US-Raketenabwehr: Kommunen formieren Anti-Radar-Bündnis
Mehr als 60 Bürgermeister aus der Umgebung des mittelböhmischen Militärgeländes Brdy trafen sich am Freitag in Rozmital bei Pilsen. Gleich nebenan soll nach dem Willen der Regierung im Rahmen des geplanten US-Raketenabwehrsystems eine Radaranlage entstehen. In den Kommunen sind die Meinungen dazu geteilt, vorherrschend ist aber die Ablehnung. Vor allem aber fühlt man sich schlecht informiert.
Sorge herrscht in den Kommunen rund um den geplanten Standort der Radarstation unweit der Gemeinde Misov. Sorge vor fallenden Immobilienpreisen, Sorge davor, dass die Radarstrahlen Handy- und Fernsehempfang stören und die Region praktisch von der Welt abschneiden, aber zuallererst natürlich Sorge um die gesundheitlichen Auswirkungen der Strahlung. Das Treffen der Bürgermeister aus der Region soll nun dazu dienen, den Kommunen eine gemeinsame Stimme zu geben, so Josef Rihak, Chef des Pribramer Rathauses:
"Wir wollen unsere Strategie festlegen und unsere Prioritäten abstimmen. Ich bin der Überzeugung, dass wir als Gesamtheit auftreten und verhandeln sollten - hier geht es schließlich nicht um eine oder zwei Gemeinden, sondern um alle Menschen in der Region und um die gesamte Republik."
Die Meinungen der Kommunen sind dabei keineswegs einheitlich: Einige Bürgermeister signalisieren, dass sie bei einer angemessenen Kompensation für ihre Gemeinden zur Zustimmung bereit wären. Die Mehrheit aber lehnt den Bau der Radaranlage ab. Allen gemeinsam ist, dass sie sich schlecht informiert fühlen. Daran ändert auch nichts, dass mit Tomas Klvana ein Regierungsbevollmächtigter für die Radarfrage benannt worden ist, meint Josef Rihak:"Auch Herr Klvana ist kein Experte für die Raketenabwehr - wir sehen ihn eher als Propagator, und genau das ist es, was uns stört. Es gibt in Tschechien eine Menge von Experten; und wir Bürgermeister haben nun allmählich genug davon, dass zu allen Treffen und Sitzungen immer nur Leute wie etwa der Chef der Bezirksregierung kommen, um uns mit ihren unsinnigen Argumenten zu überzeugen."
Dass man sich eher schlecht als recht miteinander versteht, dass deutet auch Tomas Klvana selbst an:
"Nach einer Reihe von Besuchen in der Region muss ich sagen, dass eine Bürgermeister sehr rational und pragmatisch sind und tatsächlich die Interessen ihrer Gemeinde verteidigen, während andere überhaupt nicht zuhören und einen als Wasserträger der Regierung beschimpfen. Und das sind dann die Leute, die über unsere Sicherheit diskutieren sollen? Wo würden wir denn da hinkommen?!"Aber nicht nur in den Gemeinden der Region, sondern auch auf außenpolitischem Parkett haben die tschechisch-amerikanischen Radarpläne jüngst für Widerspruch gesorgt. Der österreichische Verteidigungsminister Norbert Darabos bezeichnete die geplante Radarstation in österreichischen Medien als Provokation gegen Russland. Außenminister Karel Schwarzenberg gab sich demonstrativ gelassen: Eine solche Diskussion führe man nicht über die Medien, ließ er ausrichten. Außerdem:
"Norbert Darabos ist erklärtermaßen pazifistisch eingestellt, und da ist ja auch lobenswert, aber bei einem Verteidigungsminister eben doch in gewissem Maße ungewöhnlich. Er hat sich zum Beispiel gegen die Ausrüstung der österreichischen Armee mit modernen Flugzeugen eingesetzt. Aber vor allen Dingen: Österreich ist ein neutrales Land, das rundherum von Nato-Staaten umgeben ist - da lässt sich leicht so reden."