Václav Klaus über Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichtes
Diese Woche hat das deutsche Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe über den EU-Reformvertrag von Lissabon entschieden. Der Vertrag an sich stehe im Einklang mit dem Grundgesetz, das Begleitgesetz, dass die Kompetenzen von Bundestag und Bundesrat regelt allerdings muss überarbeitet werden. Vorerst liegt die Ratifizierung des Vertrags in Deutschland auf Eis. Auch in Tschechien hat der Staatspräsident noch nicht unterschrieben, Václav Klaus gilt zudem als erklärter EU-Skeptiker. In einem Gastkommentar für die Tageszeitung Mladá fronta Dnes nimmt er zu dem Urteil aus Karlsruhe Stellung. Martina Schneibergová hat mit Radio-Prag-Redakteur Daniel Kortschak über den Artikel gesprochen:
"Klaus meint, das Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichtes sei wie erwartete ausgefallen und habe ein „Ja aber“ gebracht. Dieses „Ja, aber“ steht übrigens so im Text, auf Deutsch. Václav Klaus freut sich zwar, dass das deutsche Verfassungsgericht erstmals klar Zuständigkeiten definiert hat, die in der Entscheidungskompetenz der Nationalstaaten – im konkreten Fall in jener der Bundesrepublik Deutschland – bleiben sollen. Damit habe das Höchstgericht dem fortschreitenden europäischen Integrationsprozess klar die Grenzen aufgezeigt. Dennoch blieben auch nach diesem Urteil viele Fragen unbeantwortet. Zum Beispiel die, ob die Bürger Europas eine stärkere Integration überhaupt wollen. Da stellt sich natürlich die Frage, ob es die Aufgabe des deutschen Bundesverfassungsgerichtes ist, darüber zu entscheiden."
Stichwort Europäische Integration: Der steht Václav Klaus ja – höflich ausgedrückt - sehr skeptisch gegenüber. Bringt der Gastkommentar in dieser Hinsicht etwas Neues?
"Nein, nicht wirklich. Klaus bringt seine alt bekannten Argumente vor: Er schreibt von einem „Blankoscheck für die Zentralisierung“ und wirft die Frage auf, ob irgendwelche Funktionäre im entfernten Brüssel wirklich über wichtige Fragen entscheiden sollen. Für ihn ist die Antwort klar: Nein. Und Klaus unterstellt den Verfassungsrichtern in verschiedenen Ländern auch indirekt, dass sie nicht ganz unvoreingenommen sind; und sollte sich doch irgendwo eine Inkompatibilität mit einer der nationalen Verfassungen finden, dann würde man lieber die Verfassung ändern als den Lissabon-Vertrag. Für ihn also ist alles eine Art abgekartetes Spiel. Die „Defekte“ des Lissabon-Vertrags könnte auch das von den deutschen Verfassungsrichtern bemängelte Begleitgesetz nicht abfedern, auch Tausende solcher Gesetze nicht."
Sagt – oder besser gesagt – schreibt Klaus auch, wie es in Tschechien mit dem Lissabon-Vertrag nun weitergeht, ob er unterschreiben will oder nicht?
"Nein, direkt sagt er das nicht, aber er schließt seinen Aufsatz mit der Bemerkung 'Wir sind noch lange nicht am Ende dieser Debatte'.“
Also wird uns dieses Thema wohl noch eine Weile begleiten. Mit Radio Prag bleiben sie natürlich auf dem Laufenden. Daniel Kortschak, vielen Dank für die Informationen.