Tausende Tschechen unterzeichnen „Aufruf zur Verteidigung der Bücher“
Die Regierung hat beschlossen, den Mehrwertsteuersatz zu vereinheitlichen. In Praxis bedeutet das, dass die Mehrwertsteuer bei vielen Produkten von 10 auf 20 Prozent steigt. Mit den Mehreinnahmen sollen die Renten finanziert werden. Teuerer würden unter anderem der öffentliche Nahverkehr und Kulturveranstaltungen, aber auch Bücher. Und gerade dagegen wenden sich tschechische Verleger und Buchhändler mit einer Unterschriftensammlung. Kulturminister Jiří Besser hält den höheren Steuersatz ebenso für unglücklich und will seine Kabinettskollegen von einer Ausnahme für Bücher überzeugen.
Vladimír Pistorius stützt seine Behauptung auf Erfahrungswerte. Vor drei Jahren wurde die Mehrwertsteuer auf Bücher bereits einmal erhöht:
„Wir können dies mit einer vergleichbaren Lage dokumentieren: Seitdem die Steuer vor drei Jahren von 5 Prozent auf zunächst 9 und später 10 Prozent stieg, ist die Produktion tschechischer Bücher um 1500 Titel jährlich gesunken.“Der Ausgangswert lag damals bei 18.000 Titeln, die jährlich erschienen sind. Seitdem gab es vor allem einen Schwund bei Fach- und Lehrbüchern, meint Pistorius.
Die Buchhändler bezeichnen die geplante Steuererhebung als die drittgrößte Katastrophe für Bücher in der modernen tschechischen Geschichte. Die erste sei Verstaatlichung des Buchhandels nach dem Februar 1948 gewesen und die zweite die Einführung der Zensur und das Veröffentlichungsverbot für viele Autoren in den 70er Jahren. In ihrem Aufruf fordern sie, den freien Fluss der Informationen und den Austausch der Gedanken nicht zu verhindern. Vladimír Pistorius:
„Ich bin natürlich der Meinung, dass neue Gedanken nicht versteuert werden sollen. Dies ist eine Idee, die vor 150 Jahren in Großbritannien entstanden ist. Damals wurde dort durchgesetzt, dass Bücher ebenso wie Zeitschriften und Zeitungen nicht versteuert werden. Ich bin überzeugt, dass der Zugang zu Kulturgütern und Gedanken für die Gesellschaft außerordentlich wichtig ist, und dass diese Idee wirklich gelten sollte.“In den meisten Ländern Europas wird auf Bücher nur ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz erhoben, in Großbritannien, Irland und Norwegen werden Bücher sogar überhaupt nicht besteuert.