Streit um Rolle von Ex-Präsident Klaus vor 1989 entzweit Tschechien

Václav Klaus (Foto: ČTK)

Der ehemalige tschechische Staatspräsident Václav Klaus ist in den Vereinigten Staaten für seinen Kampf gegen den Kommunismus geehrt worden. Weil ehemalige Dissidenten dagegen protestieren, ist in Tschechien eine heiße Debatte entbrannt.

Václav Klaus  (Foto: ČTK)
Die Debatte bietet deutlich mehr Spannung als der Wahlkampf in Tschechien. Es geht um die Frage, was alles zum Widerstand gegen ein Regime gehört. Ausgangspunkt war die Verleihung der Truman-Reagan-Freiheitsmedaille an Václav Klaus in der vergangenen Woche. Diese Auszeichnung wird von einer konservativen amerikanischen Stiftung vergeben, sie ging zum Beispiel schon an den früheren Solidarnosc-Vorsitzende Lech Walesa und Papst Johannes Paul II. Der tschechische Ex-Präsident Klaus erhielt sie wegen seines „lebenslangen Eintretens“ gegen den Kommunismus und für die Prinzipien von Freiheit und freiem Markt.

Hana Marvanová  (Foto: Noemi Holeková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
In Tschechien haben frühere Dissidenten empört reagiert. Sie werfen Klaus vor, sich erst nach der Samtenen Revolution von 1989 gegen den Kommunismus ausgesprochen zu haben. Dazu die ehemalige Oppositionelle und heutige Juristin Hana Marvanová:

„Václav Klaus gehörte dem grauen Teil der Gesellschaft an, der nicht in der Kommunistischen Partei war, aber in normalen Berufen gearbeitet hat. Wie er auch selbst sagt, war er bei der staatlichen Tschechoslowakischen Bank beschäftigt, und dort wohl nicht in untergeordneter Funktion. Er gehörte sicher nicht zu den Gegnern des Regimes.“

Marvanová hat nun eine Initiative ins Leben gerufen. Sie und ihre Mitstreiter wie zum Beispiel der Philosoph Václav Němec haben die amerikanische Stiftung aufgefordert, Klaus die Medaille wieder abzuerkennen. Das wiederum hat den 72-jährigen Ex-Präsidenten aufgebracht:

Charta 77
„Das sind irgendwelche Dissidenten, die schon seit 24 Jahren verbreiten, dass sie einige Zeit im Gefängnis verbracht haben. Ich will das nicht kleinreden, und spreche ihnen in keinem Fall ihren Mut ab. Doch bei der Auszeichnung geht es um den Kampf gegen den Kommunismus im breiteren Sinn, dafür habe ich den Preis erhalten.“

In einer Replik aus zehn Punkten schreibt Klaus unter anderem, er sei nach der Niederschlagung des Prager Frühlings im Jahr 1968 von der Akademie der Wissenschaften geworfen worden und habe später dann Wirtschaftsseminare veranstaltet, die 1986 verboten wurden. Die Charta 77 als wichtigstes Dokument der Opposition habe er aber aus persönlichen Gründen nicht unterschreiben wollen. Klaus wirft zudem den Dissidenten vor, sie hätten damals einfach nicht in untergeordneten Anstellungen arbeiten wollen und seien deswegen Nachtwächter oder Heizer geworden.

František Stárek  (Foto: Silvie Ulrichová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Dem widersprechen aber frühere Oppositionelle. František Stárek war Geophysiker in einem Staatsbetrieb, bevor er Berufsverbot erhielt:

„Die Arbeit als Heizer war die letzte Beschäftigung, die ich noch machen durfte. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich mich nach meiner Unterschrift unter die Charta 77 noch auf andere Arbeitsstellen bewerben konnte. Ich war nur Hilfsarbeiter bei der Landvermessung, habe als Reinigungskraft in einer Bibliothek gearbeitet und später dann eben als Heizer.“

Hana Marvanová und ihre Mitstreiter halten Václav Klaus besonders vor, er habe für seine antikommunistische Gesinnung niemals den Verlust seines Jobs riskiert – und er sei niemals für inhaftierte Regime-Gegner eingetreten.