Ist der Ruf erst ruiniert... - die tschechische Polizei und ihre Probleme
Mit schöner Regelmäßigkeit trudeln Verbrechensmeldungen im Nachrichtenticker ein. Und immer wieder kommt es vor, dass die Täter Polizisten sind. Wie ist es um den Ruf der tschechischen Polizei bestellt? Und wie geht die Polizei selbst mit diesen Störfällen um? Diesen Fragen geht Christian Rühmkorf nach.
Schlagzeilen: Zwei Polizisten bei Tankstellenraub festgenommen - Polizist wollte mit Fotos von Svobodas Leiche Geld verdienen - Fuball-Korruptionsaffäre: Polizist vom Dienst suspendiert - Deutschen betrogen: Bewährungsstrafen für tschechische Polizisten - Polizist der Zuhälterei beschuldigt - Alkohol-Unfall: Leitender Verkehrspolizist am Steuer
"Um festzustellen, was Polizisten dazu bringt, Straftaten zu begehen, dazu müsste man wohl jeden Einzelnen befragen. Das kann kaum jemand aus dem höheren Managment der Polizei beantworten. Wir nehmen das zumeist als das Versagen Einzelner wahr. In manchen Fällen aber haben wir auch eine Schuld, ein Versagen der Führungskräfte oder anderer Polizisten festgestellt, die den Fehltritt der Kollegen hätten verhindern können, es aber nicht taten. Diese Fälle werden natürlich verfolgt und die Täter bestraft", wie der Sprecher des tschechischen Polizeipräsidiums, Roman Skrepek, erklärt.
Zur Verdeutlichung ein paar Zahlen: Die Inspektion des Innenministeriums hat laut einer Meldung vom Mittwoch im vergangenen Jahr 1146 Fälle überprüft, in denen Verdachtsmomente für Polizei-Straftaten bestanden. 270 Fälle, also etwas mehr als ein Viertel davon, wurden mit dem Antrag auf ein Strafverfahren an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Insgesamt 230 dieser Anträge wurde stattgegeben. Am häufigsten finden sich unter den Delikten Missbrauch der Amtsgewalt sowie Vergehen im Straßenverkehr.
"Wir wissen, dass es in der Tat sehr viele Fälle sind. Und uns besorgt das. Aber eine der Hauptaufgaben des Polizeipräsidenten und der Führungskräfte im Präsidium ist es, diese Erscheinungen in der tschechischen Polizei zu eliminieren. Wir wissen, dass wir das nie vollständig schaffen werden. Wir sprechen immerhin von mehr als 40.000 Polizisten. Aber wir wollen das Risiko einer Straffälligkeit auf ein Minimum reduzieren."Die beiden jüngsten Fälle, in denen Polizisten die Seite gewechselt haben und zu Straftätern wurden, sind der tschechischen Öffentlichkeit noch gut im Gedächtnis. Als sich Anfang des Jahres der international bekannte Komponist unter anderem des Biene-Maja-Liedes, Karel Svoboda, mit einer Pistole das Leben genommen hatte, tauchten Fotos der Leiche in der Presse auf. Der Fotograf: ein Polizist, der eine schnelle Krone machen wollte und die Bilder an die Boulevardpresse verkauft hatte. Der andere Fall, gerade einmal zwei Wochen her, war ein regelrechtes Eigentor, das sich die Polizei, ob sie wollte oder nicht, schießen musste. Ein Sonderermittlungsteam für organisierte Kriminalität hatte eine der größten Gangs von Autodieben in der Tschechischen Republik ausgehoben. Was den Erfolg mit einem kräftigen Wermutstropfen verbittert hat, erklärt der Polizeisprecher selbst:
"Das Problem lag darin, dass wir in der Gang auch auf zwei Polizisten der Kriminalpolizei Olomouc / Olmütz gestoßen sind. Für uns war das um so schlimmer, weil wir die Ermittlungen vor den eigenen Leuten geheimhalten mussten. Das Sammeln von Beweisen wird dadurch nicht gerade leichter. Denn, wenn ein Polizist gegen den anderen ermittelt, dann muss das sehr unauffällig geschehen."
Laut einer Umfrage aus dem vergangenen Jahr sind ungefähr 40 Prozent mit der Arbeit der Polizei zufrieden, also weniger als die Hälfte der Bürger in Tschechien. Man sei sich bei der Polizei im Klaren darüber, dass das keine besonders gute Zahl sei, sagt Roman Skrepek. Aber, so fügt er hinzu, damit stehe man in der öffentlichen Meinung immerhin noch besser, zumindest aber nicht schlechter da als viele Politiker oder andere Ämter. Die Polizei werde wohl nie zu den beliebtesten Staatsorganen zählen.
Es war nicht leicht, Polizisten auf der Straße zu einem Gespräch zu bewegen. Die meisten winkten im Angesicht des Mikrofons ab. Andere wiederum fürchteten sich vor ihren eigenen Kameras, die auf dem Wenzelsplatz installiert sind. Zwei junge Streifenpolizisten in einer Seitenstraße des Platzes zeigten sich jedoch sehr offen. Wie sehen sie den Ruf der Polizei in der Öffentlichkeit?"Es kommt sehr auf den einzelnen Polizisten an. Allgemein ist es aber so, dass die Polizei in Tschechien einen schlechten Ruf hat. Ich kann das sogar verstehen. Wir sind ein repressives Staatsorgan. Deshalb können wir eigentlich gar nicht beliebt sein. Wir machen unsere Arbeit, das, was uns das Gesetz vorgibt. Dabei kann man es nicht jedem recht machen. Aber wir müssen eben dafür sorgen, dass man die Regeln einhält."
Vor wenigen Tagen sind an die 2000 Polizisten selbst auf die Straße gegangen und haben gegen ein neues Gesetz für den Staatsdienst demonstriert. Danach kommt es in vielen Fällen zu Einkommenskürzungen und auch die Zuzahlungen für die Arbeit an Feiertagen wurden aufgehoben. Der junge Polizist erklärt, warum ihn das besonders ärgert:
"Jemand mit einer normalen Arbeit, wie zum Beispiel Busfahrer, Bankangestellte oder Verkäufer, der kommt nicht mit Leuten in Kontakt, die HIV-positiv sind, die Hepatitis C haben oder einfach Gewalttäter sind. Aber so kann unsere Arbeit aussehen und wir sind verpflichtet, dabei auch unser Leben einzusetzen. Das gibt es in kaum einem anderen Beruf. Aber das Schlimme ist: Dieses Risiko wird nicht einmal finanziell ausgeglichen. Ein Straßenbahnfahrer hat mehr auf dem Gehaltszettel stehen als wir."Und trotzdem, das Lachen hat der Wachtmeister noch nicht verlernt. Er erzählte mir sogar einen der zig-tausend Polizeiwitze, die vor allem auch im Internet kursieren. Senden müsse ich den aber nicht unbedingt, fügt er hinzu.
Gefragt, was seine Mutter damals zu seiner Entscheidung für den Polizeiberuf gesagt habe, zögert er nicht lange:
"Meine Mutter? Der hat das eigentlich damals gefallen. Ich sollte das ruhig versuchen, hat sie gesagt. Ich war eben immer schon so einer, der überall für Ordnung gesorgt hat. Also, sie war einigermaßen begeistert. Vielleicht sogar mehr als ich."