Erstes Spiel nach 76 Jahren: Der Deutsche Fußballclub Prag wird wiederbelebt
Gemeinsam mit Sparta und Slavia gehört er zu den ältesten Fußballvereinen in Prag: Der Deutsche Fußballclub Prag, kurz DFC. Während allerdings Slavia und Sparta bis heute in der ersten Liga spielen, war für den deutsch-jüdischen DFC mit dem Einmarsch der Nationalsozialisten 1939 Schluss. 76 Jahre später erwecken nun ein paar Fußballverrückte aus Prag den Traditionsverein wieder zum Leben – zunächst mit einem Benefizspiel am kommenden Wochenende. Der Historiker und Freizeitkicker Thomas Oellermann gibt Auskunft über die Wiederbelebung einer Legende.
„In dieser ersten legendären Fußballmeisterschaft spielten verschiedene Clubs aus Deutschland – aber auch der Deutsche Fußballclub Prag. Er war zu dem Zeitpunkt Mitglied des Deutschen Fußballbundes, der sich gerade 1900 erst gegründet hatte. Seine Strukturen standen noch ganz am Anfang, deshalb nahm der DFB auch Vereine aus dem damaligen europäischen Ausland auf – wie den DFC Prag. In dieser ersten Meisterschaft schaffte es der DFC spiellos ins Finale. Der Club traf in Hamburg-Altona auf den VfB Leipzig und verlor 2:7. Somit wurde Leipzig erster deutscher Meister, und der Deutsche Fußballclub Prag ist der erste deutsche Vizemeister.“
„Der DFC konnte in der Folge nicht mehr um die deutsche Fußballmeisterschaft mitspielen – Vereine durften gemäß einer internationalen Bestimmung nur noch an Meisterschaften in ihren Ländern teilnehmen. Der DFC beteiligte sich dann an Meisterschaften in Österreich-Ungarn. Nach dem Ersten Weltkrieg war er ein Club in der Tschechoslowakischen Republik – ein recht erfolgreicher Club. Der DFC spielte gegen viele deutsche Vereine. Bald gab es auch Freundschaftsspiele gegen tschechische Clubs, später auch Ligaspiele. Notgedrungen löste sich der Verein 1939 auf, denn viele Spieler entstammten dem deutschsprachigen Judentum in Prag. Aufgrund des steigenden Nationalsozialismus gerade auch in der deutschen Minderheit in Prag gab es starken Druck. Viele Spieler mussten emigrieren, einige wurden deportiert in das Ghetto Theresienstadt. Wiederum andere wurden nach Auschwitz verschleppt und dort ermordet. Nach 1945 konnte sich der DFC nicht mehr neu gründen, denn er war ein Club der deutschen Minderheit. Unter den gegebenen Verhältnissen der wilden Vertreibung und der Aussiedlung gab es keine Grundlage mehr.“
„Am Wochenende haben wir ein Programm, das an den DFC erinnern soll. Es wird einen thematischen Spaziergang und eine Filmvorführung geben und eben auch ein Spiel. Dabei tritt ein neuer deutscher Fußballclub Prag gegen die Initiative 1903 an. Das ist eine deutsche Initiative, die sich mit der Tradition der ersten deutschen Meisterschaft beschäftigt. Sie sehen sich in der Tradition des VfB Leipzig und besuchen schon seit einigen Jahren Städte, aus denen Teams kamen, die an der ersten deutschen Meisterschaft teilgenommen haben.“
„Der DFC Prag hat seit 76 Jahren kein Spiel mehr gemacht. Es gibt keinen Platz mehr. Das frühere Stadion war auf dem Letná-Hügel – dort steht heute das Landwirtschaftsmuseum. Wir sind dann letztlich mit dem recht traditionellen Club Aritma Prag übereingekommen, dass wir dieses Spiel auf seinem Platz durchführen dürfen.“
Im historischen Stil heißt es in der Vorankündigung – Was heißt das?
„Das heißt, dass wir dort natürlich mit den Trikots und dem Emblem des DFC Prag auflaufen. Und wir benutzen auch eine Art historischen Retro-Ball aus der damaligen Zeit. Darüber hinaus ist es aber ein ganz reguläres Fußballspiel – 90 Minuten, elf gegen elf mit Schiedsrichter, und niemand weiß, wie es ausgeht.“
Gibt es eigentlich auch Pläne, den DFC Prag wieder zu einem neuen, regulären Spielbetrieb zu erwecken?
„Das Projekt hat schon eine gewisse Dynamik gewonnen. Es gibt großen Zuspruch und großes Interesse. Es wäre natürlich schön, wenn sich aus dieser Dynamik heraus Leute finden würden, die den Fußballclub Prag, der so traditionsreich ist und so eine große Geschichte hat, wieder ins Leben zu rufen.“
