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Sieben Parteien im Abgeordnetenhaus - Sozialdemokraten vorn, Überraschungserfolg für Ano
Tschechien hat ein neues Abgeordnetenhaus bestimmt. Sieben Parteien werden demnächst in die zweite Parlamentskammer einziehen. Erwartungsgemäß gewannen die Sozialdemokraten (ČSSD), allerdings mit nur 20,45 Prozent der Stimmen. Damit bleiben sie deutlich hinter den Erwartungen zurück. Dicht hinter der ČSSD landete die Protestbewegung Ano 2011 des Milliardärs Andrej Babiš, eine neue politische Gruppierung, die 18,65 Prozent erreichen konnte. An dritter Stelle gelangten die Kommunisten (KSČM) mit 14,91 Prozent. Die liberal-konservativen früheren Regierungsparteien mussten Verluste hinnehmen: Die rechtsliberale Partei Top 09 kam auf 11,99 Prozent, die Demokratische Bürgerpartei (ODS) auf nur 7,72 Prozent.
Weiter schafften die Plattform Úsvit přímé demokracie (Morgendämmerung der direkten Demokratie) des Unternehmers und Senators Tomio Okamura mit 6,88 Prozent und die Christdemokraten (KDU-ČSL) mit 6,78 Prozent den Einzug ins Parlament. Unter der Fünf-Prozent-Hürde blieben mehrere Parteien, die zwischen zwei und vier Prozent der Wählerstimmen erworben haben. Darunter sind die Grünen, die Piratenpartei und die Partei der Freien Bürger. Bei 1,5 Prozent lag die Präsident Miloš Zeman nahestehende Partei der Bürgerrechte – Zemanovci. Die Wahlbeteiligung lag knapp unter 60 Prozent.
ČSSD-Parteichef Sobotka will bis Jahresende stabile Regierung bilden
Der Parteichef der Sozialdemokraten (ČSSD), Bohuslav Sobotka will bis Ende dieses Jahres eine stabile Regierung bilden. Sobotka sagte dies nach der Veröffentlichung der ersten Teilergebnisse am Samstagnachmittag vor Journalisten. Seiner Aussage nach sollen noch am Samstagabend Gespräche mit den Kommunisten aufgenommen werden. Eine Koalition mit den Kommunisten schließen die Sozialdemokraten aus, sie können sich jedoch die Unterstützung einer Minderheitsregierung durch diese vorstellen.
Parteichef Sobotka wünschte sich den Gewinn von einem Drittel der Wählerstimmen. Als Misserfolg würde er es betrachten, wenn seine Partei in den kommenden vier Jahren in der Opposition bleiben würde.
Überraschungserfolg für neue Protestbewegung Ano 2011
Der Leiter der Plattform Ano 2011, Andrej Babiš, hat eingeräumt, an Gesprächen zur Regierungsbildung teilnehmen zu wollen. Sollte Ano angesprochen werden, würde er über eine Beteiligung an einer Regierung verhandeln, sagte er am Samstagabend. Noch am Nachmittag hatte Babiš gegenüber dem Tschechischen Fernsehen erklärt, Ano werde sich trotz des Wahlerfolgs nicht an eder Regierung beteiligen. Auch eine Tolerierung einer Regierung der Sozialdemokraten lehnte er ab. Er wolle einen Linksruck verhindern, so Babiš. Er schloss auch jede Zusammenarbeit mit den früheren Regierungsparteien Top 09 und der ODS aus.
Kommunisten erwarten Funktionen im Abgeordnetenhaus
Der Parteichef der Kommunisten (KSČM), Vojtěch Filip, hat sich zufrieden mit dem Ergebnis seiner Partei gezeigt. Das Ziel, den Einfluss der KSČM zu erhöhen, sei erfüllt worden, meinte Filip. Er erwarte, dass die Funktionen im Abgeordnetenhaus auf Grund der Zahl der Abgeordneten der jeweiligen Parteien verteilt würden.
Top 09 schließt Beteiligung an der Regierung aus
Der Top-09-Parteichef Karel Schwarzenberg hat mit Hinblick auf die Wahlergebnisse eine Beteiligung seiner Partei an der Regierung ausgeschlossen. Vizeparteichef Miroslav Kalousek ergänzte dazu, die Top 09 werde eine starke, qualifizierte und professionelle Oppositionspartei sein. Das Wahlergebnis seiner Partei bezeichnete er als ziemlich gut.
ODS muss deutlichste Niederlage in ihrer Geschichte hinnehmen
Die stellvertretende Parteichefin der Demokratischen Bürgerpartei ODS, Miroslava Němcová, wertet das Wahlergebnis ihrer Partei als Misserfolg. Die Wähler hätten der Partei gezeigt, dass sie auf die Auswechselbank gehöre. Die bisherigen personellen Änderungen hätten nicht ausgereicht, so Němcová. Die ODS hat bei der letzten Parlamentswahl im Jahr 2010 über 20 Prozent erreicht, nun liegt sie bei etwa 7 Prozent. Parteichef Martin Kuba spricht von der deutlichsten Niederlage in der Geschichte der ODS.
Úsvit will jede Regierung unterstützen, die sich für direkte Demokratie einsetzt
Die Plattform Úsvit des Unternehmers und Senators Tomio Okamura will jede Regierung unterstützen, die ein Gesetz für direkte Demokratie, also für allgemeine Referenden, durchsetzt. Der Vorsitzende der Plattform, Tomio Okamura, sagte dies am Samstag mit Blick auf die Wahlergebnisse. In die Regierung wolle Úsvit jedoch nicht gehen, so Okamura weiter.
