Citron – tschechische Hardrock-Legende und Vorgruppe von Helloween

Citron (Foto: www.citron-group.cz)

Hardrock oder Heavy Metal – das war vor der Wende nicht gerade die Musik, mit der man bei den kommunistischen Machthabern einen Stein im Brett hatte. Wohl aber bei vielen Musikfans. Diese Erfahrung haben auch Citron gemacht. Die Band spielt seit den 80er Jahren fast in derselben Besetzung zusammen und war noch vor dem Fall des Eisernen Vorhangs sogar auf Tournee in Westdeutschland. Frontmann Radim Pařízek erinnert sich bis heute noch gerne an die Auftritte dort. Im Dezember nun ist die tschechische Hardrock-Legende zudem Vorband von Helloween aus Hamburg – Zeit für ein kleines musikalisches Porträt.

Citron
Nicht aus Prag kommen Citron, sondern aus der Stahlstadt Ostrau / Ostrava – ein Ort, der passend ist für harte Musik. Doch bei ihren Anfängen ab Mitte der 70er Jahre spielte die Band erstmal Bluesrock. Als der Schlagzeuger und heutige Bandleader Radim Pařízek zu Citron stößt, beginnt er vorsichtig einen härteren Musikstil durchzusetzen:

„Mit dem Bigbít (tschechische Rockmusik, Anm. d. Red.) und dem Heavy Metal war das in der Tschechoslowakei der 80er Jahre ziemlich schwierig. Das Regime hielt Rockmusik für etwas, das dem Sozialismus und Kommunismus die Beine brechen könnte. Deswegen wurde mit Argusaugen darüber gewacht. Wir sind nur sehr langsam und unter ständigen Auftrittsverboten in vielen Bezirken der Tschechoslowakei bei den Fans bekannt geworden. Als die Fans aber da waren, sind wir schnell nach oben gekommen, denn die Leute waren ausgehungert nach dieser Musik. Und wir haben sehr schnell die Lücke gefüllt, die es hier gab“, so Pařízek.

Citron
Schon in den 80er Jahren nimmt Citron sogar englischsprachige Versionen der Alben auf, wie zum Beispiel von ´Radegast´. Aber nicht nur das: 1986 geht die Band sogar auf Tournee durch Westdeutschland, mitten während des Kalten Krieges und trotz des Eisernen Vorhangs. Möglich macht dies der tschechischstämmige Tontechniker Jan Němec, der im Exil in Hannover lebte:

„Er war und ist ein außergewöhnlicher Mensch. Er hat unter anderem mit den Scorpions und der Michael Schenker Group zusammengearbeitet. Und weil ihm unsere Sachen gefallen haben, hat er uns zu einer Tournee durch Deutschland eingeladen. Während der Zeit des Sozialismus hat sich damit für uns plötzlich die große, weite Welt aufgetan. Wir hatten etwa acht Auftritte in mehreren Clubs in Deutschland. Die Auftritte hatten guten Erfolg, die Clubs waren meist voll. Für uns war es eine große Ehre, uns damals im Westen zu zeigen.“

Citron
Aber auch in der Heimat wehte Ende der 80er dann in der Musik ein neuer Wind: Bands, die zuvor regelmäßig Schwierigkeiten mit den kommunistischen Funktionären hatten, werden geduldet. Citron füllen sogar große Sporthallen und laden nun wiederum Bands aus Deutschland in die Tschechoslowakei ein. Es ist die große Zeit des Hardrock in der Tschechoslowakei, die bis in die 90er reicht. Viele Bands brechen indes nach der Wende auseinander, Citron allerdings nicht. Im vergangenen Jahr hat das Quintett sogar ein neues Album herausgegeben, Bigbeatový panbůh oder ins Englische übersetzt „Gods of Rock“.

Citron:„Sexbomben“
„Wir sind als Band schon ziemlich lang zusammen, im Prinzip seit 1982, was ein bisschen seltsam ist. Trotz gewisser Streitereien und Meinungsverschiedenheiten haben wir es miteinander ausgehalten. Unsere Musik hat sich erstaunlicherweise nicht gewandelt, wir sind beim Hardrock geblieben. Zwar landen wir häufig auch in der Schublade Heavy Metal, aber im Grunde ist es, finde ich, Hardrock.“

Am 19. Dezember spielt Citron in der Incheba Arena auf dem Prager Ausstellungsgelände – im Begleitprogramm von Helloween. Die deutsche Band war früher sogar auch Vorbild, sagt Frontman Pařízek. Und außerdem gibt es noch eine weitere Reminiszenz:

Citron
„Bei unserem Konzert in Prag als Vorband von Helloween darf auf keinen Fall der Song ´Rock, Rock, Rock´ fehlen. Das war für mich der Hit unserer Deutschland-Tournee von 1986. Ich erinnere mich sogar, dass die deutschen Radios den Song sehr gerne gespielt haben. Wenn wir von einem zum anderen Auftritt fuhren oder aus den Clubs kamen, habe ich ihn mehrfach in deutschen Radios gehört, was mich verwundert hat. Das hat mir das gute Gefühl gegeben, dass auch wir Tschechen etwas machen können, was den deutschen Rockfans und überhaupt auch vielen Leuten dort gefällt.“

Fotos: www.citron-group.cz

Autor: Till Janzer
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