1. Mai ohne Kommunisten: Protest gegen Totalitarismus
Auf der Prager Letna-Ebene, dem noch vor kurzem traditionellen Versammlungsort der tschechischen Kommunisten haben die Menschen am 1. Mai gegen den Kommunismus demonstriert.
"Ich war auf der Letna und ohne euch war es super." Eine Ansichtskarte mit diesem Text konnte man auf der Letna kaufen. Adressiert war sie an den Parteichef der tschechischen Kommunisten, Vojtech Filip. Den ehemaligen politischen Gefangenen war schon voriges Jahr das Meisterstück gelungen, die Letna-Ebene für ihr Fest zum 1. Mai zu reservieren. Das würdigte auch der tschechische Premier, Mirek Topolanek, der auf der Versammlung auftrat:"Wir sind auf der Letna, Letna gehört uns. Als ich vor einem Jahr von der Idee der Konföderation der politischen Gefangenen hörte, den Versammlungsort auf der Letna wieder für uns zu gewinnen, hielt ich das eher für Phantasie. Es ist uns aber doch gelungen. Als ich hier vor einem Jahr mit Tränen in den Augen die Nationalhymne sang, habe ich Ihnen versprochen, dass die nächste Regierung bestimmt eine Regierung ohne Kommunisten sein wird. Nach sieben Monate dauernden und manchmal nutzlosen Streitigkeiten haben wir ein Kabinett zusammengestellt, das verhindert hat, dass dieses Land als einziges mitteleuropäisches Land eine Regierung mit Beteiligung der Kommunisten bekommen hat. Dies ist auch Ihr Verdienst, dafür will ich Ihnen danken." Der Premier machte des Weiteren auf die Notwendigkeit aufmerksam, den Kommunismus weiter zu bekämpfen, der sich in den Köpfen der Menschen eingenistet hat. Topolanek appellierte an die junge Generation, genauso wie die Redner aus den Reihen der ehemaligen politischen Gefangenen. Sie brachten ihre Freude darüber zum Ausdruck, dass sich am "1. Mai ohne Kommunisten" gerade viele junge Leute beteiligen. Die Versammlung wurde mit veranstaltet von der Bürgerinitiative "Trikem proti komunismu", was man auf deutsch sowohl als "Mit einem T-Shirt gegen den Kommunismus", als auch "Mit einem Trick gegen den Kommunismus" übersetzen kann. T-Shirts mit antikommunistischen Motiven konnte man dieses Mal auf der Letna auch kaufen. Bei der Veranstaltung sprachen auch einige ausländische Gäste, die sich für die Einhaltung der Menschenrechte in totalitären Regimes einsetzen. Unter ihnen war auch der schwedische Politiker Göran Lindblad, der im Europarat eine Resolution zur internationalen Verurteilung der kommunistischen Verbrechen initiiert hatte. In seiner Rede wies Lindblad unter anderem auf die Verletzung der Menschenrechte in China hin:"Ich glaube, dass wir die olympischen Spiele in China auch als eine Möglichkeit nutzen können, um Demokratie und Menschenrechte zu unterstützen. Ich möchte jedem, der zu den olympischen Spielen reisen will und kann, vorschlagen, dass er als Zuschauer ein Abzeichen, einen Button trägt, auf dem steht, dass er die Menschenrechte unterstützt. Was könnte das kommunistische Regime dagegen unternehmen? Es kann schließlich nicht Tausende von Menschen ins Gefängnis schicken."
Über die Verfolgung der Regimegegner in China, in Kuba sowie in Vietnam konnte man sich anhand von Dokumenten, die in einigen Ausstellungen auf der Letna gezeigt wurden, informieren. Am Nachmittag verwandelte sich die Kundgebung eher in ein Happening, an dem sich mehrere tschechische Rockgruppen und Liedermacher beteiligten.