Christdemokraten schaffen nach vier Jahren wieder Einzug ins Abgeordnetenhaus
Die Christdemokraten haben nach vier Jahren wieder die Fünf-Prozent-Hürde überschritten und ziehen ins Abgeordnetenhaus ein. Der Parteivorsitzende der Christdemokraten (KDU-ČSL) Pavel Bělobrádek kann sich eine Minderheitsregierung der Sozialdemokraten mit der Unterstützung seiner Partei und der Plattform Ano 2011 vorstellen. Allerdings müsste man komplizierte Verhandlungen führen, führte er in Reaktion auf die Wahlergebnisse an. Eine Zusammenarbeit mit den Kommunisten und mit der Plattform Úsvit lehnte Bělobrádek ab.
Zeman: Gespräche zur Regierungsbildung erst nach Konstituierung des Abgeordnetenhauses
Staatspräsident Miloš Zeman will die Gespräche über die Bildung einer neuen Regierung erst nach der Konstituierung des neuen Abgeordnetenhauses aufnehmen. Dabei werde er die Wahlergebnisse respektieren und einen Vertreter der stärksten Partei beauftragen, sagte Zeman. In die Koalitionsgespräche wolle er sich nicht einmischen, sollte aber der Sieger Probleme mit der Bildung einer Koalition haben, sei er bereit, ihm zu helfen. Zeman sagte dies am Freitag in Prag, nachdem er seine Stimme in den vorgezogenen Neuwahlen abgegeben hatte.
967 Tschechen haben in Deutschland gewählt
Auch in den Botschaften und Konsulaten der Tschechischen Republik sind Parlamentswahlen zu Ende gegangen. Mehre Tausend tschechische Bürger haben in diesem Jahr die Möglichkeit genutzt, im Ausland zu wählen. In Deutschland gingen 968 tschechische Bürger zu den Wahlurnen. Das Interesse der Wähler lag somit wesentlich höher als bei der Präsidentenwahl im Januar dieses Jahres, damals nutzten 735 Bürger in der zweiten Wahlrunde die Wahlmöglichkeit in Deutschland. Gegenüber der Abgeordnetenhauswahl im Jahr 2010 stieg die Wahlbeteiligung von Tschechen in Deutschland auf fast das Dreifache. In Berlin gaben 413 Tschechen ihre Stimmen ab, in München 320, in Düsseldorf 158 und in Dresden 77. Die Stimmen der Tschechen im Ausland werden dem Wahlkreis Mittelböhmen zugeordnet.
Premiere von „Simon Boccanegra“ beendet Verdi-Festival im Prager Nationaltheater
Die Oper „Simon Boccanegra“ von Giuseppe Verdi ist am Freitagabend im Nationaltheater in Prag als Premiere aufgeführt worden. Die Inszenierung zum 200. Geburtstag des Komponisten entstand in einer Koproduktion des Nationaltheaters mit der Welsh National Opera. Die Regie hatte der britische Regisseur David Pountney, die musikalische Einstudierung stammte von Jaroslav Kyzlink. Mit „Simon Boccanegra“ ist das diesjährige Verdi-Festival in Prag zu Ende gegangen, mehr als 13.000 Zuschauer hatten die Veranstaltungen besucht.
Verdis weniger populäre Oper „Simon Boccanegra“ stand bisher nur einmal im Repertoire des Prager Nationaltheaters, und zwar in den Jahren 1971 bis 1975. In der jetzigen Inszenierung verkörpern Vladimír Chmelo und der spanische Bariton Luis Cansino die Hauptrollen.
Sonniges Wetter sorgt für Temperaturrekorde
Das sonnige Wetter hat am Samstag für Temperaturrekorde in ganz Tschechien gesorgt. Neue Rekordwerte wurden am Samstag von etwa einem Drittel aller Messestationen des Landes gemeldet. In der ältesten Messestation hierzulande, im Klementinum in Prag, wurden kurz nach Mittag 21 Grad Celsius gemessen. Die bisher höchste Temperatur an einem 22. Oktober lag um 0,1 Grad Celsius tiefer, sie wurde im Jahr 1989 gemessen. Im Klementinum werden seit 1775 die Temperaturen aufgezeichnet.
Tennis: Kvitová unterliegt Chinesin Li Na im Masters-Halbfinale in Istanbul
Petra Kvitová hat den Einzug in das Finale des Damen-Masters verpasst. Die Tschechin unterlag am Samstag im Halbfinale von Istanbul der Chinesin Li Na mit 4:6 und 2:6. Zuvor hatte Kvitová am Freitag ihre deutsche Konkurrentin Angelique Kerber mit 6:7 (7:3), 6:2 und 6:3 besiegt, womit sie sich die Teilnahme am Halbfinal-Spiel sicherte.
Kvitová hat in Istanbul die Saison mit 51 Siegen und 23 Niederlagen abgeschlossen. Sie gewann zwei Titel und rückte in der Weltrangliste vom achten auf den sechsten Platz vor.
Das Wetter am Sonntag, 27.10.: bedeckt, bis 22 Grad
Am Sonntag ist es in Tschechien bewölkt oder bedeckt, im Laufe des Tages von Westen her mit Regen oder Regenschauern. Die Tageshöchsttemperaturen liegen zwischen 18 und 22 Grad Celsius, im Westen bei 16 Grad Celsius. In Höhenlagen um 1000 Meter werden maximal 14 Grad Celsius erreicht.