ČEZ-Stromsheriffs sorgen weiter für Aufregung – Innenminister Pecina im Interview

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Die umstrittene Inkasso-Abteilung des mehrheitlich staatlichen Stromkonzerns ČEZ soll mit fragwürdigen Methoden Jagd auf Stromdiebe und Schuldner gemacht haben. Dies belegen den Medien zugespielte Videoaufnahmen. Radio Prag hat bereits darüber berichtet. Wir fassen weitere Reaktionen darauf zusammen und haben auch Innenminister Martin Pecina zu der Causa befragt.

Martin Roman  (Foto: ČTK)
Am Mittwoch nahm der Vorstandsvorsitzende des Energiekonzerns ČEZ, Martin Roman, zu den Vorwürfen gegen die Inkasso-Sonderabteilung NTZ Stellung. Roman gestand ein, dass in der Vergangenheit nicht alles optimal gelaufen sei bei den Einsätzen der „Strom-Sheriffs“.

„Wer nichts anfasst, der kann nichts verderben. Aber Strom wird hierzulande in großem Stil geklaut; die Stromdiebe sind in bewaffneten Gangs organisiert, die vor nichts zurückschrecken und äußerst gewaltbereit sind.“

Daher sei es notwendig, die Spezialeinheit NTZ auch entsprechend auszubilden. Im Interesse aller ehrlichen Kunden werde man die Jagd auf Stromdiebe weiter fortsetzen, so Roman. Der ČEZ-Chef versicherte aber, dabei inzwischen verstärkt mit der Polizei zusammenarbeiten. Auch die umstrittenen schwarzen Uniformen, die jenen der Polizei zum Verwechseln ähnlich sahen, seien mittlerweile durch eine graue Dienstkleidung mit dem ČEZ-Logo ersetzt worden. Und die umstrittenen Trainingseinheiten fänden derzeit nicht statt.

František Bublan
Eine sofortige Auflösung der Spezialeinheit NTZ fordert indes der sicherheitspolitische Sprecher der Sozialdemokraten, Ex-Innenminister František Bublan:

„Wir akzeptieren nicht, dass die persönlichen Rechte der Bürger missachtet werden. Es gibt auch Anzeichen für massive Drohungen und sogar Gewaltanwendung.“

Innenminister Martin Pecina sagte im Gespräch mit Radio Prag zur Causa ČEZ zunächst:

„Davon, wovon Sie sprechen, weiß ich nichts.“

Mit einer kurzen Nachfrage war das Missverständnis dann aber rasch aufgeklärt:

Innenminister Martin Pecina
„Wenn Sie mich nach der Jagd auf Stromdiebe fragen, dann sage ich Ihnen, dass irgendjemand gegen diese notorischen Schuldner vorgehen muss. Die Frage ist, ob dies der Elektro-Konzern sein muss oder eher der Staat. Aber wir sind nicht in der Ukraine, wo sich einfach jeder an das Stromnetz anschließt, ohne dafür zu zahlen. Das können wir nicht zulassen. Die angebliche Kompetenzüberschreitung der ČEZ-Leute wird bereits von der Polizei untersucht und in Kürze gibt es dazu ein Gerichtsverfahren.“

Hält der Innenminister die harten Trainingsmethoden der Strom-Detektive für gerechtfertigt? Ist es in Ordnung, dass auch Schieß- und Kampftrainingseinheiten abgehalten wurden?

„Nein, nein. Es wird nicht geschossen und trainiert. Was wir auf den Videos gesehen haben, ist eine Gruppe Jungs beim ‚Teambuilding’. Auf den Schießplatz können auch Sie gehen, Herr Redakteur. Daran ist nichts Besonderes. Sollte sich aber herausstellen, dass diese Männer bewaffnet zu den Leuten gegangen sind, die ihre Stromrechnung nicht bezahlt haben, ist das ganz etwas anderes“, so Innenminister Martin Pecina im Radio-Prag-Interview.

Inzwischen hat sich der Verdacht erhärtet, dass in zumindest einem Fall der Leiter der ČEZ-Spezialeinheit NTZ im Dienst seine private Pistole getragen haben soll, für die er einen Waffenschein besitzt. Karel Vaníš wurde am Donnerstagabend von ČEZ-Chef Martin Roman bis auf Weiteres von seinem Posten suspendiert und in den Innendienst versetzt. Roman versprach volle Aufklärung und hat dazu auch die Polizei um Unterstützung gebeten.

Gegenüber dem Internet-Nachrichtendienst "Aktuálně.cz" sprach ein Betroffener, der selbst zugibt, drei Monate lang illegal Strom abgezapft zu haben, von massiven Drohungen und existenzbedrohenden Schadenersatz-Forderungen seitens der ČEZ-Sonderabteilung NTZ. Einer der ČEZ-Mitarbeiter soll bei dem Einsatz mit einem Kampfmesser hantiert haben, außerdem hätten sich die Angestellten des Stromkonzerns des Hausfriedensbruchs schuldig gemacht. Ein ČEZ-Sprecher sagte auch in diesem Fall volle Aufklärung zu.