Neuer Direktor im Tschechischen Zentrum Berlin
In der heutigen Ausgabe unserer Reihe Begegnungen stellen wir Ihnen den neuen Direktor des Tschechischen Zentrums in Berlin, Martin Krafl, vor. Einige Tage vor dessen Dienstantritt in der deutschen Hauptstadt hat Lothar Martin mit dem ehemaligen Pressesprecher des Tschechischen Fernsehens (CT) gesprochen.
Herr Krafl, wollen Sie eine eigene Konzeption in die Arbeit des Tschechischen Zentrums in Berlin einbringen oder wollen sie Bewährtes fortsetzen?
"Sagen wir: Ich werde etwas fortsetzen, aber natürlich habe ich auch neue Ideen. Nächstes Jahr möchte ich beispielsweise dem deutschen Publikum in Berlin zeigen, dass das Jahr 2008 für Tschechien ein besonderes Jahr ist. Nächstes Jahr stehen gleich mehrere Jahrestage von Ereignissen aus der tschechischen Geschichte an, da viele Ereignisse in Jahrgängen, die eine acht am Ende trugen, passierten. Auf diese Jubiläen werden wir uns nächstes Jahr konzentrieren. Außerdem möchte ich tschechisches Glas und Design vorstellen. Das Jahr 2009 wird ein sehr wichtiges Jahr für die Tschechische Republik, da wir Vorsitzende im Europäischen Rat sein werden. Deshalb werden alle Augen auf Tschechien gerichtet sein. Ich möchte in Deutschland zeigen, dass wir zu Europa gehören. In der ersten Hälfte des Jahres 2009 werde ich allen tschechischen Regionen die Möglichkeit geben sich hier vorzustellen. In der zweiten Jahreshälfte feiern wir am 17. November den zwanzigsten Jahrestag der Samtenen Revolution. Ich habe bereits unseren ehemaligen Präsidenten Herrn Vaclav Havel nach Berlin eingeladen. Zusammen mit dem tschechischen Fernsehen bereite ich außerdem eine Ausstellung von Dokumenten vor, die das Leben in Tschechien während der letzten zwanzig Jahre illustrieren. Außerdem möchte ich dem deutschen Publikum jedes Jahr einen der besten Filme, die in Tschechien produziert wurden, vorstellen. So sehen meine Pläne für die nächsten zwei Jahre aus. Was danach kommt, werde ich dann sehen, denn mein Vertrag läuft für vier Jahre."
Ich möchte noch einmal auf das Jahr 2008 zurückkommen. Neben dem vielleicht weniger interessanten siegreichen Februar 1948 jährt sich der Prager Frühling zum vierzigsten Mal und die Gründung der Tschechoslowakei zum neunzigsten Mal. Können Sie uns schon verraten, welche konkreten Veranstaltungen Sie zu diesen Jahrestagen planen?"Wir sind gerade dabei, über diese Veranstaltungen zu diskutieren. Deshalb möchte ich jetzt nicht zu viel verraten. Zwei Zusagen habe ich bereits: Es wird eine Ausstellung des Fotografen Oldrich Skacha geben. Er ist einer der bekanntesten tschechischen Fotografen und hat die Ereignisse im Jahr 1968 und auch 1988, als es bereits viele Demonstrationen auf den Straßen von Prag gab, in seinen Fotografien dokumentiert. Seine Bilder werden wir in Berlin ausstellen. Außerdem wird die Sängerin Marta Kubisova, die eine der Ikonen des Jahres 1968 ist, in Berlin auftreten. Diese beiden Programmpunkte kann ich dem Publikum schon fest zusagen."
Als Direktor des Tschechischen Zentrums in Berlin haben Sie viele Vorgänger. Wie lange geht die Tätigkeit des Tschechischen Zentrums in Berlin zurück und welche Höhepunkte gab es bisher?
"In Berlin wurde das erste Zentrum 1955 eröffnet. Es war damals eines der größten Kulturzentren der damaligen Tschechoslowakei. Natürlich war sein Standort nicht Westberlin, sondern die Hauptstadt der DDR. Während des Kommunismus befand sich das Zentrum in der Leipziger Straße. Viele Berliner erinnern sich sicher noch daran, weil es wirklich riesig war. Dort wurde die tschechische Kultur vorgestellt, aber es bestand auch die Möglichkeit, tschechische Produkte zu kaufen. Nach der Wende erlebten die Tschechischen Zentren eine Transformation. Wir arbeiten jetzt im Auftrag des Außenministeriums und unter der Zentrale der Tschechischen Zentren in Prag. Momentan sind wir mit dreiundzwanzig Zentren in neunzehn Ländern vertreten. In der Slowakei und in Deutschland haben wir mehrere Zentren. Neben dem Tschechischen Zentrum in Berlin haben wir noch zwei kleinere Zentren in München und Dresden. Seit 2001 befinden wir uns in Berlin an einem sehr prominenten Ort, direkt neben dem Check Point Charlie. Dieser Ort repräsentiert die deutsche Geschichte, die auch eng mit der Wende in der Tschechoslowakei verknüpft ist, was ich sehr interessant finde. Damit spielen wir in unserem Marketing: Wir nennen uns "Czech Point", in der englischen Aussprache hört sich das so an wie "Check Point". Damit gewinnen wir in Berlin Freunde, da wir nicht mehr erklären müssen, wo wir uns befinden. Das Haus, in dem wir sind, ist wirklich wunderschön. Ich kann nur jedem empfehlen, uns dort zu besuchen. Unten haben wir eine sehr schöne kleine Galerie, wo wir Ausstellungen zeigen."
Welche Künstler und welche Genres konnten Sie denn den Deutschen näher bringen? Was gefällt Ihren Besuchern an Tschechien besonders?
"Es freut mich besonders, dass sich die deutschen für tschechische Autoren, für tschechische Literatur interessieren. Franz Kafka ist ein Name, der jedem Deutschen bekannt ist. So haben wir im Jahr 2006 ein Projekt durchgeführt, bei dem deutsche Fotografen auf Kafkas Spuren unterwegs waren. Wir wollten wissen, wo genau Kafka in Europa lebte und was er an den verschiedenen Orten machte. Daraus ist eine wunderbare Ausstellung entstanden. Unsere Besucher interessieren sich aber nicht nur für Kultur. Viele nehmen die Möglichkeit wahr, hier Persönlichkeiten aus der Tschechischen Republik zu treffen, wie zum Beispiel den Ex-Präsidenten Vaclav Havel. Havel haben wir 2006 nach Berlin eingeladen, wo er sein neues Buch vorgestellt hat. Zu dieser Veranstaltung kamen sehr viele Besucher."