Tschechien auf dem Drahtseil: USA wollen russischen Hacker
In Prag wurde ein russischer Hacker festgenommen. Diese Verhaftung kann für Tschechien nun zu einem diplomatischen Problem werden – sowohl in der Beziehung zu Russland, als auch mit den USA.
Die Aktion wurde laut Ngyuenová bereits länger vorbereitet, und mehrere Dutzend Polizisten waren involviert. Der entscheidende Tipp kam aber von der US-amerikanischen Bundespolizei FBI. Tereza Schejbalová ist Sprecherin des tschechischen Justizministeriums:
„Nach der Verhaftung hat das Justizministerium die US-Behörden einen Auslieferungsantrag angefragt. Dies ist die gängige Vorgehensweise in einem solchen Fall. Die Frist für das Auslieferungsgesuch läuft am 4. Dezember aus, bisher ist aber noch keine Anfrage bei uns eingegangen. Falls sich die US-Behörden melden, wird sich das Justizministerium an die zuständige Staatsanwaltschaft wenden.“
Russland reagiert in dem Fall verschnupft. Man wolle die Auslieferung eines eigenen Staatsbürgers in die USA auf jeden Fall verhindern, hieß es. Marija Sacharowa ist Sprecherin des russischen Außenministeriums:„Auch in diesem Fall ist eindeutig zu sehen: Die Vereinigten Staaten veranstalten eine regelrechte Hetzjagd auf russische Bürger in der ganzen Welt. Das ist ein äußerst irreguläres Verhalten. Das Außenministerium und die Botschaft Russlands in Prag arbeiten eng mit den tschechischen Behörden zusammen. Die Auslieferung eines russischen Staatsbürgers in die USA soll so verhindert werden.“
Gerade Cyberangriffe sind ein weiterer Konfliktpunkt zwischen Moskau und Washington in der letzten Zeit. Im laufenden Präsidentschaftswahlkampf ist es gerade Hillary Clinton, die Kandidatin der demokratischen Partei, die dem Kreml Einflussnahme vorwirft. Russische Hacker haben laut Clinton E-Mails erbeutet, die einen unlauteren Wahlkampf sowie Betrug bei den internen Wahlgängen der Demokraten beweisen sollen. Damit wolle der Kreml ihren Konkurrenten Donald Trump an die Macht hieven, so die Vorwürfe der Gattin von Alt-Präsident Bill Clinton. In diese Angelegenheit soll der verhaftete Nikulin nach dem jetzigen Kenntnisstand jedoch nicht verwickelt sein. Für Tschechien deutet sich aber jetzt schon ein diplomatischer Balanceakt an. Einerseits droht das Verhältnis zu Russland noch schlechter zu werden, als es seit der Ukrainekrise bereits ist. Auf der anderen Seite will man den Partner jenseits des Atlantiks nicht verstimmen. Die Entscheidungsgewalt liegt mehr oder weniger in Händen von Justizminister Robert Pelikán. Tereza Schejbalova:„Zuallererst wird über den Fall das zuständige Gericht entscheiden. Erst nach einem rechtskräftigen Urteil kann auch der Justizminister Stellung beziehen und entscheiden. Das muss er aber nicht zwingend. Zum jetzigen Zeitpunkt kann man keine Vorhersagen treffen.“
Erst dieses Jahr ist Tschechien den Vereinigten Staaten nicht nachgekommen bei einem Auslieferungsantrag. Es ging um den Libanesen Ali Fayad, den Tschechien im Austausch für tschechische Geiseln zurück in den Libanon schickte, und nicht wie verlangt in die USA. Diese Angelegenheit sorgte damals für ernsthafte Verstimmungen zwischen Prag und Washington, die jetzt eine Neuauflage erfahren könnten.