Lissabon-Kritiker Klaus wartet ab

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Bis Dienstag war Tschechien - außer Irland - der letzte EU-Staat, dessen Parlament den EU-Reformvertrag von Lissabon noch nicht ratifiziert hatte. Zwar billigte das Abgeordnetenhaus bereits im Februar den Lissabon-Vertrag, doch die Zustimmung des Senats, der oberen Parlamentskammer, ließ auf sich warten. Nun hat auch der Senat zugestimmt. Jetzt fehlt nur noch die Unterschrift des Staatsoberhauptes, um den Ratifizierungsprozess zu vollenden. Staatspräsident Václav Klaus ist jedoch einer der stärksten Kritiker von Lissabon.

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Eine halbe Stunde nach der Abstimmung im Senat trat Präsident Klaus vor die Presse. Er zeigte offen seine Enttäuschung über das „Ja“. So haben dem Reformvertrag von Lissabon auch zwölf Senatoren der Demokratischen Bürgerpartei (ODS) zugestimmt; diese Partei hatte Klaus einst gegründet:

„Einige der Senatoren haben unter einem nie da gewesenen politischen sowie medialen Druck aus Tschechien und aus dem Ausland auf ihre Standpunkte und damit auch auf ihre politische Integrität verzichtet. Sie haben damit den langfristigen Interessen der Tschechischen Republik die kalte Schulter gezeigt.“

Präsident Klaus sprach des Weiteren über ein „Versagen der politischen Eliten“, die aus der tschechischen Geschichte wohl bekannt sei. Klaus will nun seinen eigenen Worten zufolge abwarten, ob einige der Senatoren nicht das Verfassungsgericht um eine weitere Überprüfung des Lissabon-Vertrags ersuchen. Ende November hatte jedoch das Verfassungsgericht schon einmal entschieden und festgestellt, dass die umstrittensten Passagen des Vertrags verfassungskonform sind. Sollte es zu einer erneuten Beschwerde kommen, werde er auf den neuen Befund des Verfassungsgerichtes warten, sagte Klaus.

Präsident Václav Klaus  (Foto: ČTK)
Und das ist nicht so unwahrscheinlich. Eine Gruppe von Senatoren kündigte noch am Dienstag an, sich ans Verfassungsgericht zu wenden. Die Senatoren wollen das Verfassungsgericht den Vertrag insgesamt überprüfen lassen und nicht nur die sechs umstrittensten Passagen wie im vergangenen Jahr.

Doch wie geht es weiter, falls die Verfassungsrichter erneut grünes Licht geben. Kann der Staatspräsident dann seine Unterschrift unter den Lissabon-Vertrag einfach verweigern? Verfassungsexperte Jan Kudrna von der Prager Karlsuniversität:

„Ja, dies kann er tun. Aber dann wäre es angebracht, dass er selbst einen Vorschlag zur Überprüfung des internationalen Vertrags unterbreitet.“

Und wenn der Präsident auch diese Möglichkeit erschöpft hat? Kann er aus verfassungsrechtlicher Sicht auch weiterhin seine Unterschrift ablehnen?

„Dies ist ausgeschlossen. In einem solchen Fall sollte er von seinem Amt zurücktreten. Denn dann würde er ablehnen, einen Vertrag zu unterzeichnen, der nicht der Verfassungsordnung widerspricht und dem beide Parlamentskammern zugestimmt haben.“

Dies würde schließlich dem Juristen zufolge zu einer Verfassungskrise führen.