Rekordzahl von tschechischen Aktiven nimmt an Rallye Dakar teil

Das Jahr 2009 ist noch nicht zu Ende, aber das kommende Jahr wartet bereits mit neuen sportlichen Highlights auf. 2010 beginnt mit einer Veranstaltung, die als die härteste Etappenprüfung im Motorsport gilt: die Rallye Dakar. Sie startet gleich am Neujahrstag, zum zweiten Mal in Folge im argentinischen Buenos Aires. Unter den Teilnehmern der 32. Rallye Dakar werden auch tschechische Motorsportler sein, und zwar so viele wie nie zuvor.

Wenn am Neujahrstag der Startschuss fällt, dann liegen über 9000 Kilometer, verteilt auf 15 Etappen, vor den Rallyepiloten. Eine lange und harte Strecke, auf der auch drei Teams bestehen wollen, die hauptsächlich mit tschechischen Aktiven besetzt sind. Die Rede ist vom Letka Racing Team, vom Loprais Tatra Team und vom Czech Dakar Team. Das letztgenannte ist das größte und jüngste zugleich, denn es wurde erst im Mai dieses Jahres gegründet. Das Czech Dakar Team setzt sich aus 36 Mitgliedern zusammen, die alle drei Fahrzeug-Kategorien der Rallye abdecken: die Konkurrenz der Motorräder, der Pkw und der Lkw. Weshalb es zu dem Zusammenschluss kam, erklärt Lkw-Pilot Marek Spáčil:

„Der Hauptgrund für die Bildung des Teams war und ist die Möglichkeit, sich gegenseitig zu helfen. Wir wollen uns als Tschechen helfen. Das vergangene Jahr hat gezeigt, dass das zwischen den Teams nicht 100-prozentig funktioniert hat.“

Dass Hilfsbereitschaft und Kameradschaft bei diesem von Prestige geprägten Rennen schon ziemlich auf der Strecke geblieben sind, bestätigt auch Motorradfahrer Martin Macek, der seine dritte Rallye Dakar in Angriff nimmt:

„Ich habe zuerst gedacht, das ist ein von Fairness und Kameradschaft geprägtes Rennen frei nach dem Motto: ´Hilfst du mir, dann helfe ich dir.´ Bei dieser Rallye wird jedoch leider vor allem um Geld gefahren, und das ist schlecht. Zum zweiten sind die meisten Teilnehmer an die Verträge mit ihren Partnern gebunden, so dass jeder nur noch auf das Ergebnis schaut. Wenn der Konkurrent dann nach einem Unfall nicht gerade mit heraushängender Zunge in seinem Blut liegt, dann wird ihm auch nicht geholfen.“

Trotz dieser scheinbar rauen Sitten sind die tschechischen Rallye-Dakar-Teilnehmer Feuer und Flamme für das schwere Geländerennen, das einschlägig auch als die „letzte große Abenteuer-Aktion unserer Zeit“ bezeichnet wird. Und die will auch der Bauunternehmer Marek Spáčil nicht missen:

„Wenn ich nicht für die Firma arbeite, dann widme ich mich den Vorbereitungen auf die Rallye. Und wenn ich nicht mit der Rallye beschäftigt bin, dann arbeite ich für die Firma.“

Die wenige Freizeit, die Spáčil als Inhaber und Geschäftsführer einer Baufirma in Olomouc / Olmütz hat, steckt er in die Weiterentwicklung seines Rennfahrzeugs sowie in die organisatorischen und finanziellen Vorbereitungen auf das jährliche Sportevent. Dabei wissen Spáčil, sein Lkw-Co-Pilot Radomír Smolka und der Navigator Miloslav Janácek nur allzu gut, dass sie gegenüber den Vollprofis stets im Nachteil sind:

„Wir sind weder finanziell noch von der Zeit her in der Lage, uns dem Rallyesport zu 100 Prozent zu widmen. Wenn ich das mit anderen Konkurrenten vergleiche dann würde ich sagen: Unsere Vorbereitung auf das Rennen liegt bei 50 Prozent. Und mit dieser Ausgangsposition messen wir uns dann mit den absoluten Profiteams, für die die Rallye ihr Beruf ist und um die sich das ganze Jahr über 50 Leute kümmern.“

