Villa des Architekten Rothmayer wird Museum
Otto Rothmayer wurde noch zu Zeiten der k.u.k. Monarchie in Prag geboren. In der Ersten Tschechoslowakischen Republik wurde er zu einem der wichtigsten Architekten des Landes. So beteiligte er sich an der Neugestaltung der Prager Burg. Für die eigene Familie entwarf er zudem eine Villa im Prager Stadtteil Střešovice. Das Prager Stadtmuseum möchte das architektonisch einzigartige Baudenkmal nun für die Öffentlichkeit zugänglich machen.
Villa Müller steht in der Straße Nad hradním vodojemem Nr. 14. Sie wurde in den Jahren 1928-30 nach Plänen des namhaften Wiener Architekten Adolf Loos für den Bauunternehmer František Müller und seine Frau Milada erbaut. Nach außen hin wirkt das Haus funktionalistisch. Es weist innen einen einzigartigen Raumschnitt auf, der auf dem von Loos erfundenen sogenannten „Raumplan“ gründet. Die Zahl der Besucher der Villa Müller steige ständig, erzählt Museumsleiterin Strnadová. Die Besichtigungsmöglichkeiten des Hauses sind jedoch wegen des Denkmalschutzes eingeschränkt. Das Stadtmuseum bietet darum seit vergangenem Jahr nicht nur Führungen durch die Villa, sondern auch durch deren Umgebung an. Und dabei kommen die Besuchergruppen unweigerlich auch zur Villa Rothmayer. Ab 2015 werde dieses Schmuckstück auch für die Öffentlichkeit zugänglich, verspricht Maria Szadkowska. Sie ist Kuratorin der Villa Müller und kümmert sich seit Neuestem auch um die Villa Rothmayer:
„Das Schaffen von Architekt Otto Rothmayer ist vor allem dank seiner Zusammenarbeit mit seinem Lehrer, dem Slowenen Jože Plečnik bekannt geworden. Gemeinsam haben sie an der Neugestaltung der Prager Burg gearbeitet. Auch ansonsten hatten die beiden Architekten einiges gemeinsam: Sie waren beide bescheiden und asketisch, in der Architektur lehnten sie genauso wie Adolf Loos es ab, Ornamente zu nutzen auf Kosten von Materialqualität und der präzisen Durchführung des Baus.“Otto Rothmayer hatte von seinem Vater gelernt, Holz zu bearbeiten, weil dieser eine Tischlerwerkstatt leitete. Deswegen entwarf der Architekt später auch Möbel und gestaltete selbst die Innenräume seiner Bauten. In der Villa lassen sich mehrere architektonische Elemente erkennen, die Rothmayer auch bei der Umgestaltung der Prager Burg nutzte. Maria Szadkowska:
„Der Haupteingang in die Villa befindet sich in einem zylindrischen Bau mit einer Wendeltreppe. Rothmayer baute derartigen Treppen auch in anderen Wohnhäusern. Zudem nutzte er sie zwölf Jahre später beim Ausbau des Theresianischen Flügels auf der Prager Burg. Die Wohnräume der Villa sind nicht groß, sie befinden sich in dem einfachen Würfel des Gebäudes. Im Untergeschoss waren einst das Schlafzimmer von Frau Rothmayerová und eine Küche, die mit Originalmöbeln eingerichtet wurde. Sie war vom Architekten selbst entworfen worden.“Im Obergeschoss besteht ein Musiksalon, inklusive Originallautsprechern aus Rothmayers Zeit. Die Familie hörte damals Musik schon in Stereo. Die Expertin:
„Frau Rothmayerová, die Schwiegertochter des Architekten, erzählte uns, dass ihre Familie in diesem Salon immer Weihnachten feierte. Nebenan befindet sich das Badezimmer mit der ursprünglichen Badewanne und weiteren Teilen der Inneneinrichtung, die vor kurzem erneuert wurde.“Das Stadtmuseum hat vor, eine Dauerausstellung in der Villa einzurichten. Dabei soll das Interieur so gezeigt werden, wie es zu Rothmayers Zeiten ungefähr ausgesehen hat. Bei der Gestaltung der Räumlichkeiten wollen sich die Museumsmitarbeiter durch Fotografien von Josef Sudek (1896-1976) inspirieren, der eine ganze Serie von Fotos dieser Villa schoss.
„In den Räumen hingen früher viele Sudeks Fotografien. Josef Sudek war ein guter Freund von Architekt Rothmayer, er war oft zu Besuch in der Villa. Der Fotograf liebte besonders den Garten des Hauses. In den Jahren 1954 bis 1959 schuf er eine Serie von Fotos mit dem Titel ´Der zauberhafte Garten´. Die Aufnahmen befinden sich in den Sammlungen des Prager Kunstgewerbemuseums. Wir haben vor, Kopien von diesen Bildern machen zu lassen und sie hier zu zeigen. Zu Rothmayers Freunden gehörte auch das Ehepaar Roubíček. Sie waren Glasmacher, überall in der Villa gab es verschiedene Glasgegenstände, die von den Roubíčeks stammten.“ Maria Szadkowska möchte zudem Otto Rothmayer als Menschen in der Villa vorstellen. Sie suche danach, was der Architekt Adolf Loos und Otto Rothmayer gemeinsam hatten.„Beide haben in der Architektur die Einfachheit, Bescheidenheit und die Funktion der Gebäude propagiert. Die Villa Müller ist eine Luxusausgabe, weil auch der Auftraggeber andere Ansprüche hatte als der Architekt Rothmayer, der seine Villa selbst entworfen hatte. Die Villa Rothmayer ist aber ähnlich wie die Wiener Wohnung von Adolf Loos gestaltet.“
Beim Entwurf für seine Villa hat sich Rothmayer angeblich von der südeuropäischen Architektur inspirieren lassen. Und als er das Haus baute, sah die Umgebung anders aus als heute. Der Architekt schätzte vor allem den herrlichen Blick auf die Landschaft, der sich dort bot:„Der Stadtteil Střešovice rundherum entstand erst in den 1930er Jahren. Als die Villa gebaut wurde, stand hier noch gar nichts. Ich bin davon überzeugt, dass sich Rothmayer für dieses Grundstück wegen des schönen Blicks entschieden hat.“
Heute ist die Villa von drei Seiten von anderen Gebäuden umgeben, zudem sind die Bäume im Garten vor dem Haus inzwischen so hoch gewachsen, dass von dem schönen Blick auf die Stadt nicht mehr viel übrig geblieben ist.
Die Villa Rothmayer wird in diesem Jahr nur noch gelegentlich zu besichtigen sein, ab kommendem Jahr wird aber eine Dauerausstellung in der Villa eröffnet. Das Baudenkmal ist am einfachsten von der Straßenbahnhaltestelle „Vojenská nemocnice“ (Militärkrankenhaus) zu erreichen.