Tschechiens Biathlon vor Umbruch: Rybář hört auf, Koukalová macht Pause

Gabriela Koukalová (Foto: Luboš Vedral, Archiv des Tschechischen Rundfunks)

Biathlon hat sich in den zurückliegenden sechs Jahren in Tschechien zu einem Erfolgsmodell gemausert. In dieser Saison hat es jedoch Risse bekommen. Nun hört Cheftrainer Ondrej Rybář auf, und Top-Athletin Gabriela Koukalová hat etwas Dampf abgelassen.

Ondřej Moravec,  Ondřej Rybář,  Michal Šlesingr und Michal Krčmář  (Foto: ČTK)
Dieser Tage findet im sibirischen Tjumen das Saisonfinale im Weltcup der Biathleten statt. Die tschechischen Skijäger und -jägerinnen sind aber nicht dabei. Aus Protest gegen den russischen Dopingskandal boykottieren sie, die Kanadier, die Amerikaner und die Ukrainer diese Veranstaltung. Der Mixed-Weltmeister von 2015, Michal Šlesingr, erklärt dazu:

„Es muss endlich ein Signal gesendet werden, dass man für bestimmte Verstöße auch büßen muss und nicht nur mit dem Entzug einer Weltcup-Veranstaltung gedroht wird.“

Im Kampf gegen Doping tritt der tschechische Biathlonsport sehr geschlossen auf. Biathleten anderer Länder wie Deutschland und Frankreich wollten ebenso nicht in Tjumen antreten, ihre Verbände aber begnügten sich mit einer schriftlichen Protestnote. Dafür sind im tschechischen Lager nun ein paar interne Reibereien offen zu Tage getreten.

Gabriela Koukalová  (Foto: Luboš Vedral,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Am Mittwoch wurde im Lifestyle-Magazin „Glanc“ ein Interview mit Gabriela Koukalová veröffentlicht. Die amtierende Sprint-Weltmeisterin äußerte sich darin sehr dezidiert über ihre Nicht-Teilnahme an den Winterspielen in Pyeongchang. Der Hauptgrund war eine hartnäckige Wadenverletzung, die ihr schon in der Saisonvorbereitung große Schmerzen bereitete. Darauf nahm der Präsident des Biathlon-Verbandes, Jiří Hamza, am Freitag in einem Gespräch für die Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks Bezug. Man habe wegen Koukalovás Problemen im September auch die Klinik des hierzulande hochgeschätzten Physiotherapeuten Pavel Kolář aufgesucht, so Hamza.

„Der zuständige Spezialist hat gesagt, dass es das Beste wäre, wenn Gabriela die Verletzung in Ruhe auskurieren und in der Saison aussetzen würde. Weil es aber die olympische Saison war, wollten wir alles dafür tun, sie doch noch fit zu bekommen. Das ist aber nicht gelungen.“

Jiří Hamza  (rechts). Foto: Jana Němečková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks
Die Entscheidung, dass Koukalová auf ihre Olympiateilnahme verzichten muss, fiel Mitte Januar. Seitdem durchläuft sie eine viermonatige Rehabilitation bei Professor Kolář. Wird sie danach wieder trainieren? Jiří Hamza:

„Es ist nicht ausgeschlossen, dass Gabriela auch die nächste Saison aussetzt und danach erst zurückkommt. Es ist alles möglich. Aber offen gesagt denke ich, dass Gabriela auch in der nächsten Saison nicht an den Start gehen wird.“

Der Versuch, Gabriela Koukalová trotz ihrer Beschwerden für Olympia in Form zu bringen, hat offenbar Zwistigkeiten zwischen ihr und dem Trainerstab ausgelöst. Im besagten Interview beklagte die 28-Jährige, dass viele für sie wichtige Menschen sie mit ihren Verletzungsproblemen allein gelassen hätten. Namen nannte sie dabei nicht. Koukalová schilderte aber, wie sie unter dem Erwartungsdruck gelitten hat. Am Tag der Veröffentlichung platzte dann auch noch die Nachricht herein, dass der Cheftrainer der tschechischen Biathlon-Nationalmannschaft, Ondřej Rybář, seinen auslaufenden Vertrag nicht verlängern wird. Selbst sagte der 39-Jährige dazu:

Illustrationsfoto: Ebowalker,  Pixabay / CC0
„Der Grund ist die Familie, denn meine Kinder wachsen so schnell, dass ich das kaum mitkriege. Als Cheftrainer bin ich ständig für längere Zeit in der Welt unterwegs. Diese Funktion kann man nicht nur zu 50 bis 60 Prozent und schon gar nicht von zu Hause aus ausüben.“

Verbandschef Jiří Hamza möchte den Architekten des tschechischen Erfolgs im Biathlon aber nicht ganz verlieren. Er wolle eine andere Aufgabe für ihn finden, so Hamza. Rybář aber hält sich dazu noch bedeckt:

„Wenn sich eine sinnvolle Aufgabe findet, die ich zu 100 Prozent übernehmen kann, dann werde ich gerne helfen. Doch es muss sich erst noch zeigen, wie sich die Teams jetzt zusammensetzen.“

Im tschechischen Biathlon wird sich also einiges ändern. Aber wohin die Reise geht, ist noch sehr ungewiss.

Autor: Lothar Martin
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