Diesen offensichtlichen Nachteil wollen die Rennfahrer und Mechaniker aus Tschechien jedoch mit einer landestypischen Eigenschaft ausgleichen, so Spáčil:

„Das ist ganz sicher die Geschicklichkeit der Tschechen. Wir haben uns stets durchgesetzt und ich bin überzeugt, dass wir uns trotz des Handicaps auch diesmal gut in Szene setzen werden.“

Seinen Optimismus begründet Spáčil unter anderem damit, dass er und seine Mitstreiter schon im Vorfeld der Rallye ganze Arbeit geleistet haben. Nach den Erfahrungen der zurückliegenden fünf Jahre haben sie nämlich in Eigenregie zwei neue Rennfahrzeuge zusammengebaut, von deren Leistungspotenzial sie absolut überzeugt sind:

„Wir sind unseren eigenen Weg gegangen, und dank dieser Einstellung ist es uns gelungen, den bisher leichtesten Lkw Tatra zu entwickeln, der je bei einem Rennen gestartet ist. Ich hoffe, dass sich unsere Konstruktionsweise vor allem bei den Sandetappen als Vorteil herausstellen wird. Dazu gehört auch die Federung, die wir meiner Meinung nach perfekt auf das Fahrzeug abgestimmt haben. Wenn unser Auto durchhält, dann denke ich, werden wir auch an der Spitze der Lkw-Konkurrenz mitfahren können“,

sagt Spáčil. Und was ist der größte Vorteil, den der rennspezifische Tatra 4x4 für die harte Fahrt im Gelände hat?

„Das ist auf jeden Fall das Fahrgestell, denn konzeptionell ist der Tatra ein geniales Auto für das Fahren im rauen Terrain. Er ist einfach prädestiniert dafür.“

Und das haben die Tatra-Lastwagen auch in der Vergangenheit mehrfach bewiesen: Mit sechs Gesamtsiegen ist Karel Loprais dabei bis heute der erfolgreichste Lkw-Pilot der Rallye Dakar. Für das Rennen selbst können die Autofahrer auch auf personelle Unterstützung bauen. Die Motorradfahrer hingegen sind völlig auf sich allein gestellt, betont Martin Macek:

„Die Jungs in den Autos haben einen Navigator, die Lkw-Besatzungen haben zudem einen Co-Piloten. Sie können sich also beraten und gegenseitig helfen. Wir auf unseren Zweirädern müssen hingegen alles selbst erledigen: Wir müssen uns kartografisch auf die jeweilige Etappe vorbereiten, wir müssen alle Codes eingeben und lernen, mit dem GPS umzugehen, um auch die Wegpunkte zu finden. Das ist schrecklich viel Arbeit, doch diese Vorarbeit macht 50 Prozent des Erfolges aus.“

Die Motorradfahrer müssen ebenso ganz allein mit den möglichen Natur- und Wetterunbilden fertig werden, ergänzt Macek:

„Wir müssen uns so anziehen, dass wir gegen alles gefeit sind: gegen Sonne, Regen oder auch einen Sandsturm. Die Kombi, die wir anhaben, sind alles, was uns schützt. Bei Hitze können die Autofahrer die Jacke ausziehen, wir nicht.“

Martin Macek hat jedoch genügend Erfahrungen, um sich darauf einzustellen. Bei der bevorstehenden Rallye Dakar will er sich dann auch verbessern:

„Im vergangenen Jahr war ich Achtzehnter im Endklassement. Diesmal habe ich die Startnummer 15. Dafür bin ich sehr dankbar, denn die 15 ist meine Glückszahl. Daher hoffe ich, auch unter den Top 15 zu landen.“

Ihr Ziel etwas höher gesteckt hat sich dagegen die Lkw-Besatzung um Marek Spáčil:

„Ich möchte zeigen, dass unser Auto durchaus mit der Spitze mithalten kann. Wenn wir gut dabei sind und von größeren Pannen verschont bleiben, wäre ich mit einer Platzierung unter den Top 10 sehr zufrieden.“

Doch egal auf welchen Plätzen die tschechischen Rallye-Dakar-Teilnehmer letztlich einfahren, manch bitterer Erfahrung der Vergangenheit zum Trotz sei es das Wichtigste, gesund und heil im Ziel anzukommen, sagt Spáčil. Und dafür wünschen auch wir Hals- und Beinbruch!

Autor: Lothar Martin
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