Jazz, Bach für Puristen und Heimatklänge: "Saiten des Herbstes"
Musiker, die ungeordnet auf ihren Stühlen auf dem Podium sitzen, und auch noch ab und zu die Musikinstrumente wechseln, herumgehen, Ball spielen und schließlich auch Tee kochen. Dies konnte man nun in der tschechischen Premiere des Stücks „Schwarz auf Weiß“ von Heiner Goebbels in Prag erleben - 13 Jahre nach der Entstehung des Werks. Das Musiktheater für Orchester ist nicht die einzige Premiere, die auf dem Programm des Musikfestivals „Struny podzimu“ (Saiten des Herbstes) steht. Martina Schneibergová hat mit dem künstlerischen Leiter des Festivals, Marek Vrabec, gesprochen.
Unter dem Motto „Jazz, Klassik, Tradition, Experiment“ bringen Sie als Veranstalter jedes Jahr ausländische Stars verschiedener Genres nach Prag, die bisher in Tschechien nicht aufgetreten sind. Zudem initiieren Sie im Rahmen des Festivals neue Projekte und führen Premieren auf. Welches der Konzerte würden Sie als einen Höhepunkt des Festivals bezeichnen?
„Ich würde die hervorragende Jazzsängerin Cassandra Wilson hervorheben, die noch nie in Prag gesungen hat. Es hat einige Jahre lang gedauert, sie für ein Konzert in Prag zu gewinnen. Ebenfalls zum ersten Mal spielt der italienische Pianist und Komponist Ludovico Einaudi in Prag. Er füllt die renommiertesten Konzertsäle der Welt und tritt hier beim Abschlusskonzert im Dvořák-Saal des Rudolfinums auf. Ein interessantes Erlebnis wird das Konzert des israelischen Violinvirtuosen Gil Shaham sein. Er ist einer der besten Bach-Interpreten. Seine Stradivari wird in der gotischen St. Anna-Kirche erklingen. Das wird ein Erlebnis für die klassischen Puristen par excellence sein.“
Der Titel eines der Festivalkonzerte klingt gar nicht nach Musik. Was kann man sich unter dem Titel „415 versus 420“ vorstellen?
„Jedes Jahr denken wir im Festivalprogramm auch an die authentische Interpretation alter Musik. Diesmal haben wir dafür ein interessantes Projekt ausgesucht, das wir eben ´415 zu 420´ genannt haben. 415 Hz ist die Frequenz, nach der alte Musikinstrumente gestimmt wurden, 420 Hz ist wiederum die so zusagen ´moderne´ Stimmung. Diese zwei Kreise von Interpreten verstehen einander meistens nicht besonders gut. Wir haben im Dvořák-Saal aber eine Art Vergleich vorbereitet. Das Publikum kann dieselben Werke nacheinander in den beiden unterschiedlichen Stimmungen hören, was gar nicht üblich ist.“
Als Veranstalter achten Sie immer sehr darauf, für den bestimmten Interpreten auch einen entsprechenden, obwohl ungewöhnlichen Konzertraum zu finden. Dies gilt vor allem für das Tschechische Museum für Musik, wo man beispielsweise vor einem Jahr den sardinischen Polyphoniegesang hören konnte. Wen haben Sie in diesem Jahr ins Museum eingeladen?„Der Raum des Tschechischen Museums für Musik ist für die Vokalmusik sehr gut geeignet. Ich bekam eine DVD mit dem schweizerischen Film ‚Heimatklänge’ in die Hand, und der hat mich vollständig begeistert. Die drei Musiker darin arbeiten mit Tönen, die vom Jodeln ausgehen, jedoch auf eine innovative Art und Weise. Der Film ist wirklich hinreißend. Und ich hoffe, dass das Erlebnis genauso hinreißend sein wird, die drei Klangkünstler auf dem Podium live zu erleben. Das Konzert wird eine Weltpremiere sein, denn Erica Stucky, Noldi Alder und Christian Zehnder sind noch nie gemeinsam aufgetreten.“
Die drei Klangkünstler aus der Schweiz können Sie am 8. Oktober im Prager Museum für Musik erleben.