Lipavský: Annexion ukrainischer Gebiete durch Russland ist eine Farce

Jan Lipavský im UN-Sicherheitsrat

Der russische Präsident Wladimir Putin verkündet am Freitagnachmittag im Moskauer Parlament die Annexion von vier besetzten Gebieten in der Ukraine. Auch Tschechien verurteilt diesen Schritt scharf.

Dmitry Peskow | Foto: Kremlin.ru,  CC BY 4.0 DEED

Als der Kremlsprecher Peskow am Donnerstag ankündigte, dass Putin am folgenden Tag den Anschluss der vier besetzten Gebiete in der Ukraine verkündet, reagierte der tschechische Außenminister Jan Lipavský (Piraten) mit deutlichen Worten. Diese wiederholte er am Freitagmorgen in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

„Es ist absolut inakzeptabel und eine Farce. Putin kann ein Theater aufführen, wie er will – aber es darf nicht zu einer Veränderung der ukrainischen Staatsgrenze führen. Diese ist gesetzt und international anerkannt.“

Tschechiens Haltung sei auch die der gesamten Europäischen Union und habe damit eine noch stärkere Ausdruckskraft, fügte Lipavský an.

Schon zuvor hatten mehrere Staatschefs, die Kommissionsvorsitzende Ursula von der Leyen und auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verlauten lassen, das Ergebnis der als „Pseudoreferendum“ bezeichneten Abstimmung nicht anzuerkennen. Diese ergab laut russischen Angaben eine Zustimmung von 87 bis zu 99 Prozent, mit der sich die Bevölkerung der ukrainischen Gebiete Saporischschja und Cherson sowie der international nicht anerkannten Volksrepubliken Donetzk und Luhansk angeblich für einen Beitritt zu Russland aussprechen. Russland annektiert damit 15 Prozent des Staatsgebietes der Ukraine. Diesen Vorgang habe es vor acht Jahren schon einmal gegeben, erinnerte Lipavský:

„2014 wurde die Krim auf ähnliche Weise angeschlossen, und die EU hat dies damals ebenfalls nicht anerkannt. Die ersten Sanktionen gegen Russland stammen darum auch aus dem Jahr 2014. Diese Politik der Nicht-Anerkennung gewaltsamer Grenzverschiebungen müssen wir beständig weiterführen.“

Karte der Verwaltungseinheiten in der Ukraine | Foto: Wikimedia Commons,  CC BY-SA 3.0

Zudem habe die Ukraine das volle Recht, ihre Gebiete zu verteidigen, ergänzte der Minister. Auf den Einwand, dass die Krim aber nach wie vor unter russischer Kontrolle sei und die EU-Politik seit 2014 auch die aktuelle Entwicklung offenbar nicht verhindert habe, räumt Lipavský ein:

„Es ist richtig, dass die Haltung der EU damals nicht energisch genug war. Dies wird aber erst heute rückblickend klar, weil Putin seinen wahnsinnigen Krieg begonnen hat. Damit ist dies inzwischen ein Thema für Politologen. Wir aber müssen nun die aktuellen Probleme lösen, die den brutalen und barbarischen Krieg betreffen. Wir müssen die Ukraine darin unterstützen, ihr Gebiet, ihre Unabhängigkeit und ihre Souveränität zu verteidigen.“

Dazu gehörten Waffen- und Hilfslieferungen, die Tschechien weiterhin organisiere, sofern es die aktuelle Lage in der Ukraine erlaube, fügte Lipavský hinzu. Auf der anderen Seite, so der Minister, werde auf Russland Druck ausgeübt, den Krieg so schnell wie möglich zu beenden.

Ende kommender Woche richtet Prag im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft den informellen Gipfel der Staats- und Regierungschefs der 27 Mitgliedsländer aus. Russlands Krieg gegen die Ukraine wird auch dabei das zentrale Thema sein. Weitere Sanktionen sind laut Lipavský bereits in Vorbereitung.

Mit den Beitrittsverträgen, die die Vertreter der vier ukrainischen Gebiete am Freitag in Moskau unterschreiben, ist die Annexion allerdings noch nicht gänzlich vollzogen. Der danach ausstehende verfassungsrechtliche Beschluss muss von den beiden russischen Parlamentskammern abgesegnet werden. Diese Abstimmungen stehen allerdings schon Anfang kommender Woche an.

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