Prager Ausstellung zum Reformationsjubiläum betont das Gemeinsame

Martin Luther (Foto: Public Domain)

Am 31. Oktober jährt sich zum 500. Male der Tag, der historisch als Beginn der Reformation angesehen wird. Kurz vor dem Jubiläum hat das Verbindungsbüro des Freistaates Sachsen in Prag eine Ausstellung dazu eröffnet.

Martin Luther  (Foto: Public Domain)
Die Reformation sei ein epochales Ereignis gewesen und habe vor Grenzen nicht Halt gemacht. „Sie verbreitete sich gleichermaßen unter Deutschen und Sorben und ebenso unter Tschechen und Polen“, heißt es in der Broschüre zur Ausstellung „Luthers Erben. Die Reformation in der Oberlausitz, Böhmen und Niederschlesien“.

Diese Gesichtspunkte hat die vom Zentrum für Kultur//Geschichte konzipierte Ausstellung dann auch berücksichtigt, denn sie wurde in den genannten vier Sprachen – Deutsch, Sorbisch, Tschechisch und Polnisch – verfasst. Zudem verwies Kunsthistoriker Matthias Donath in seinem Vortrag zur Ausstellung darauf, dass die Lehren des böhmischen Reformators Jan Hus später auch Einfluss auf Martin Luther gehabt hätten:

„Martin Luther kam in einem Erkenntnisprozess zu der Überzeugung, dass er ein Erbe von Jan Hus ist. Er prägte 1521 den Ausspruch: ‚Wir alle sind Hussiten, ohne es gewusst zu haben.‘“

In einem Gespräch für Radio Prag erläuterte Matthias Donath die Wechselwirkung zwischen der protestantischen Reformbewegung Böhmens und der Lutherischen Bewegung im 16. Jahrhundert:

„Die lutherische Bewegung hat auch Wurzeln in Böhmen, denn das Erbe von Jan Hus ist von Martin Luther ganz bewusst aufgegriffen und weitergetragen worden. Gleichzeitig gab es im 16. Jahrhundert ebenso Rückwirkungen, weil die Böhmischen Brüder und auch die Utraquisten Teile ihrer Lehre von Martin Luther übernommen haben und es zu einer engen Annäherung kam. Ausdruck dieser großen Gemeinsamkeit war Ende des 16. Jahrhunderts die böhmische Konfession, in der die verschiedenen protestantischen Gemeinschaften eine gemeinsame Grundlage gefunden haben. Allerdings ist diese prägende Zusammenarbeit zumindest in Böhmen mit der Gegenreformation beendet worden.“

Matthias Donath  (Foto: YouTube)
Als Folge der Rekatholisierung in Böhmen seien dann etliche Protestanten ins benachbarte Sachsen geflüchtet, schildert Donath:

„Wer nicht den römisch-katholischen Glauben annehmen wollte, der musste das damalige Königreich Böhmen verlassen. Daher sind sehr viele Menschen mit tschechischer und deutscher Muttersprache aus Böhmen nordwärts nach Sachsen gezogen. Das war das nächstgelegene Land, und sie hofften ja auch, vielleicht eines Tages in ihre alte Heimat zurückkehren zu können. So sind dann an der sächsisch-böhmischen Grenze viele Flüchtlingssiedlungen und Flüchtlingsstädte entstanden. Die Exulanten brachten viele wichtige handwerkliche Fähigkeiten mit. Ihre Ankunft in Sachsen war sehr fruchtbar für die Entwicklung der frühen Industrie.“

Johanngeorgenstadt  (Foto: Public Domain)
Die böhmischen Exulanten hätten schließlich auch zwei Städte im heutigen Freistaat gegründet: Johanngeorgenstadt im Erzgebirge und Neusalza in der Oberlausitz, ergänzt Donath.

Als eine Folge des Ersten Weltkrieges sei es 1918 aber zu einer Neuaufteilung Mitteleuropas gekommen. Und ebenso zu einer Trennung der evangelischen Gläubigen nach nationalen Kriterien. In Böhmen und Sachsen war dieses Kriterium die tschechische und die deutschen Sprache. Mittlerweile aber näherten sich protestantische Glaubensgemeinschaften beider Länder wieder an, sagt Donath:

„Gerade in den letzten Jahren gab es die Entwicklung einer sehr engen Zusammenarbeit zwischen der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens auf der einen Seite sowie der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder und der Tschechoslowakischen Hussitischen Kirche auf der anderen Seite. Diese drei arbeiten zudem inzwischen mit anderen osteuropäischen evangelischen Kirchen sehr eng zusammen.“

Totenkrone in der Exposition „Ganz Anders. Die Reformation in der Oberlausitz“  (Foto: Archiv der Städtischen Museen Zittau)
Abschließend stellt Donath noch einmal die grundlegenden Merkmale der evangelischen Konfessionen in Böhmen und Sachsen heraus:

„Sie haben beide ein unterschiedliches Erbe, und jeweils auch besondere kulturelle Eigenheiten. Aber sie gründen sich auf Jesus Christus und die Verbreitung seiner Botschaft in der Muttersprache sowie auf die Botschaften von Jan Hus und Martin Luther. Das ist das Gemeinsame, und das wird heute besonders betont, und nicht das Trennende.“

Dies soll auch die Ausstellung dokumentieren. Sie ist noch bis zum 15. November im Verbindungsbüro des Freistaates Sachsen in Prag zu sehen. Parallel dazu lädt das Büro in Bildern zum Besuch der Exposition „Ganz Anders. Die Reformation in der Oberlausitz“ ein. Die Sonderausstellung in der Klosterkirche in Zittau dauert bis 7. Januar 2018.