"Ein kultivierter Verfechter der anderen Welt" - Zur tschechische Erstausgabe des Politischen Tagebuchs von Camill Hoffmann

Das Politische Tagebuch 1932-1939

Sensibler Lyriker und genau beobachtender Diplomat - der 1878 im mittelböhmischen Kolin geborene Camill Hoffmann war beides zugleich. Das Politische Tagebuch, das Hoffmann in den Jahren 1932-1939 geführt hat, ist nun erstmals auch in tschechischer Sprache erschienen. Mehr dazu von Thomas Kirschner.

Knappe Schilderungen, stichwortartige Beobachtungen, die eigene Person stets im Hintergrund - Camill Hoffmanns Politisches Tagebuch versammelt scharfkantige Splitter aus Politik und Gesellschaft der 30er Jahre. Als tschechoslowakischer Diplomat stand Hoffmann damals an bedeutender Stelle, erinnert Verleger David Kraft:

"Er war in den Jahren 1920-1938 Kulturattache an der tschechoslowakischen Gesandtschaft in Berlin. In dieser Position hat er sich um die kulturellen Beziehungen gekümmert; er war Berater von vier Botschaftern und Vertrauensmann von Präsident Masaryk und Außenminister Benes. Und in diesem Tagebuch beschreibt er die ganze Geschichte der 30er Jahre praktisch Tag für Tag. Es ist eine lebhafte, manchmal auch sehr traurige Lektüre."

Traurig vor allem zum Schluss: Die Okkupation seiner Heimat erlebt Hoffmann in Prag, bereits pensioniert. Er ist Jude; seine Lebensumstände verschlechtern sich rapide. Als Diplomat hat er den Verfolgten des Hitler-Regimes geholfen, wo er konnte. An sich selbst denkt er erst, als es bereits zu spät ist. 1944 wird Camill Hoffmann zusammen mit seiner Frau nach Auschwitz deportiert.

"Irgendwie konnte oder wollte er sich nicht von Prag trennen. Das ist schwer zu erklären - er war jemand, der ganz genau gewusst haben muss, wie die Haltung der Nazis zu den Juden ist."

In der ursprünglichen, deutschsprachigen Fassung erschien das Politische Tagebuch Hoffmanns erstmals vor elf Jahren. Für Verleger David Kraft ist es eine wichtige Aufgabe, das Buch auch für tschechische Leser zugänglich zu machen:

"Hoffmann war eines der typischsten Beispiele des positiven Zusammenlebens zwischen Deutschen und Tschechen in der ersten Republik und jemand, der die Multiethnizität des Staates verkörperte. Er war deutschsprachiger tschechoslowakischer Demokrat - so würde ich ihn charakterisieren. Und ich bin der Meinung, dass er auch der heutigen Generation noch viel zu sagen hat."

Das unterstreicht auch Tomas Kafka, der als ehemaliger Leiter des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds an der Entstehung des Buches beteiligt ist. Hoffmann habe in schwieriger Zeit stets auf Seiten der Menschlichkeit gestanden:

"Er ist ein kultivierter Verfechter der anderen Welt, und man sollte den Vertretern dieser Welt mehr Aufmerksamkeit schenken als den Boten der damaligen Finsternis."

Wie Camill Hoffmann ist auch Tomas Kafka zugleich Schriftsteller und Diplomat im Dienst des tschechischen Außenamtes. In Hoffmanns Vermächtnis liegt deshalb für ihn eine besondere Verpflichtung:

"In seine Fußstapfen zu treten, das sollte für uns ein Ansporn sein, und ich kann nur hoffen, dass wir sein Werk fortsetzen und ihm keine Schande machen werden."