Tschechien hinkt bei Gleichstellung von Mann und Frau hinterher
Das Europäische Parlament kritisiert Tschechien und weitere EU-Staaten wegen der Diskriminierung von Frauen. Die bisherigen Bemühungen zur Gleichstellung von Mann und Frau wurden in Strasbourg als unzureichend eingestuft. Die Europa-Abgeordneten schlagen nun auch konkrete Maßnahmen vor, eine davon ist ein befristeter Vaterschaftsurlaub unmittelbar nach der Geburt des Kindes. Die Tschechische Republik ist eines von sechs Ländern, in der es noch keine solche Regelung gibt.
Einen gesetzlich geregelten Vaterschaftsurlaub wie in Frankreich, Großbritannien oder Polen aber gibt es in Tschechien nicht. In den genannten Ländern können Väter diesen bezahlten Urlaub in den ersten zwei Wochen nach der Geburt beanspruchen. In Tschechien müssen die Väter dafür einen Teil ihres Jahresurlaubs oder unbezahlten Urlaub nehmen. Das Europa-Parlament will nun durchsetzen, dass in allen Mitgliedsländern nach der Geburt eines Kindes mindestens zehn Tage an staatlich bezahltem Vaterschaftsurlaub gewährt werden. Dieser Vorschlag stößt in Tschechien auf geteilte Meinungen. Der konservative Europa-Abgeordnete der ODS, Jan Zahradil:
„Einige Länder sind liberal, andere wiederum sind konservativ. Daher sollte jedes Land selbst über diese Regelung entscheiden.“
Die sozialdemokratische Ministerin für Arbeit und Soziales, Michaela Marksová:„Ich denke, dass dieser Vaterschaftsurlaub eine sehr nützliche Sache ist, die zum Zusammenhalt der Familie beiträgt.“
Die Vizechefin der konservativen Partei Top 09, Helena Langšádlová:
„Die Möglichkeit des Vaterschaftsurlaubs nach der Geburt eines Kindes sollte nur eine Alternative sein, die auf freiwilliger Basis angeboten wird.“
Diese Aussagen lassen vermuten, dass sich in der tschechischen Sozialpolitik wohl eher weiter die konservative Linie denn die liberale durchsetzen wird. Deswegen wird es Arbeitsministerin Marksová sicher auch schwer haben, mit einem anderen Vorstoß erfolgreich zu sein: Die Ministerin plant, dass der Staat im Voraus die Auszahlung von Unterhalt an Alleinerziehende übernimmt, sollte der zuständige Elternteil seine Alimente nicht bezahlen. In den Reihen der Koalition aber stößt der Vorschlag der Ministerin auf Widerstand:„Unsere Partei steht einer solchen Neuerung auf flächendeckender Basis ablehnend gegenüber“, ließ der Fraktionschef der Ano-Partei, Jaroslav Faltýnek, bereits wissen.
Arbeitsministerin Marksová aber lässt sich davon nicht beirren. Den Kritikern dieser Regelung hält sie vor, dass in nicht weniger als 300.000 tschechischen Familien nur ein Elternteil die Kinder erzieht. Und weil die Unterhaltszahlung des anderen Elternteiles nicht selten ausbleibt, würden viele Kinder mit großen Entbehrungen aufwachsen oder teilweise sogar Hunger leiden, sagt Marksová. Ihr Vorschlag beinhalte schließlich, dass sich der Staat die Zahlung des Unterhaltsgeldes von den eigentlich dazu verpflichteten Eltern zurückhole. Dafür müssen die rechtlichen Grundlagen jedoch erst geschaffen werden. Das Justizressort aber wird von der Ano-Partei geleitet…