Regierung einigt sich auf umfassendes Sparpaket
Wird es auf 230 Milliarden Kronen, also etwas über neun Milliarden Euro klettern oder nicht? Die Rede ist vom Defizit des tschechischen Staatshaushalts im Jahr 2010. Die Regierung versucht das Rekorddefizit mit einem drastischen Sparpaket zu verhindern. Doch die Verhandlungen darüber haben sich bisher alles andere als einfach gestaltet. Am Montag stand eine neue Verhandlungsrunde auf dem Programm der Kabinettssitzung. Lothar Martin im Gespräch mit Daniel Kortschak, der für Radio Prag auf der Regierungs-Pressekonferenz war:
"Ja, es gibt ein Ergebnis: Die Regierung hat sich einstimmig auf ein umfangreiches Gesetzespaket geeinigt, dass das Haushaltsdefizit von zirka neun auf etwas mehr als sechs Milliarden Euro reduzieren soll. Das entspricht 5,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Auch die Sozialpartner, deren Vertreter bei der Pressekonferenz dabei waren, haben zugestimmt, beim Gewerkschaftsvorsitzenden Milan Štěch war allerdings ein deutliches Zähneknirschen zu vernehmen. Das Paket ist gleich nach der Sitzung ins Abgeordnetenhaus geschickt worden und dort soll es nun im Rahmen eines 'Legislativen Notstandes' mit verkürzten Fristen behandelt werden. Am Donnerstag soll abgestimmt werden."
Das heißt, die es gibt jetzt ein Ergebnis. Welche Maßnahmen plant die Regierung konkret?"Nun, das ist ein ganzes Bündel von Maßnahmen, und zwar auf der Ausgaben- und der Einnahmenseite. Die Ausgaben sollen um rund eine halbe Milliarde Euro gekürzt werden; Streichungen gibt es unter anderem beim Kindergeld, die Pensionen und die Sozialhilfe werden eingefroren und die Staatsangestellten – vom Polizisten über die Krankenschwester bis zum Beamten im Ministerium müssen Gehaltskürzungen von bis zu vier Prozent hinnehmen. Auch bei sich selbst wollen die Politiker sparen, um etwa 20 Prozent sollen die Gehälter sinken. Außerdem sollen die sehr großzügig und pauschal ersetzten Politiker-Spesen nun der Einkommensteuer unterliegen."
Die obersten Volksvertreter wollen also mit gutem Beispiel voran gehen. Aber die Bürger werden das Sparpaket natürlich auch ordentlich zu spüren bekommen. Die Ausgabenkürzungen hast du ja schon erwähnt, wie sieht es denn bei den Einnahmen aus?
"Nun, auch dort gibt es eine Vielzahl von einzelnen Maßnahmen, etwa die Erhöhung der beiden Mehrwertssteuersätze um je ein Prozent auf 10 und 20 Prozent oder die Anhebung der Mineralölsteuer um eine Krone je Liter; auch Rauchen und Biertrinken wird dank einer Steuererhöhung etwas teurer. Des Weiteren geplant sind die Verdoppelung der Immobiliensteuer und die Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage für die Sozialversicherung auf über 5000 Euro im Jahr."
Da sind also auch jede Menge unpopuläre Maßnahmen dabei, und die Regierung braucht ja die Unterstützung des Parlaments für die Umsetzung. Wird sie dieses Sparpaket durchbringen können?
"Tja, das ist die Gretchenfrage. Die Bürgerdemokraten und die Grünen haben zwar vorsichtig ihre Zustimmung signalisiert, hegen aber auch Vorbehalte gegenüber einzelnen Punkten. Die Sozialdemokraten wehren sich vor allem gegen die Kürzung von Sozialleistungen und die Kommunisten lehnen das Paket als asozial ab. Um für eine möglichst breite Unterstützung zu werben, wollen Premier und Finanzminister noch vor der Abstimmung im Parlament am Donnerstag mit den Parteichefs zusammentreffen. Janota und Premier Jan Fischer haben jedenfalls angekündigt, ihren Verbleib in der Übergangsregierung von der Annahme des Sparpaketes abhängig zu machen. Was passiert, wenn die beiden tatsächlich zurücktreten, möchte sich wohl niemand so recht ausmalen; dann würde Tschechien wohl endgültig ins politische Chaos stürzen."