Tennisspielerin Petra Kvitová ist "Sportler des Jahres" in Tschechien
Wenn man dieser Tage die Sportseiten der tschechischen Tagespresse aufschlägt, dann gelten in den Rückblicken auf das Jahr 2011 wiederholt einer Person die großen Schlagzeilen: Petra Kvitová. Der Grund dafür liegt auf der Hand: In diesem Jahr ging der Stern der 21-jährigen Tennisspielerin aus dem mährischen Fulnek auf; sie wurde Wimbledon-Siegerin, gewann fünf weitere WTA-Turniere und kletterte in der Weltrangliste bis auf Platz zwei empor. Diese Erfolgsbilanz nebst ihrer persönlichen Ausstrahlung brachten ihr vor kurzem noch einen weiteren bedeutenden Titel ein: Sie wurde zum tschechischen Sportler des Jahres gewählt.
Wie erwartet bekam am Ende des Gala-Abends Petra Kvitová die Krone überreicht. In der langen Geschichte der Sportlerwahl, in der beide Geschlechter in einer gemeinsamen Wertung stehen, ist sie damit erst die zehnte Frau, die hierzulande zum Sportler des Jahres ausgerufen wurde. Gleichzeitig aber setzte Kvitová die nun schon sechsjährige Dominanz der Frauen fort, für die sie aber auch eine scheinbar simple Erklärung hat:
„Ich denke, dass die Konkurrenz im Sport überall ziemlich groß ist, aber in den Männersportarten ist sie eigentlich noch größer.“
Und dennoch, Petra Kvitová weiß selbst am besten, dass auch ihr in diesem Jahr nichts geschenkt wurde:„Das war ein sehr schwerer Weg, der jede Menge Anstrengungen erfordert hat.“
Jetzt aber darf die amtierende Wimbledon-Titelträgerin und Gewinnerin des WTA-Masters für ihre Anstrengungen und Erfolge auch die verdienten Lorbeeren einheimsen. Dabei macht die im schlesischen Bílovec / Wagstadt geborene Kvitová auch bei den zahlreichen Empfängen eine immer bessere Figur:
„Nun, ich denke, dass ich mich schon daran gewöhnt habe, denn ich habe schon einige dieser gesellschaftlichen Auftritte hinter mir. Ich hoffe nur, dass kein peinlicher darunter war.“Das ganz bestimmt nicht, zumal Petra Kvitová aus ihrer eigentlichen Domäne, dem Tennisspiel, jetzt auch ein ganz anderes Selbstwertgefühl mitbringt:
„Auf dem Court habe ich, unter anderem, größeres Selbstvertrauen gewonnen. Ich glaube jetzt daran, dass ich wirklich gutes Tennis spielen kann.“
Ihr neues Selbstbewusstsein hat sich in diesem Jahr besonders dann gezeigt, wenn die 21-Jährige nach eigenen Unkonzentriertheiten oder einer starken Phase ihrer Gegnerin plötzlich arg im Hintertreffen lag. Dann hat sie sich nicht selten nochmals in die Partie zurückgekämpft und scheinbar aussichtslose Spiele noch zu ihren Gunsten gedreht. Ist das eine Eigenschaft, die man erlernen kann?„Wenn ich ehrlich bin, dann muss ich sagen: Dafür kenne ich kein Rezept. Damit muss man geboren werden. Vermutlich habe ich das von den Genen meiner Eltern mitbekommen, das ist ein großes Geschenk von ihnen. Aber natürlich muss man bei sich an allem hart arbeiten, und ich versuche mich auch in allen Bereichen des Tennisspiels zu verbessern.“
Petra Kvitová wurde nach ihren großartigen Erfolgen in diesem Jahr zur weltbesten Tennisspielerin, zum besten Sportler Tschechiens und zur sechstbesten Sportlerpersönlichkeit in Europa gewählt. Und dann behauptet sie, sich noch in allen Bereichen verbessern zu müssen? Auf Nachfrage bei ihrem Interviewtermin im Tschechischen Rundfunk bekräftigt sie aber nochmals, dass es ihr mit dieser Aussage tatsächlich ernst ist:„Ich habe das Glück, dass ich mich wirklich in allem noch verbessern kann. Sei es bei den Schlägen, bei der Kondition, im psychischen oder im taktischen Bereich. Auch wenn es manchmal nicht so aussieht, ich habe noch Reserven, die auch von meinem Trainer gesehen werden. Sie zu erschließen, wird sehr lohnenswert sein.“
Nicht zuletzt dank dieser Einstellung ist auch ihr Trainer David Kotyza höchst zufrieden, mit einer ehrgeizigen Spielerin wie Petra Kvitová zusammenarbeiten zu dürfen. Aber der Coach schätzt noch eine andere Eigenschaft an seinem Schützling:„Viele Leute sind auch deshalb Petras Fans und jubeln ihr zu, weil sie nicht auftritt wie ein hochnäsiger Star. Und das, obwohl sie nicht selten wie eine Meisterin aufspielt.“
Zum ganz großen Glück fehlt Petra Kvitová jetzt eigentlich nur noch eines: Sie kann und will die noch knapp vor ihr liegende Dänin Caroline Wozniacki schon bald als Nummer eins der Weltrangliste ablösen. Auf der anderen Seite ist das nicht Petra Kvitovás vorrangiges Ziel, zumal die junge Sportlerin auch weiß, dass es oft noch schwerer ist, seine Erfolge zu wiederholen als sie erstmals zu erringen. Dennoch geht sie sehr entspannt in die schon im Januar beginnende neue Tennissaison:„Die wird bestimmt schwer werden, aber jede Saison ist auf ihre Weise schwer. Ich werde natürlich versuchen, so oft wie möglich zu gewinnen, doch da ich diesmal gleich einige Titel zu verteidigen habe, wird es sicher schwerer. Ich bin aber darauf vorbereitet, dass es im neuen Jahr nicht unbedingt so gut laufen muss wie in diesem Jahr. Ich werde vor allem dann zufrieden sein, wenn ich gesund bleibe und mich mit meinem Tennis weiter entwickeln werde.“
Das wünschen ihr auch ihre zahlreichen Anhänger in der Heimat. Und sie drücken ganz fest die Daumen, dass Petra Kvitová gleich zu Beginn des neuen Jahres die zwei großen Herausforderungen besteht, die in den ersten fünf Wochen von 2012 auf sie warten: die Australian Open, die vom 16. bis 29. Januar in Melbourne ausgetragen werden, und das Auftaktduell im Fed Cup, bei dem die tschechischen Spielerinnen am 4. und 5. Februar in Stuttgart auf das ambitionierte Damenteam aus Deutschland treffen. In Melbourne will Kvitová zumindest eine Runde weiter kommen als in diesem Jahr, in dem sie im Viertelfinale scheiterte, und beim mit Spannung erwarteten Match in Stuttgart absolvieren Kvitová und Co. bereits einen entscheidenden Schritt auf dem Weg zur möglichen Titelverteidigung.