Tschechische Winzer rechnen mit gutem Jahrgang / MVV Energie versorgt Nordböhmern mit Fernwärme

Der kommende Winter ist nicht mehr fern. Die Versorgung mit Fernwärme für tschechische Haushalte und Unternehmen wird dabei auch von einem deutschen Konzern in nicht unerheblichem Maße sichergestellt. Auf dem tschechischen Markt der Nahrungs- und Genussmittel aber gibt es ebenso einige Neuigkeiten...

Foto: Štěpánka Budková
Herbstzeit ist Erntezeit. Jetzt, wo erneut die Blätter fallen, haben auch die tschechischen Winzer die Weinlese wieder so gut wie abgeschlossen. Noch sind nicht alle Ernteergebnisse zusammengetragen, doch schon vor knapp zwei Wochen hat Pavel Krska vom Nationalen Weinzentrum kundgetan, dass mindestens die Hälfte aller Winzer mit der diesjährigen Weinlese zufrieden sei:

"Die Ernte wird etwas über dem Durchschnitt liegen. Die ersten Zahlen sprechen davon, dass sie den Zehnjahresschnitt geringfügig übertreffen wird. Die Qualität der Trauben stellt sich bisher als sehr gut heraus. Es wird viele Qualitätsweine mit hohem Zuckergehalt geben. Es lässt sich also wirklich sagen, dass es ein guter Jahrgang werden wird."

Der diesjährige Jungwein ist zudem schon sehr gefragt. Zum bevorstehenden Martinstag, wo der Heurige in Tschechien nach vorherigem Gutachten unter der nationalen Schutzmarke St. Martinswein ausgeschenkt werden darf, werden über eine halbe Million Flaschen mit Jungwein auf den Markt kommen. Das ist um 70 Prozent mehr als im Vorjahr. Für den Erhalt der Marke haben sich 73 Weinfirmen mit insgesamt 165 Weinproben beworben. Auch das ist neuer Rekord, verriet Pavel Krska. Und noch eine Zahl spricht dafür, dass sich der Wein in Tschechien einer immer größeren Nachfrage erfreut. Der Weinverbrauch im Lande steigt nämlich stetig an. In diesem Jahr wird er pro Kopf bei rund 17,5 Litern liegen. Im vergangenen Jahr waren es noch 17 Liter. Und 1993, als die Tschechische Republik gegründet wurde, lag der Pro-Kopf-Verbrauch im Schnitt sogar nur bei 11,5 Litern. Ein Phänomen im Gegensatz zu Weinländern wie Frankreich, Österreich und Deutschland, wo der Pro-Kopf-Verbrauch in den letzten Jahren zurückgegangen ist oder zumindest stagniert.

Honig - med | Foto: Štěpánka Budková,  Radio Prague International
Ein weiteres Agrarprodukt, was reichhaltig und in guter Qualität erzeugt wird, ist der tschechische Honig. Ein guter Teil davon wird exportiert. Der Umfang dieses Geschäfts könnte jedoch weit größer sein, wenn die tschechischen Honigproduzenten noch effektiver wirtschaften würden, betont Agraranalytiker Petr Havel:

"Wenn sich die Bienenzüchter in Tschechien zu größeren Gesellschaften zusammentun würden, dann könnte der Honig bestimmt auch billiger angeboten werden. Analog dem Trend in der Welt würde die Herstellung dann nämlich auf einer stärker industriellen Basis erfolgen. Dann könnte man mit dieser Tätigkeit tatsächlich auch einen unternehmerischen Profit erzielen. Solch eine Honigproduktion ist außerdem viel ökonomischer."

Ist Tschechien also ein Land, in dem Milch und Honig fließen? Die Verbraucher sehen das ein wenig anders, denn für viele Lebensmittel müssen sie gerade in diesen Tagen noch tiefer in die Tasche greifen. Über die Preiserhöhungen bei Milch und Butter haben wir bereits im Tagesecho berichtet. Aber auch die Backwaren sollen schon im November teurer werden. Grund dafür seien die gestiegenen Rohstoff- und Energiepreise, erklären die Bäcker. Jaroslav Pomp, der Sprecher der hierzulande führenden Bäckereifirma United Bakeries, rechnet vor, was die Kunden bald bezahlen müssen:

"Wir haben einmal ausgerechnet, was die reellen Preise für Backwaren in der Tschechischen Republik sein würden. Demzufolge müsste zum Beispiel Brot 25 Kronen je Kilogramm kosten und der reelle Preis für ein Hörnchen würde über zwei Kronen betragen."

Das ist in etwa um ein Viertel mehr als derzeit. Aber die Preisspirale wird sich ab Januar 2008 noch weiter drehen, da dann die Erhöhung der Mehrwertsteuer ins Haus steht.

