Radioreporter Pohanka nach Freilassung: Prorussische Kräfte treten nicht einheitlich auf
Für die Gegenspieler des bewaffneten Konflikts in der Ostukraine gilt seit elf Tagen Waffenstillstand. Nichtsdestotrotz gibt es beispielsweise in der Großstadt Donezk weiter schwere Kämpfe, besonders beim Flughafen, der von der ukrainischen Armee kontrolliert wird. Auf der anderen Seite haben die prorussischen Separatisten am Montag unter anderem das Gebäude des tschechischen Konsulats besetzt, das seit einigen Monaten leer steht. Der Berichterstatter des Tschechischen Rundfunks, Vít Pohanka, wollte diesen Vorgang überprüfen, wurde dabei aber von den Separatisten vorübergehend festgenommen.
„Die Straße zum Konsulat ist nicht weit von dem Hotel, in dem ich übernachte. Kurz nachdem ich diese Straße betreten habe, sah ich schon von Weiten, dass sich dort tatsächlich bewaffnete Kräfte aufhalten. Die Information darüber konnte ich gerade noch telefonisch an den Rundfunk in Prag übermitteln, da hatte mein Telefonat auch schon die Aufmerksamkeit eines wachhabenden Separatisten auf sich gezogen, der sofort zu mir kam und mich festnahm.“
Nach seiner Verhaftung wurde Pohanka mehrfach verhört, zunächst von einer örtlichen Kommandantur, danach vom Abwehrdienst und schließlich von der Militärpolizei. Und immer wieder mit denselben Fragen: was er hier mache, wie er hergekommen sei oder wie er über die Auseinandersetzungen informiere. Letzteres habe er den prorussischen Kräften anhand seiner im Internet veröffentlichten Beiträge gezeigt. Und da hätten seine Befrager auf ein Detail ganz genau geachtet, so Pohanka:„Es war nicht so, dass sie die tschechischen Texte verstanden hätten, doch sie konnten sehen, dass darin das Wort Terrorist nicht auftaucht. Auf eine solche Einstufung ihrer Kräfte reagieren die Separatisten nämlich sehr allergisch. Sie betonen immer wieder, sie seien keine Terroristen, sondern lediglich Patrioten des Donbass-Gebiets.“
Damit ist das Donezbecken gemeint, ein großes Steinkohle- und Industriegebiet beiderseits der russisch-ukrainischen Grenze.Vít Pohanka führt seine Festnahme darauf zurück, dass im Krisengebiet eine schon paranoide Angst vor möglichen Spionen herrsche. Nachdem er aber nachweisen konnte, nur seiner journalistischen Arbeit nachzugehen, wurde er nach einigen Stunden wieder freigelassen. Während der Verhöre aber wusste er oft nicht, mit wem von der anderen Seite er es nun genau zu tun habe. Ihm gegenüber habe sich niemand ausgewiesen oder mit vollem Namen und Dienstgrad vorgestellt. Lediglich mit dem Vornamen habe man sich flüchtig zu erkennen gegeben, sagte Pohanka.
„Ich denke, das Problem liegt ein wenig darin, dass die prorussischen Kräfte nicht einheitlich auftreten, sondern sich aus unterschiedlichen Gruppierungen zusammensetzen. Zudem ist nicht immer klar, wer eigentlich der Befehlshaber ist, wer darüber entscheiden kann, ob ein Journalist wie ich weiter gefangen bleibt oder freigelassen wird. Dadurch zieht sich alles in die Länge.“In Donezk haben die Separatisten Berichterstatter Pohanka schon zum zweiten Male festgenommen. Beim ersten Mal erfolgte dies zusammen mit seinem Kollegen Martin Dorazín, als beide auf einer Brücke in der Nähe des Flughafens standen und die Lage beobachteten. Damals wurden sie nach sieben Stunden freigelassen und haben für ihre Festnahme auch eine Entschuldigung bekommen. Dennoch musste Pohanka jetzt ein weiteres Mal feststellen: Die Situation im Krisengebiet ist trotz des offiziellen Waffenstillstands alles andere als entspannt, denn keine der beiden Konfliktparteien will nur einen Meter vom augenblicklichen Status quo abweichen.