Grenzkontrollen und Polizei-Kooperation im Fokus: Deutsche Innenministerin Faeser in Prag

Vít Rakušan und Nancy Faeser

Die Polizei beider Länder arbeitet immer enger zusammen. Zugleich gibt es seit Oktober stationäre Kontrollen an ausgewählten Grenzübergängen zwischen Tschechien und Deutschland. Nun war Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) in Prag und hat mit ihrem tschechischen Amtskollegen Vít Rakušan (Stan) unter anderem über diese Themen gesprochen.

Ein Ende der stationären Kontrollen an der tschechisch-deutschen Grenze ist derzeit nicht in Sicht. Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte dazu bei ihrem Besuch in Prag am Dienstag keine guten Nachrichten im Gepäck – obwohl der Migrationsdruck in Deutschland geringer geworden sei, wie sie sagte:

Vít Rakušan und Nancy Faeser | Foto: Innenministerium der Tschechischen Republik

„Die Zahlen der irregulären Einreisen sind deutlich gesunken. Wir haben aber nach wie vor sehr hohe Asylzahlen. Insofern glauben wir, dass wir die Grenzkontrollen bei der nächsten Überprüfung im März vermutlich noch einmal verlängern müssen.“

Im Oktober vergangenen Jahres hatte Deutschland damit begonnen, an ausgewählten tschechisch-deutschen Grenzübergängen stichprobenartig zu kontrollieren. Grund war eine erneute Flüchtlingswelle über die sogenannte Balkanroute, in deren Folge die Zahl illegaler Migranten in der Bundesrepublik anstieg. Dass die Bundesregierung die Kontrollen noch einmal verlängern dürfte, begründete Faeser bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem tschechischen Innenminister Vít Rakušan auch mit der anstehenden Fußball-Europameisterschaft im Juni und Juli dieses Jahres…

„Bei Sportgroßereignissen werden von unserer Seite immer Grenzkontrollen durchgeführt. Und zwar nicht nur zur Tschechischen Republik, sondern rundherum. Das heißt, wir werden zu all unseren Nachbarländern im Vorfeld der Europameisterschaft und währenddessen Grenzkontrollen anordnen müssen“, so Faeser.

Rakušan äußerte Verständnis für die Entscheidung Deutschlands und verwies auch auf die von ihm angewiesenen Kontrollen, die monatelang an der Grenze zur Slowakei bestanden haben. Zugleich warnte er davor, die Idee des Schengenraums durch die Hintertür aufzugeben:

„Für uns ist außerordentlich wichtig, dass wir immer wieder zurückkehren zu der Frage, ob wir die Grenzen nicht wieder öffnen können, und regelmäßig darüber sprechen. Deswegen habe ich bei den heutigen Verhandlungen mit Nancy Faeser dafür appelliert, dass wir demokratischen Politiker uns angesichts der zu vielen Grenzkontrollen innerhalb des Schengenraums nicht an diesen Zustand gewöhnen.“

Nancy Faeser versicherte, dass die Bundesregierung gemäß dem Abkommen von Schengen alle sechs Monate den Bedarf der Kontrollen neu bewerte.

Zugleich lobten beide Innenpolitiker die grenzüberschreitende Kooperation der Polizei. Diese richtet sich unter anderem gegen eines der Phänomene der illegalen Migration, nämlich das Schlepperwesen. Der Austausch von Informationen ermögliche den tschechischen Beamten, im Inland zuzugreifen, so Vít Rakušan.

Vít Rakušan führte Gespräche mit der deutschen Innenministerin Nancy Faeser | Foto: Innenministerium der Tschechischen Republik

„Dazu ein sehr konkretes Beispiel. Wir bekommen etwa das Kennzeichen eines Autos, das potenziell von Schleppern auf deutscher Seite verwendet wurde. Dieses Kennzeichen ist dann bei uns gespeichert und kann von unserer Polizei genutzt werden. Das heißt, der Informationsaustausch ist grundlegend wichtig, ebenso wie in der Folge auch die Absprache von Sonderaktionen auf operativer Ebene“, schilderte der Innenminister.

Allerdings betonten Faeser und Rakušan zugleich, dass nur eine europäische Lösung die illegale Migration dauerhaft zurückschrauben könne. Tschechien hatte sich 2022 im Rahmen seiner Ratspräsidentschaft stark dafür eingesetzt, dass ein Kompromiss bei der Asylrechtsreform der EU gefunden wurde. Bei der Abstimmung über das Maßnahmenpaket in der vergangenen Woche enthielt man sich jedoch. Die Gründe erläuterte der tschechische Innenminister noch einmal für die deutschen Journalisten:

„Ich muss sagen, dass wir als Tschechische Republik von dem Endergebnis – nach den Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament – enttäuscht sind. Zuviel Bürokratie, obwohl wir immer noch betonen, dass es ein Schritt in die richtige Richtung ist. Dazu muss ich aber ergänzen, dass das, worauf wir uns als Minister im Juni geeinigt hatten, eine bessere und ambitioniertere Lösung war.“

Und Nancy Faeser dazu:

„Ich respektiere, dass die Tschechische Republik mit den Änderungen von Seiten des Parlaments nicht einverstanden ist. Ich gehe aber davon aus, dass der Migrationspakt eine sehr breite Mehrheit finden wird. Insofern bin ich sehr zuversichtlich, dass dieses sehr wichtige Asylpaket – weil es keine nationalen Lösungen gibt, sondern nur europäische – auch demnächst beschlossen wird.“

Vít Rakušan und Nancy Faeser bei der Pressekonferenz | Foto: Innenministerium der Tschechischen Republik

Außer über das Thema Migration sprachen Rakušan und Faeser zudem über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Feuerwehr und des Katastrophenschutzes. Dazu wollen beide Seiten ein neues Vertragswerk aufsetzen.

Dann soll es auch nicht wieder zu einem Fall kommen müssen wie im Januar 2020 im Erzgebirge. Damals brannte im tschechischen Grenzort Vejprty / Weipert ein Heim für Menschen mit körperlicher Behinderung – und die deutsche Feuerwehr wurde nicht sofort informiert, obwohl sie als erste am Ort gewesen wäre. Bei dem Brand kamen damals acht Menschen ums Leben.

„Es wird Bestandteil einer solchen Kooperation werden, dass wir uns auch gegenseitig alarmieren können. Das nehmen wir mit Sicherheit auf, damit die Menschen sehr schnell – egal von welcher Seite – Hilfeleistungen erhalten“, so die deutsche Innenministerin Nancy Faeser.