Tschechien träumt von Fußball-EM 2020 - mit den Slowaken zusammen

Kopaná

Noch steht in Tschechien kein einziges Fußball-Stadion, das mehr als 21.000 Zuschauer fasst. Und die einzige Arena in der Slowakei, die dies bieten kann, bräuchte eine Generalüberholung. Dennoch erwägen beide Staaten, sich gemeinsam für die Ausrichtung der Fußball-Europameisterschaft 2020 zu bewerben.

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Auf tschechischer Seite ist das Liebäugeln mit der EM vor allem Initiative eines Mannes: des Vorsitzenden des Fußballverbandes, Pavel Mokry. Mit seinem slowakischen Gegenüber, Frantisek Laurinc, wolle er über die Ausrichtung der Europameisterschaft bereits im November reden, sagte Mokry in einem Interview der Tageszeitung "Mlada fronta Dnes". Doch spruchreif ist wohl noch nichts. Fußballverbandssprecher Vaclav Tichy gab sich jedenfalls in der Hauptnachrichtensendung des Tschechischen Rundfunks äußerst bedeckt:

"Es ist verfrüht, über eine Bewerbung zu spekulieren. Sie ist nur das persönliche Anliegen unseres Vorsitzenden Mokry, gegebenenfalls auch seines slowakischen Amtskollegen, mit dem er sich am Vorabend des Qualifikationsspiels Tschechien-Slowakei, am 16. November in Prag treffen wird. Wir gehen aber nicht davon aus, dass wir uns in absehbarer Zeit für die Ausrichtung einer so großen Fußballveranstaltung bewerben."

Vielleicht sind diese Worte des Verbandssprechers nur Bluff, doch eines ist zumindest sicher. Eine Bewerbung für die EM hängt von vielen Faktoren ab, die sich heute noch nicht einmal beurteilen lassen.

Erstens: die Stadien. Um nur das dringendste Problem aus Sicht der Kicker zu nennen: Tschechien steht mit den Plänen für ein 40.000 bis 50.000 Zuschauer fassendes Nationalstadion noch ganz am Anfang. Ausgerechnet diese Woche haben die Stadträte von Prag 7 den Bauplan für solch eine Arena auf der Prager Letna-Fläche vom Tisch gefegt. Er muss nun überarbeitet werden.

Zweitens: die Finanzierung. Dazu sagt Frantisek Hrdlicka, Mitglied des Präsidiums des Fußballverbandes:

"Die Frage ist, wie sich die tschechische Wirtschaft entwickeln wird. Der gesamte Spitzenfußball beziehungsweise alle großen Sportveranstaltungen sind von der Wirtschaftskraft des jeweiligen Landes abhängig. Es liegt also wirklich daran, welches Niveau wir dann erreicht haben werden."

Und drittens: der Zeitpunkt. So hat Prag bereits seine Bewerbung um die Ausrichtung der olympischen Sommerspiele gestartet. Im Visier steht zwar 2016, aber da Olympiabewerbungen selten im ersten Anlauf Erfolg haben, dürfte es wohl eher 2020 werden. Fußballverbandspräsident Mokry hat deswegen schon eingeräumt, dass natürlich Olympia Vorrang hat vor einer gemeinsamen EM mit der Slowakei. Aus dem Präsidium des Fußballverbandes kommen sogar Stimmen, die sagen, dass die Chancen für die Ausrichtung einer EM ohnehin früher schon einmal besser gestanden haben. So erwog Tschechien nach 1996, sich gemeinsam mit Österreich und Ungarn zu bewerben. Eine kräftige Allianz sei dies gewesen, meint der stellvertretende Verbandsvorsitzende Miroslav Vacek, von der man heute weit entfernt sei.

Unter dem Strich klingt das alles nicht danach, als ob das Projekt Fußball-Europameisterschaft derzeit schon gedeihen würde.

Autor: Till Janzer
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