Forderung von Schwarzenberg stellt Kabinett Nečas vor neue Zerreißprobe
Die tschechische Regierung kommt nicht zur Ruhe. Kaum hatte sie am Mittwoch ihren Streit zur Kirchenrestitution begraben, da macht Außenminister und Top-09-Chef Karel Schwarzenberg schon das nächste Fass auf. Ein Fass, das für die Regierung tatsächlich zum Pulverfass werden könnte, denn Schwarzenberg stellte klar: Entweder schließt sich die Regierung Nečas bedingungslos der neuen Europäischen Haushalts- und Wirtschaftsunion an, oder aber seine Partei werde das Kabinett verlassen.
Jetzt hat Schwarzenberg seiner Mahnung noch mehr Nachdruck verliehen und das Kabinett vor die Wahl gestellt: Entweder ein klares Bekenntnis zum Reformkurs der EU, oder die Partei Top 09 werde die Regierung verlassen, schreibt die Tageszeitung „Lidové noviny“ in ihrer Donnerstag-Ausgabe. In dem Blatt wird der Außenminister ebenso mit den Worten zitiert, dass er in keiner Regierung sitzen könne, die Tschechien weg vom Hauptstrom der europäischen Integration führe. Es sei das grundlegende Interesse des Landes, in Brüssel mit am Tisch zu sitzen und bei den wichtigen Entscheidungen mitzureden. Entscheidungen, die auch Tschechien stark beeinflussen werden, so Schwarzenberg.
Laut „Lidové noviny“ habe das tschechische Kabinett nur noch wenig Zeit, um sich klar zu positionieren, schließlich habe Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy am Montag deutlich gemacht, dass der Vertrag zur Haushaltsunion bis Ende Januar zu unterzeichnen sei. Ministerpräsident Petr Nečas hat sich dazu noch nicht eindeutig geäußert. Gegenüber der „Lidové noviny“ aber sagte Nečas, dass es die Alternative gebe, den Vertrag nicht zu unterzeichnen, wenn die darin formulierten Bedingungen für Tschechien nicht annehmbar seien. Ein möglicher Kompromiss für ihn und die ODS wäre es, über den Vertrag zur Haushaltsunion ein Referendum durchzuführen, so der Premier. Für Schwarzenberg aber komme das nicht in Frage, schreibt das Blatt. Während Premier Nečas in den nächsten Tagen mehr denn je gefordert ist, zur künftigen EU-Politik Tschechiens eine endgültige Entscheidung zu treffen, hat Staatspräsident Václav Klaus seinen Standpunkt schon mehr als deutlich gemacht:„Ich denke, es ist nicht nötig, sich dem in Gang gesetzten Trend auch anzuschließen. Denn dieser Trend ist nichts anderes, als das schlechte Projekt der europäischen Währungsunion mit allen Mitteln zu verteidigen.“
In einem Brief an Premier Nečas hat Klaus zudem bekanntgegeben, dass er den neuen EU-Vertrag zur Haushaltsunion auf keinen Fall unterschreiben werde. Man muss also kein Prophet sein, um zu behaupten, dass der politische Januar in Prag noch genügend Zündstoff bereithalten wird.