Deutsch-tschechisches Zusammenleben im Erzgebirge
Die Stiftung St. Joachim hat ihren Sitz in der ehemaligen Bergbaustadt Jáchymov / Joachimsthal im Erzgebirge. Sie wurde mit dem Ziel gegründet, die deutsch-tschechische Zusammenarbeit in Kultur und Gesellschaft zu vertiefen. Dadurch soll das Zusammenleben in der Region gefördert werden. Eines der bisher größten Projekte war ein zweisprachiger Band mit kurzen Krimigeschichten aus den Tälern des Erzgebirges.
Frau Lapinová, die Stiftung St. Joachim wurde 2016 in Jáchymov / Joachimsthal im Erzgebirge gegründet. Was war das Ziel?
„Hauptsächlich, die regionale Literatur zu fördern. Wir haben uns dabei sowohl an Autoren auf der deutschen als auch auf der tschechischen Seite gewandt.“
Auf welche Weise machen Sie auf diese Autoren aufmerksam? Wie arbeitet die Stiftung?„Unser erstes Projekt war das Buch ‚Schatten über dem Erzgebirge‘. Wir haben den Schriftstellern die Möglichkeiten gegeben, ihre Geschichten auf beiden Seiten der tschechisch-deutschen Grenze zugänglich zu machen.“
Gibt es viele regionale Autoren im Erzgebirge?
„Am Anfang konnten wir nur ganz wenige finden. Später haben wir dann mit Erstaunen festgestellt, wie viele Menschen es dort gibt, die wirklich gut schreiben. Viele wohnen in der Region, manche sind erst später zugezogen. Manche leben hingegen mittlerweile in Prag, ihr Herz ist aber im Erzgebirge geblieben.“
„Schatten über dem Erzgebirge“ ist eine Sammlung von Krimi-Kurzgeschichten und, wie Sie sagen, Ihr erstes Projekt. Wie wollen Sie das Projekt fortsetzen?
„Mit dem Buch wollen wir das Erzgebirge ein bisschen bekannter machen, das nach wie vor sehr unterschätzt wird.“
„Schon dieses Jahr können wir uns auf eine Fortsetzung des Buches freuen, also ‚Schatten II‘. Dort bringen wir neue Geschichten über weitere, literarisch bisher unbekannte Orte im Erzgebirge. Wir hoffen, dass wir die Leute motivieren, über das Erzgebirge zu schreiben, aber auch zu lesen. Ich denke, das Erzgebirge nach wie vor sehr unterschätzt wird, obwohl es sehr reich an Geschichten, Kultur und Bodenschätzen ist. Mit dem Buch wollen wir das Erzgebirge ein bisschen bekannter machen.“
Die Autoren, die in dem Sammelband vertreten sind, sind kaum bekannt. Können Sie einige der Namen hervorheben, beziehungsweise die Autoren vorstellen?„Radka Janků ist eine 18 Jahre junge Frau, die bisher nicht als Autorin bekannt ist. Ich denke aber, dass wir in Zukunft mehr über sie lesen und hören werden. Dahingegen hat sich Renata Šindelářová aus dem Region Klášterec nad Ohří / Klösterle bereits einen Namen gemacht. Jaroslav Ochec hat sein ganzes Leben Jáchymov / Joachimsthal gewidmet, vor allem der Geschichte und den Sagen der Stadt. Und aus Deutschland sind etwa Ralf Axel Fichtner aus Schwarzenberg, Stefan Tschök aus Chemnitz und viele andere in dem Band.“
Das Buch ist zweisprachig, darin sind sowohl tschechische als auch deutsche Schriftstellerinnen und Schriftsteller vertreten. Wie haben Sie den Kontakt zu der deutschen Seite aufgenommen? Wie sieht Ihre Zusammenarbeit aus?
„Wir hatten Glück, dass wir auf der deutschen Seite eine Seele gefunden haben, die uns wirklich nah stand, und zwar die Villa Baldauf mit ihrer Leiterin Konstanze Ulbricht. So kam die ganze Sache zustande. Und damit alles nicht so simpel wird, haben wir uns gesagt, wir werden das Buch im Rahmen einer Lese-Tour präsentieren: Die Leute konnten das Buch immer nur an bestimmten Orten erwerben, wo eine Lesung im Rahmen einer Wanderung veranstaltet wurde. Die Kurzgeschichten beziehen sich auch jeweils zu einem bestimmten Ort, an dem sie auch gelesen wurden.“
„Die Kurzgeschichten beziehen sich jeweils zu einem bestimmten Ort. Dort wurden sie von ihren Autoren gelesen.“
Wer steht eigentlich hinter der Stiftung St. Joachim?
Es sind Begeisterte aus dem Erzgebirge. Im Stiftungsrat sitzt der ehemalige Außenminister Cyril Svoboda, der sein Wochenendhaus in der Nähe von Jáchymov hat. Des Weiteren Miluše Kobesová, eine begeisterte Denkmalpflegerin aus Karlsbad. Außerdem meine Wenigkeit und ein paar weitere Leute, die einen Bezug zum Erzgebirge haben.“
Die Texte für den zweiten Band „Schatten über dem Erzgebirge II“ wurden über einen Wettbewerb ausgewählt. Die vierzehn Erzählungen aus Böhmen und Sachsen sollen Ende Juni zweisprachig erscheinen. Für Sommer ist dann eine zweite tschechisch-deutsche musik-literarische Wanderung durch das Erzgebirge geplant.