrád-Kollegen gesondert mit dem Pariser Staatsoberhaupt über dessen „unglückliche Aussagen“ unterhalten zu wollen.