Deutsche Türken in Tschechien - Festival "Der Film" in Prag und Brünn
Das Festival "DerFilm" fand bereits zum zweiten Mal in Prag und erstmals auch in Brünn statt. So lautete das Motto dieses Jahr: "Zweite Lektion deutschsprachigen Films". Aktuelle Filme aus Deutschland, Österreich und der Schweiz waren zu sehen - doch nicht nur Deutsch hörte man in den Filmen, denn die Protagonisten bewegten sich durch verschiedene Kulturen.
"Es ist ganz toll, dass hier deutsche Filme gezeigt werden! Das Festival findet zum zweiten Mal statt, wie ich gehört habe. Ich habe auch gehört, dass es schon viel besser angenommen wird. Das freut mich natürlich sehr. Noch mehr freut mich, dass unser Film "Auf der anderen Seite" gleich als Eröffnungsfilm läuft. In unserem Film geht es um Konflikte zwischen Personen aus verschiedenen Kulturkreisen, wobei dies überhaupt nicht auf die Türkei festgelegt ist. Hier ist es zufällig die Türkei, aber das ist austauschbar. Es geht eher um die Menschen dahinter."
Für die Organisatorin des Festivals, Klara Konecna vom Goethe Institut Prag, war dieser thematische Schwerpunkt einer der Gründe für den Erfolg des Festivals:
"Alle blicken natürlich nach Berlin. Berlin ist ja das Phänomen des Multikulturalismus. Ich glaube, viele Tschechen würden gerne in Berlin leben oder zumindest die Atmosphäre von dort spüren. Fatih Akin ist deshalb sehr beliebt, weil er türkische und deutsche Menschen zeigt, und weil man in seinen Filmen etwas über andere Städte erfährt, wie z.B. Istanbul. Ich glaube, dass das ein sehr dankbares Thema ist."Auch die Dokumentarfilme "Mein Vater der Türke" und "Prinzessinnenbad" beleuchteten Höhen und Tiefen des deutschtürkischen Zusammenlebens. "Import / Export" überschritt dagegen die Grenzen zwischen Österreich und der Ukraine: In kalter Wintertristesse schienen Wien und die Ostukraine nicht mehr weit voneinander entfernt zu sein.
Vier der Filme haben bereits einen Verleih in Tschechien gefunden: Neben "Auf der anderen Seite" und "Import/Export" werden auch der Schweizer Film "Vitus" und der mit zahlreichen Preisen gekrönte "Vier Minuten" regulär in tschechischen Kinos laufen. Deutschsprachige Filme einem größeren tschechischen Publikum zugänglich zu machen, ist erklärtes Ziel des Festivals:
"Wir wollen hier das tschechische Publikum ansprechen. Die Normalsterblichen kommen nicht zur Berlinale. Weil diese Festivals sehr renommiert sind, haben sie nicht die Chance, die besten Filme der Berlinale, von Locarno oder der Diagonale zu sehen. Der Ansatz ist, dass wir die deutsche Kinematographie in Tschechien vorstellen wollen. Wir würden uns freuen, wenn das Interesse auch seitens der Verleihfirmen anstiege. Sie können unser Festival besuchen und überlegen, ob der eine oder andere Titel nicht für die tschechische Distribution geeignet wäre. Wir sind glücklich darüber, dass die Anzahl der Distributionstitel steigt. Denn das beweist, dass Interesse an deutschsprachigen Filmen in Tschechien überhaupt besteht."Laut Radim Harbatik vom Kino Svetozor wandelt sich die Vorstellung der Tschechen, was deutsches Kino sein kann, derzeit. Und dies sei nicht zuletzt den Anstrengungen der Veranstalter von "Der Film" zu verdanken:
"Das tschechische Publikum hat ein verzerrtes Bild vom deutschen Kino. Denn das, was die Leute im Fernsehen sehen, sind nur Serien wie "Alarm für Kobra 11". Diese Serien sind sehr schematisch aufgebaut und ähneln sich. Qualitativ hochwertige Filme, die in Deutschland gedreht werden, werden erst jetzt mehr und mehr in den tschechischen Kinos gezeigt."
Bei den Zuschauern kam das Festival gut an: Nicht nur der Eröffnungsfilm war ausverkauft und selbst die Vorstellungen in den kleinen Sälen waren im Unterschied zum letzten Jahr gut gefüllt. Dazu Radim Harbatik vom Kino Svetozor:
"Wir können nur zufrieden sein. Während der vier Tage, die "Der Film" bei uns im Svetozor stattfand, kamen mehr als 2000 Zuschauer. Das ist ein großer Erfolg. Und ich denke, dass den Zuschauern die Filme gefallen haben."
Im Vergleich zum Vorjahr besuchten dreimal soviele Menschen allein die Vorstellungen im Svetozor - und dazu kommt noch die Retrospektive von Wim Wenders im Kino Aero und die Vorstellungen im Brünner Kino Art, wo eine kleinere Auswahl der Festivalfilme gezeigt wurde. Die Veranstalter hoffen darauf, dass das Festival und deutschsprachige Filme überhaupt einen Einfluss auf das tschechische Kino haben könnten.
"Ich würde mir wünschen, dass sich die Tschechen von den Deutschen beeinflussen lassen. Ich habe mit vielen Menschen aus der tschechischen Filmszene darüber gesprochen. Sie sind erstaunt, welche Themen die deutschen Regisseure bearbeiten. Das sind Themen, die über die Grenzen hinausgehen. Sie sind hoch aktuell und wirklich länderübergreifend. Viele tschechische Filme sind auf die Nationalgeschichte und den tschechischen Humor fokussiert. Wir trauen uns noch nicht an die ernsthaften Themen heran," so Klara Konecna.Die Bilanz nach einer Woche deutschsprachigen Kinos in Prag und Brünn ist überaus positiv. Und wie wird es mit dem Festival weitergehen?
"Es wird natürlich eine dritte Lektion geben. Wir haben schon Anfragen von anderen Städten. Wir müssen überlegen, ob wir das mit diesem kleinen Organisationsteam schaffen können. Es freut uns natürlich, dass sich das Festival bereits in ganz Tschechien herumgesprochen hat."
Über die Zukunft des Festivals entscheiden aber laut Radim Harbatik nicht nur die tschechischen Zuschauer:
"Die Zukunft liegt in den Sternen. Aber solange Deutsche, Schweizer und Österreicher gute Filme drehen, wird "Der Film" noch viele Jahre stattfinden. Wir vom Kino Svetozor und Aero werden alles tun, dass dies möglich ist und werden gerne deutsche Filme zeigen. Aber wie ich gesagt habe: Es liegt an den Filmemachern."