Technischer Fehler oder menschliches Versagen? Zug entgleist in Prager Bahnhof

Foto: ČTK

Der Masaryk-Bahnhof mitten in der Prager Innenstadt ist ein sogenannter Kopf- oder Sackbahnhof. In der Nacht auf Mittwoch hat ein ankommender Doppelstock-Triebzug nicht rechtzeitig gestoppt. Er stieß bis in den Wartebereich des Bahnhofs vor. Zum Glück verletzten sich nur drei Menschen leicht. Doch wie kam es zum Entgleisen des Zuges?

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Es war ein Doppelstock-Triebzug vom Typ City-Elefant, wie sie auf vielen Regionalstrecken hierzulande verkehren. Der Zug kam aus dem mittelböhmischen Český Brod / Böhmisch Brod und fuhr in ein Gleis des Masaryk-Bahnhofes ein. Anstatt wie normal abzubremsen, durchschlug der Zug jedoch den Aufprallpuffer und kam erst knapp vor einem Kiosk zu stehen. Die Bahninspektion untersucht nun das Unglück, dazu der Sprecher der Behörde, Martin Drápal:

„Wir können nicht mit Sicherheit sagen, dass dies die Schuld des Zugführers war. Wir werden noch überprüfen müssen, ob nicht vielleicht ein technischer Fehler vorlag oder eben menschliches Versagen.“

Martin Karlík  (Foto: Jan Ptáček,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Anscheinend war der City-Elefant bei der Einfahrt in den Bahnhof zu schnell. Martin Karlík ist Reporter des Tschechischen Rundfunks am Unglücksort. Gegenüber Radio Prag sagt er:

„Dies alles müssen jetzt die Inspekteure der Bahninspektion überprüfen. Die Leute von der Bahn haben uns aber inoffiziell gesagt, dass der Zug so ungefähr 30 Stundenkilometer schnell gewesen sein soll.“

Die normale Einfahrgeschwindigkeit beträgt hingegen 15 bis 20 Stundenkilometer. Laut einem unabhängigen Bahnexperten könnte das Problem auch darin gelegen haben, dass die Gleise nach dem Regen am Dienstag nass waren.

Die späte Uhrzeit dürfte indes verhindert haben, dass jemand schweren Schaden erlitt. In dem Zug befanden sich nur 15 Fahrgäste. Sie flogen bei dem Aufprall zwar durcheinander, aber nur drei von ihnen verletzten sich leicht.

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Der Sachschaden am Zug beläuft sich nach ersten Schätzungen auf 4,2 Millionen Kronen (155.000 Euro). Doch die Summe könne noch ansteigen, sagte Bahninspektionssprecher Drápal.

Wegen des Unglücks war der Masaryk-Bahnhof bis Mittwochvormittag gesperrt. Es ist der zweitwichtigste Schienen-Knotenpunkt in Prag, normalerweise steigen dort im Schnitt jeden Tag 30.000 Zugreisende ein oder aus. Grund für die Sperrung war, dass sich die Bergungsarbeiten des verunglückten Zugs kompliziert gestalteten und sehr lange dauerten:

Masaryk-Bahnhof  (Foto: Oleg Fetisow)
„Fast zwölf Stunden dauerten die Arbeiten. Zu dem Unfall ist es kurz vor Mitternacht gekommen, und der Zug wurde erst um zwölf Uhr mittags weggeschleppt“, so Karlík.

Da der Zug unter die Überdachung des teils denkmalgeschützten Bahnhofs gerutscht ist, konnte kein Kran eingesetzt werden. Mühsam wurde das Gefährt daher zurück auf die Gleise gezogen.

Im Übrigen gab es bereits einen vergleichbaren Unfall auf dem Masaryk-Bahnhof. Martin Karlík:

„Das war am 23. Oktober 2001. Damals fuhr ein ähnlicher Zug auf das Ende des Gleises auf, er war jedoch nicht so schnell. Deswegen waren die Folgen geringer.“