Forderung von Schwarzenberg stellt Kabinett Nečas vor neue Zerreißprobe

Karel Schwarzenberg

Die tschechische Regierung kommt nicht zur Ruhe. Kaum hatte sie am Mittwoch ihren Streit zur Kirchenrestitution begraben, da macht Außenminister und Top-09-Chef Karel Schwarzenberg schon das nächste Fass auf. Ein Fass, das für die Regierung tatsächlich zum Pulverfass werden könnte, denn Schwarzenberg stellte klar: Entweder schließt sich die Regierung Nečas bedingungslos der neuen Europäischen Haushalts- und Wirtschaftsunion an, oder aber seine Partei werde das Kabinett verlassen.

Karel Schwarzenberg
Die Regierung Nečas sucht nach wie vor nach einem klaren Profil. Von Anfang an erwies sich der kleinste Koalitionspartner, die Partei der öffentlichen Angelegenheiten (VV) als unsicherer Kantonist in dem Mitte-Rechts-Kabinett. Deshalb blieben Streitigkeiten nicht aus, die aber noch immer – wie zuletzt in der Frage der Kirchenrestitution – mit einem Machtwort des Premiers oder durch die konsequente Haltung der Konservativen beendet wurden. Die Konservativen, das sind die Demokratische Bürgerpartei (ODS) und die Partei Top 09 um Parteichef Schwarzenberg und Finanzminister Miroslav Kalousek. Beide bilden das Korsett für die liberale Finanz- und Wirtschaftspolitik des Staates, in der sie sich weitgehend einig sind. Nicht aber in der tschechischen Europapolitik, in der die Top-09er den Bürgerdemokaten nicht selten eine zu zögerliche Haltung vorwerfen. Das wurde besonders deutlich nach dem letzten EU-Gipfel im Dezember, bei dem auch ein verbindlicher Pakt der EU-Staaten für mehr Haushaltsdisziplin beschlossen wurde. Tschechien hatte dieser Lösung damals nicht zugestimmt. Premier Petr Nečas hatte dies unter anderem damit begründet, dass der endgültige Vertragstext noch nicht vorliege und der Vertrag vorerst nur allgemeine Rahmenbedingungen aufzeige. Diese abwartende Haltung aber wurde von Außenminister Schwarzenberg kritisiert:

„Die Tschechische Republik darf und kann sich nicht in Europa isolieren“, mahnte der 74-jährige Politiker schon im Dezember an.

Jetzt hat Schwarzenberg seiner Mahnung noch mehr Nachdruck verliehen und das Kabinett vor die Wahl gestellt: Entweder ein klares Bekenntnis zum Reformkurs der EU, oder die Partei Top 09 werde die Regierung verlassen, schreibt die Tageszeitung „Lidové noviny“ in ihrer Donnerstag-Ausgabe. In dem Blatt wird der Außenminister ebenso mit den Worten zitiert, dass er in keiner Regierung sitzen könne, die Tschechien weg vom Hauptstrom der europäischen Integration führe. Es sei das grundlegende Interesse des Landes, in Brüssel mit am Tisch zu sitzen und bei den wichtigen Entscheidungen mitzureden. Entscheidungen, die auch Tschechien stark beeinflussen werden, so Schwarzenberg.

Petr Nečas  (Foto: ČTK)
Laut „Lidové noviny“ habe das tschechische Kabinett nur noch wenig Zeit, um sich klar zu positionieren, schließlich habe Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy am Montag deutlich gemacht, dass der Vertrag zur Haushaltsunion bis Ende Januar zu unterzeichnen sei. Ministerpräsident Petr Nečas hat sich dazu noch nicht eindeutig geäußert. Gegenüber der „Lidové noviny“ aber sagte Nečas, dass es die Alternative gebe, den Vertrag nicht zu unterzeichnen, wenn die darin formulierten Bedingungen für Tschechien nicht annehmbar seien. Ein möglicher Kompromiss für ihn und die ODS wäre es, über den Vertrag zur Haushaltsunion ein Referendum durchzuführen, so der Premier. Für Schwarzenberg aber komme das nicht in Frage, schreibt das Blatt.

Václav Klaus  (Foto: ČT24)
Während Premier Nečas in den nächsten Tagen mehr denn je gefordert ist, zur künftigen EU-Politik Tschechiens eine endgültige Entscheidung zu treffen, hat Staatspräsident Václav Klaus seinen Standpunkt schon mehr als deutlich gemacht:

„Ich denke, es ist nicht nötig, sich dem in Gang gesetzten Trend auch anzuschließen. Denn dieser Trend ist nichts anderes, als das schlechte Projekt der europäischen Währungsunion mit allen Mitteln zu verteidigen.“

In einem Brief an Premier Nečas hat Klaus zudem bekanntgegeben, dass er den neuen EU-Vertrag zur Haushaltsunion auf keinen Fall unterschreiben werde. Man muss also kein Prophet sein, um zu behaupten, dass der politische Januar in Prag noch genügend Zündstoff bereithalten wird.