Kritik an Polizeigewalt in Katalonien

Foto: ČTK

Katalonien hat über seine Zukunft abgestimmt, und Madrid antwortete mit Gewalt. Aus Tschechien kommt scharfe Kritik.

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Mit Schlagstöcken und Gummigeschossen hat die spanische Regierung auf das illegale Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien reagiert, knapp 900 Menschen wurden dabei verletzt. Trotz oder gerade wegen der Gewalt von Seiten der Zentralregierung konnte Barcelona einen Erfolg verkünden: 90 Prozent haben Ja gesagt zu einem unabhängigen Katalonien. Die Wahlbeteiligung lag nach Angaben der katalanischen Behörden bei 42 Prozent, ein großer Teil der abgegebenen Stimmen wurde jedoch von der Polizei beschlagnahmt. Der konservative spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy betonte dennoch, dass im Prinzip kein Referendum stattgefunden habe.

Das harte Vorgehen von spanischer Polizei und Guardia Civil löste in Tschechien vor allem Entsetzen aus. So äußerte sich auf Twitter der Chef der zweitstärksten Regierungspartei Ano, Andrej Babiš:

Andrej Babiš  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Die Reaktion der spanischen Polizei ist absolut unannehmbar. Fast 900 Verletzte, darunter Alte, Junge und Frauen. Und das in Europa im Jahr 2017?“

Tschechische Politiker reagieren mit Entsetzen

Auch der christdemokratische Vizepremier und Minister ohne Geschäftsbereich, Pavel Bělobrádek, äußerte sich zu den Geschehnissen in Katalonien. Er rief in den sozialen Medien beide Seiten zum Dialog auf:

„Ich bin für Vereinbarungen und ein Spiel nach Regeln. Es ist die unglücklichste aller Lösungen, wenn es zur Gewalt kommt.“

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Verteidigungsminister Martin Stropnický (Partei Ano) warnte schließlich vor Konsequenzen des Referendums für Europa. Er verwies in einem Kommentar auf die möglichen Folgen für beispielsweise Belgien und Italien mit ihren eigenen separatistischen Strömungen. In diesem Sinne betonte jedoch Außenminister Lubomír Zaorálek (Sozialdemokraten) gegenüber der Presseagentur ČTK, dass der Konflikt eine innere Angelegenheit Spaniens sei. In seinen Augen könne Tschechien da keine Empfehlungen geben.

Erhobener Zeigefinger aus dem Europaparlament

Besonders scharfe Kritik an dem Vorgehen Madrids am Sonntag kam von den tschechischen Europaparlamentariern, und das fraktionsübergreifend. Stanislav Polčák sitzt für die Bürgermeister und Unabhängigen (Stan) in Straßburg. Für ihn scheint sich Spanien von den Werten einer westlichen Demokratie entfernt zu haben:

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„Man kann nicht mit Gummiprojektilen auf Menschen schießen, die sich an einer Wahl beteiligen wollen. Diese Szenen erinnern mich eher an Russland, als an Spanien im Jahr 2017.“

Auch der Christdemokrat Pavel Svoboda, der den Rechtsausschuss des Europaparlaments leitet, kann die harte Reaktion der spanischen Zentralregierung nicht nachvollziehen. Diese scheint laut Svoboda jedes Maß verloren zu haben:

„Meiner Meinung nach hat sich die spanische Regierung ins eigene Knie geschossen. Die Anwendung von solch brutalen Methoden zur Durchsetzung der geltenden Verfassungsordnung ist wirklich übertrieben.“

Kateřina Konečná  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Ebenso kritisiert die kommunistische Abgeordnete Kateřina Konečná das Vorgehen der Sicherheitskräfte. Zudem erwartet sie für die spanische Regierung noch schwerwiegendere Folgen der Gewalt in Katalonien:

„Die Ereignisse werden ein einziges Ergebnis haben: die Wut von extremistischen Gruppen und Menschen, die bisher gleichgültig in der Sache waren. Das Ergebnis des Referendums wird also überhaupt nichts mehr mit der Absicht der Katalanen gemein haben – also eine stärkere Position in Spanien, mehr Geld aus dem Budget oder eine freiere Entscheidungsgewalt zu erringen. Das Vorgehen der spanischen Regierung erscheint mir deshalb kurzsichtig und ist nicht nachzuvollziehen.“