Hinter die Fassade geschaut

Die Tschechische Republik der Gegenwart verbucht nicht nur ein weit über dem EU-Durchschnitt liegendes Wirtschaftswachstum, sondern sie wird auch als Markt immer interessanter. Und zwar sowohl auf dem Dienstleistungs- als auch auf dem Warensektor. Eines der jüngsten Beispiele für diese Feststellung ist die Übernahme von vier Fernwärmenetzen in Nordböhmen durch den deutschen Konzern MVV Energie. Für das Mannheimer Energieunternehmen hat sich Tschechien damit zu einem der wichtigsten Auslandsmärkte entwickelt. Weshalb die MVV Energie AG ihr Engagement gerade hierzulande verstärkte und welche Voraussetzungen sie dabei angetroffen hat, darüber habe ich mit dem zuständigen Vorstandsmitglied des Stadtwerke-Konzerns, Matthias Brückmann, gesprochen.

Herr Brückmann, Ihr Konzern MVV Energie hat vor kurzem vier Fernwärmenetze im Norden der Tschechischen Republik übernommen. Von wem hat man sie übernommen und welche größeren Städte und Regionen in Tschechien werden jetzt von Ihrem Unternehmen mit Fernwärme versorgt?

"Das ist richtig, wir haben vier große Fernwärmenetze übernommen für umgerechnet rund 20 Millionen Euro. Wir haben dabei mehr als 120 Beschäftigte übernommen, und zwar in Liberec, Mimon, Louny und in Litomerice. Dadurch haben wir aber auch unseren Umsatz um etwas über 50 Prozent steigern können."

Warum zeigt Ihre Firma gerade jetzt ein solches Interesse am tschechischen Markt?

"Die politischen Rahmenbedingungen in Tschechien sind sehr, sehr gut. Wir haben gute Erfahrungen gemacht, es geht fair und nachhaltig zu. Die Liberalisierung wird in Tschechien sehr professionell vorangetrieben. Das ist eine sehr gute Grundlage für uns, dort auch berechenbare Geschäfte machen zu können."

Was will man auf diesem Markt bewegen? Es war zu lesen, dass Sie bereits jetzt zu den vier größten Fernwärmeversorgern in Tschechien gehören...

"Wir sind auch in Deutschland einer der größten Fernwärmeversorger, vor allem im Einzugsgebiet unseres Sitzes in Mannheim. Wir versorgen bereits heute in Tschechien fast 80.000 Haushalte und über 1000 Unternehmen mit Fernwärme. Die Struktur in Tschechien ist modern, die Technologie ist hervorragend ausgebaut. Es ist also ein sehr verlässliches und kalkulierbares Geschäft, dass wir dort ausbauen wollen."

Wenn Sie sagen, Struktur und Technologie in Tschechien sind modern, dann gehe ich davon aus, dass Sie in nächster Zeit kaum technologische Veränderungen vornehmen müssen. Wenn aber doch, zu welchen Investitionen würden Sie dann greifen?

"Es ist immer zu optimieren, egal ob das in der Produktion im Kraftwerk oder beim Betrieb in den Durchleitungen der Fall ist. Darauf sind wir spezialisiert, und hier haben wir auch einen sehr regen Austausch zwischen unseren deutschen und tschechischen Spezialisten. Die Investitionen kann ich Ihnen jetzt pauschal nicht nennen. Das ist fallabhängig in den unterschiedlichen Städten je nach Bedarf."

Aber insgesamt sind Sie mit der Technologie, die Sie in Tschechien vorgefunden haben, schon zufrieden?

"Absolut! Verglichen mit anderen osteuropäischen Ländern haben wir in Tschechien eine hervorragende Infrastruktur in diesem Geschäft."

War das auch einer der Hauptgründe, weshalb Sie gerade jetzt nach Tschechien gegangen sind?

"Wie schon gesagt: Wir haben in Tschechien einen sehr attraktiven Markt vorgefunden. Wir sind außerdem mit der Entwicklung unseres Konzerns in Tschechien sehr zufrieden. Wir betreiben beispielsweise auch ein Engagement in Polen, aber dort sind die Rahmenbedingungen deutlich schwieriger als in Tschechien."

Plant Ihr Unternehmen deshalb ein langfristiges Engagement in Tschechien?

"Wir gehören in Tschechien heute schon zu den größten Fernwärmeversorgern. Wir planen langfristig, also über zehn Jahre hinaus, und wollen unser Engagement daher auch kontinuierlich weiterentwickeln."

Wollen Sie im Wettbewerb in Tschechien auch einige der vor Ihnen liegenden Unternehmen überholen, oder beruht ein noch stärkeres Engagement von Ihnen vor allem auf Angebot und Nachfrage?

"Wir prüfen ständig alle Opportunitäten im Markt. Wenn wir die Gelegenheit bekommen, Unternehmen zu fairen Preisen übernehmen oder uns an Ihnen zu beteiligen, dann werden wir das tun. Dann wird man sehen, wo wir letzten Endes landen werden."