Wien und Prag tauschen Erfahrungen im Bürgerservice aus

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Prag und Wien sind zwei europäische Hauptstädte, die durch mehrere Jahrhunderte gemeinsamer Geschichte miteinander verbunden sind. Zudem wohnten und wohnen Zehntausende Tschechen in Wien. Nicht immer waren die Beziehungen zwischen den beiden Nachbarländern und Nachbarstädten die besten. Doch nach dem Fall des Eisernen Vorhangs vor 20 Jahren haben die wirtschaftlichen Verflechtungen enorm zugenommen. Die politischen Beziehungen folgten: Heute gibt es einen intensiven Erfahrungsaustausch zwischen den beiden Stadtverwaltungen. Am Donnerstagvormittag war wieder eine Delegation aus der Stadt Wien in Prag zu Gast. Daniel Kortschak war dabei und erläutert im Gespräch mit Till Janzer die Einzelheiten:

Daniel, was genau hat die Stadt Wien heute hier in Prag präsentiert?

Zu Gast war diesmal die Magistratsabteilung 55, der Bürgerdienst der Stadt Wien. Zu dessen Aufgaben gehört zum Beispiel der Betrieb der Telefonzentrale der Stadt Wien – neudeutsch „Call Center“ genannt. Diese Zentrale bearbeitet bis zu 18.000 Anrufe pro Tag. Außerdem gehört zum Bürgerdienst die Stadtinformation im Wiener Rathaus und an 16 Außenstellen in den Bezirken. Dort können die Bürger alle möglichen Missstände melden: vom herrenlosen Einkaufswagen über wild abgelagerten Sperrmüll bis zum fehlenden Verkehrszeichen. Aber nicht nur für diese kleinen Alltagssorgen ist der Bürgerdienst da. Auch bei Großereignissen aller Art ist er vor Ort. Eigens dafür gibt es einen so genannten „Mobilen Bürgerdienst“.

Wie kann man sich diesen Mobilen Bürgerdienst vorstellen? Kommt da der Beamte direkt zum Bürger?

Mehr noch: Der Mitarbeiter der Stadt Wien bringt gleich sein Büro mit. Das sieht aus wie ein größerer Wohnwagen. Drei Stück gibt es davon, und einer davon war diese Woche in Prag vor dem Rathaus zu besichtigen. Diese Anhänger spielen – wie man in Wien so schön sagt – aller Stückerln. Herr Eipeltauer vom Mobilen Bürgerdienst hat mir das Fahrzeug genau erklärt.

‚Wir haben zwei Bildschirme, wo wir verschiedene Sendungen abspielen und den Bürgern Informationen anbieten können. Und das von jeder Quelle aus: DVD, Video, Computer. Wir sind teilweise autonom: Das heißt, wir haben einen Gasgenerator, wir haben Solarpaneele, die zwei große Lkw-Batterien speisen. Und wir können uns an das Stromnetz anschließen, wenn die Möglichkeit dazu besteht.’

Wann kommen diese rollenden Büros zum Einsatz?

Erstens bei verschiedenen Veranstaltungen oder zum Beispiel bei größeren Baumaßnahmen als Info-Stand. Aber auch in Notsituationen, etwa bei Gasexplosionen oder Bränden. Und zwar, um die Betroffenen zu unterstützen. Etwa, wenn sie eine Ersatzwohnung brauchen.

Und wie sieht es da eigentlich in Prag aus? Gibt es hier vergleichbare Einrichtungen?

Nun, zunächst muss man einmal sagen, dass die Verwaltung in Prag viel stärker in der Hand der einzelnen Stadtbezirke liegt. Der Stadtmagistrat als übergeordnete Instanz koordiniert nur und ist für größere Vorhaben wie die Verkehrs- und Stadtplanung zuständig. Aber: Der Stadtbezirk Prag 6 hat seit Herbst des vergangenen Jahres ein so genanntes „Mobiles Rathaus“ im Einsatz. Das ist ein Kleinbus, in dem die Bürger alle gängigen Verwaltungsakte erledigen können, genau so wie im echten Rathaus. Prag 6 ist auch der erste Stadtbezirk, der ein Call-Center für seine Bürger eingerichtet hat. Mit genauen Vorgaben für die Beamten, wie schnell sie die Anliegen der Bürger bearbeiten müssen.

Das heißt, auch die Wiener Stadtverwaltung kann durchaus von Prag noch etwas lernen?

Ja, auf jeden Fall. Herr Kozel, der Leiter des Wiener Bürgerdienstes hat sich sehr beeindruckt gezeigt, wie Prag 6 den Bürgerservice organisiert. Besonders gut gefallen hat ihm, dass die Bewohner alle möglichen Missstände kostenlos per SMS melden und dabei sogar ein Bild mitschicken können – etwa von einer beschmierten Bushaltestelle oder einem „vergessenen“ Autowrack. Er hat sich von seiner Prager Kollegin gleich alle Unterlagen zu dem Projekt geben lassen und gemeint, das müsse man unbedingt nachmachen und auch in Wien einführen.