Pfarrer Vymětal: Pitter ist noch heute inspirierend
Er war Sozialpädagoge, evangelischer Prediger, Schriftsteller und vor allem ein großer Humanist. Přemysl Pitter ist als Retter jüdischer Kinder während und kurz nach dem Zweiten Weltkrieg bekannt geworden. Er kümmerte sich auch um viele deutsche Kinder, die während der Vertreibung ihre Eltern aus den Augen verloren hatten. 1976 starb Pitter im Exil in der Schweiz. Hierzulande durfte man über ihn und seine Gedanken erst nach der Wende sprechen. Nun widmet sich eine Ausstellung dem Leben und Werk Pitters. Sie ist in der Prager Kirche St. Martin in der Mauer zu sehen. Bei der Vernissage entstand das folgende Gespräch mit dem evangelischen Pfarrer Mikuláš Vymětal:
„Ich interessiere mich für Přemysl Pitter bereits seit mehreren Jahren. Denn er war einer der größten tschechischen Humanisten und, im positiven Sinne, ein wenig ein Narr. Ich würde ihn mit Mahatma Gandhi oder Albert Schweitzer vergleichen. Pitter hat viele Leute beeinflusst, ohne es zu wissen. Hunderten Leuten hatte er geholfen und Tausende von Menschen hat er inspiriert. Von dieser Inspiration möchte ich den Besuchern unserer Kirche auch etwas vermitteln.“
In den letzten Jahren wurde bei verschiedenen Konferenzen in Tschechien an Pitters Verdienste bei der Rettung von vielen jüdischen und deutschen Kindern erinnert. Sein weiteres Engagement ist weniger bekannt. Wie sehen Sie das?
„Es gibt noch einige weitere Bereiche, in denen sich Pitter engagiert hat. Er war überzeugter Pazifist. Als Kriegsdienstverweigerer wurde er dafür während der Ersten Republik sogar mit zwei Monaten Gefängnis bestraft. Pitter hat in den 1930er Jahren die schlechte soziale Situation vieler Kinder im Prager Stadtviertel Žižkov gesehen und hat für sie eine Bildungseinrichtung – das so genannte ´Milíč-Haus´- errichtet. 1951 flüchtete Pitter vor den Kommunisten nach Deutschland. Dort hat er sich zehn Jahre lang im Flüchtlingslager Valka bei Nürnberg vor allem um Flüchtlinge aus den kommunistischen Ländern gekümmert.“
Vor der Wende von 1989 war Pitter hierzulande praktisch unbekannt. Wie haben Sie ihn entdeckt?An der evangelischen theologischen Fakultät in Prag hat man nach der Wende Přemysl Pitters Werke studiert. Ich habe mich vierzehn Semester lang mit Pitter beschäftigt. In der Bibliothek las ich vor allem seine Schriften über Pädagogik und über die Arbeit mit Kindern.“
Sind seine schon vor mehreren Jahrzehnten entstanden Werke heute noch lesbar? Finden Sie seine Gedanken immer noch anregend?
„Ja schon, ich finde sie noch immer inspirierend. Ich lese Pitters Bücher im Zusammenhang mit den Texten von Mahatma Gandhi, Albert Schweitzer und Mutter Theresa. Das waren alles Menschen, die ihr Leben dem Humanismus gewidmet haben. Ich glaube, dass es derartig große Humanisten heutzutage nicht mehr gibt. Diese Persönlichkeiten sind zu Zeugen des Humanismus geworden und gehören in unseren christlichen Himmel. Auch wenn ich als Protestant nicht an Heilige glaube, würden sie dieses Attribut verdienen. Auch mehrere Jahre nach ihrem Tod sind sie für uns noch inspirierend.“Die Ausstellung über Přemysl Pitter ist in der Kirche St. Martin in der Mauer in der Prager Altstadt noch bis Mitte Januar zu sehen.