Kontaminierter Lebensraum: Tschechische Experten analysieren Bodenverschmutzungen in der Ostukraine

Probenahme von Schlamm

Krieg hinterlässt nicht nur zerstörte Häuser, sondern auch verseuchte Böden und Gewässer. Um die ökologischen Folgen der Kampfhandlungen in der Ostukraine zu dokumentieren, sind Umweltexperten aus Tschechien vor Ort.

Ein Dorf im Süden der Oblast Saporischschja. Nur 15 Kilometer entfernt halten russische Truppen ukrainische Gebiete besetzt. Der Ort liegt am Rande des Kachowka-Stausees, dessen Damm Anfang Juni zerstört wurde. Das Wasser hat zunächst ein weitläufiges Gebiet der Ostukraine überschwemmt und ist danach in das Schwarze Meer abgeflossen. Jetzt herrscht auf beiden Seiten des Flusses Dnipro akuter Wassermangel.

Die Russen würden die Bewohner nicht nur beschießen, sondern ihnen auch das Wasser stehlen, sagt Viktorie, die im Gemeindeamt arbeitet. Es fehle nicht nur an Trinkwasser, berichtet sie. Auch die Felder der sonst so fruchtbaren Region könnten nicht begossen werden.

Foto: Martin Dorazín,  Tschechischer Rundfunk

„Wir wurden um unser ruhiges Leben gebracht. Aber unseren Optimismus lassen wir uns nicht nehmen",

fügt Viktorie hinzu. Dank internationaler Hilfsgelder wird abgepacktes Trinkwasser an die Bewohner verteilt. Viele haben zwar einen Brunnen auf ihren Grundstücken. Aber niemand weiß, wie es derzeit um die Wasserqualität bestellt ist.

Auch der Boden ist durch den Dammbruch kontaminiert. Um die Schadstoffe zu untersuchen und mögliche Gefahren für die Bewohner aufzudecken, sind derzeit einige Experten aus Tschechien vor Ort. Pavel Mothejl und Martin Osmak arbeiten für das Unternehmen Dekonta, das auf Dekontaminationsarbeiten spezialisiert ist. Nach dem Dammbruch sehe es vor Ort schlimmer aus, als sie erwartet hätten, meint Osmak:

„Es ist ein totaler Schock, alles wirkt hier wie eine Wüste. Mir tut es für die Bewohner leid. Die ganze Zeit hatten sie hier eine Art Meer, und auf einmal ist nichts mehr da. Das ist schrecklich.“

Zu der Forschungsdelegation gehört auch Marcela Černochová von der tschechischen Umweltorganisation Arnika. Sie steht im leeren Stausee und gräbt im Boden:

Marcela Černochová | Foto: Martin Dorazín,  Tschechischer Rundfunk

„In Plastikbeuteln sammeln wir Schlammproben – einmal von der Oberfläche und einmal aus einer Tiefe von 10 bis 15 Zentimetern. Wir werden sehen, was wir darüber herausfinden. Die Masse stinkt nicht, also laufen in ihr wohl noch keine Fäulnisprozesse ab.“

Der Geruch des Schlamms hängt allerdings in der Luft, vor allem nach Regenfällen. Ihre Proben nehmen die tschechischen Experten an mehreren Standorten – auch am Sandstrand des Dnipro-Ufers, an dem die Einheimischen immer noch Baden gehen. Und später untersucht das Team noch eine Stelle, an der vor kurzem eine russische Bombe eingeschlagen hat. Marcela Černochová:

Foto: Martin Dorazín,  Tschechischer Rundfunk

„Die Proben bringen wir nach Tschechien. Dort erstellt ein unabhängiges und zertifiziertes Labor die Analysen so, dass sie verlässlich und glaubwürdig sind. Arnika wertet sie dann aus und erstellt Empfehlungen, wie mit den untersuchten Orten umgegangen werden sollte. Eventuell entwickeln wir dann auch ein Projekt zur Reinigung dieser Lokalitäten in Zusammenarbeit mit den Anwohnern.“

Auch die Experten der Firma Dekonta sollen dabei wieder einbezogen werden. Auf längere Sicht seien die jetzt vorgenommenen Messungen ein Pilotversuch für ein Großprojekt, mit dem Arnika kontaminierte Orte in der gesamten Oblast Dnipropetrowsk dokumentieren wolle, so Černochová.

Autoren: Daniela Honigmann , Martin Dorazín
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