Präsident Klaus im Abgeordnetenhaus: „Wir dürfen keine Zeit verlieren“

Václav Klaus (Foto: ČTK)

Es war ein seltenes Ereignis und es gab dabei auch ein kleines Jubiläum. Zum zehnten Mal in der Geschichte der Tschechischen Republik hielt der Staatspräsident eine Rede im Abgeordnetenhaus. Während Václav Havel in seiner Amtszeit insgesamt acht Mal in der unteren Parlamentskammer zu Besuch war, sprach das derzeitige Staatsoberhaupt Václav Klaus am Dienstagvormittag erst zum zweiten Mal zu den Abgeordneten.

Václav Klaus  (Foto: ČTK)
Das erste und bisher einzige Mal hielt Klaus im Oktober 2003 eine Rede vor dem Abgeordnetenhaus. Damals regierten noch die Sozialdemokraten. Heute ist in Tschechien eine Mitte-Rechts-Koalitionsregierung an der Macht, die dem Konservativen Klaus eher genehm sein dürfte. Und Klaus machte sogleich positive Entwicklungen aus, die ihre Ursachen allerdings mehr in der jüngeren Vergangenheit haben. Nach den Abgeordnetenhauswahlen im Mai hätte eine Regierungskoalition zum ersten Mal in der Geschichte des Landes eine bequeme Mehrheit. Diese ermögliche ein ruhigeres Regieren und bringe endlich Stabilität. Bereits jetzt sei dies an der Art der Kommunikation unter den Abgeordneten zu spüren: vulgäre, unsachliche Angriffe hätten abgenommen. Scharfe Kritik übte Klaus hingegen an der Entscheidung des Verfassungsgerichts, die vorgezogene Neuwahlen im Herbst verhindert hatte. Diese Entscheidung sei politisch motiviert gewesen. Derartige Eingriffe dürfe sich das Abgeordnetenhaus in Zukunft nicht mehr bieten lassen, so Klaus:

Václav Klaus im Abgeordnetenhaus  (Foto: ČTK)
„Deshalb sollte sich dieses Abgeordnetenhaus mit einer Neudefinierung der Stellung des Verfassungsgerichtes befassen. Und zwar so, dass es nicht mehr als eine Art dritte – und oft entscheidende und von niemandem mehr zu kontrollierende – Parlamentskammer fungiert.“

Der als Euroskeptiker geltende Klaus nutzte seine Rede ebenso dazu, eine angebliche Bevormundung aus Brüssel zu geißeln - besonders dann, wenn die EU in die Souveränität des Landes eingreife und den Interessen der tschechischen Bürger schade:

„Ich wäre froh, wenn sich das Abgeordnetenhaus auch in diesen Dingen wesentlich selbstbewusster verhalten würde. Das wäre sicher zum Wohle dieses Landes.“

Václav Klaus  (Foto: ČTK)
Beim innenpolitischen Topthema der noch jungen Legislaturperiode, der Konsolidierung der öffentlichen Finanzen, redete Klaus den Abgeordneten ins Gewissen. Ein Satz aus seiner Rede an gleicher Stelle vor sieben Jahren habe noch nichts von seiner Gültigkeit eingebüßt. Klaus zitierte sich selbst:

„Sagen wir es ganz klar: Die Reform der öffentlichen Finanzen, die eigentlich eine Reform der Beziehungen zwischen dem Staat und den Bürgern ist, bleibt die grundlegende Angelegenheit der unmittelbaren Zukunft. Es ist traurig jetzt – nach sieben Jahren – zu konstatieren, dass die Politiker die so nötige Reform während dieser ganzen Zeit schuldig geblieben sind.“

Václav Klaus im Abgeordnetenhaus  (Foto: ČTK)
Für alle anstehenden Aufgaben wünschte der Präsident den Abgeordneten Mut und Kraft. Gleichzeitig bot er bei der Umgestaltung des Landes seine enge Zusammenarbeit an. Klaus’ zweite und letzte Amtszeit endet in etwa zweieinhalb Jahren. Doch nicht nur deshalb sei Eile geboten. Die Politik müsse das Vertrauen der Bürger zurückgewinnen:

„Wir dürfen keine Zeit verlieren. Wir dürfen nicht, wie in der Vergangenheit geschehen, unvermeidbare Reformen und grundlegende Entscheidungen verschieben. Die Bürger und Wähler würden uns das nicht vergeben.“