Die Kirche von Mušov – Letztes Relikt eines gefluteten Dorfes
Eine Kirche auf einer Insel – das ist das einzige, was von Mušov / Muschau geblieben ist. 1987 wurde das Dorf in Südmähren geflutet. Es musste Platz machen für die Neumühler Stauseen. Seither verfällt die Kirche, und die einzigen regelmäßigen Besucher auf dem Eiland sind seltene Vogelarten. Nun wollen Lokalpolitiker den romanischen Bau renovieren lassen und Touristen auf die Insel holen.
„In Tschechien ist das einzigartig. Ich kenne nur noch eine weitere solche Kirche, die sich inmitten eines Sees auf einer Insel befindet, und die steht in Slowenien. Hier in der Umgebung wüsste ich kein Beispiel. Das Interesse ist also wirklich groß, und das kommt auch daher, weil hier ein ganzer Ort verschwunden ist. Die Besucher unserer Gegend interessiert das einfach.“
Über 100 Häuser mussten weichen, als Mušov 1987 geflutet wurde. Die Proteste der Anwohner verhallten ungehört. Die 500 Muschauer fanden ihr neues Zuhause in den umliegenden Dörfen und in Mikulov / Nikolsburg. Es heißt, einige ältere Menschen hätten sich umgebracht. Dabei war es nicht das erste Mal, dass Dorfbewohner ihre Koffer packen mussten: Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die damals überwiegend deutsche Bevölkerung vertrieben.
Mušov blickt auf eine lange Geschichte zurück. Zuerst siedelten hier Römer, dann Germanen. Unweit des Stausees befindet sich ein Fürstengrab aus dem zweiten Jahrhundert nach Christus. Auch die Natur in der Umgebung war einzigartig. Jahrhundertealte Auenwälder versanken in den 1980ern im Stausee. Noch 1997 wurde eine Population seltener Kormorane auf der Kircheninsel vernichtet. In Zukunft jedoch hat der Naturschutz Priorität, sagt Tomáš Ingr. Weil geschützte Vögel auf dem Eiland brüten, soll der Zugang zur Insel nur in den Sommermonaten möglich sein:„Um den Umweltschutz zu gewährleisten, wollen wir, dass eher wenige Menschen auf die Insel gelangen, damit es nicht zu einem Touristenauflauf kommt. Das heißt, es könnte immer eine Gruppe von etwa zehn Menschen dorthin kommen, jeweils in Begleitung eines Führers. Die Besucher können sich also nicht frei und alleine auf der Insel bewegen. Es wäre immer eine Schiffsladung samt Führer unterwegs, der die Gruppe zur Insel und zurück bringt.“
Bevor die Pläne konkret werden, müsste St. Leonhard ohnehin erst einmal gründlich restauriert werden. Die Fassade, das Dach und der Verputz, alles bröckelt, und das schon seit Jahren. Miroslav Koudela ist Historiker und Archivar im Kreisarchiv Olomouc / Olmütz.
„In Břeclav und Umgebung haben wir nicht mehr viele Kirchen aus romanischer Zeit. In dieser Kirche hat sich zumindest ein Teil erhalten. So gibt es ein romanisches Portal sowie Fenster aus dieser Epoche.“Die Gemeinde Pasohlávky würde im Inneren von St. Leonhard gerne eine Ausstellung über das verschwundene Dorf Mušov einrichten. Wenn es nach Tomáš Ingr und seinen Mitstreitern ginge, könnte die Kirche spätestens in fünf Jahren zugänglich sein. Die kostspielige Restaurierung soll mit Hilfe von EU-Geldern finanziert werden.