Deutsch-tschechische Wirtschaftskooperationen sind vorteilhaft und förderungswürdig

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Mit der Abschaffung ihrer kommunistischen Regime, die dem Drang ihrer Bürger nach Freiheit und Demokratie nicht mehr standhielten, sahen sich die Länder des ehemaligen Ostblocks nach der Wende vor allem wirtschaftlich vor ganz neue Herausforderungen gestellt. Ihre einstigen Märkte brachen zusammen, ihr Know how war größtenteils unterentwickelt und die Effektivität ihrer Produktion ließ auch zu Wünschen übrig. Nach der Umstrukturierung der Betriebe, ihrer Gesundschrumpfung oder gar ihrem völligen Neubeginn mussten auch neue Märkte und Partner gewonnen werden.

Rainer Döll
Einer, der das beizeiten erkannte, war der Thüringer Rainer Döll. Er nutzte seine persönlichen Bande zur Tschechischen Republik, um als wirtschaftlicher Berater und Koordinator für Unternehmen aus dem neuen Bundesland Thüringen Kontakte und spätere Kooperationen mit Firmen aus Böhmen und Mähren anzubahnen. Dazu gründete er mit einem tschechischen Partner ein Kontakt- & Wirtschaftsbüro im westböhmischen Cheb / Eger. Zur Ausgangslage im Jahr 1996 sagte er in einem Gespräch für Radio Prag:

"Damals war es so, dass die ersten Thüringer Unternehmen gemerkt haben, dass in Tschechien ein Bedarf zur Zusammenarbeit genauso besteht wie in Ostdeutschland. Man hatte in den neuen Bundesländern schon Erfahrungen gesammelt und konnte diese auch weitergeben. Doch dazu brauchte man eine Person in der Mitte, einen Moderator sozusagen. Diese Aufgabe haben mein tschechischer Partner und ich übernommen. Es begann damit, dass sich eine deutsche Baufirma bei einer tschechischen Firma einbrachte, um mit ihr gemeinsam tätig zu werden. Das war ein ganz normaler Vorgang. Wir haben seinerzeit aber auch gesagt: Die Fehler, die in Ostdeutschland am Anfang gemacht wurden, sollten in Tschechien vermieden werden. Das ist uns auch gelungen."

Relativ schnell wurden die Vorteile der bilateralen Zusammenarbeit deutlich, so dass bald weitere Branchen die nutzbringende Kooperation mit tschechischen Partnern eingingen...

"... zum Beispiel die Metallindustrie, zum Beispiel die Kunststoffindustrie, die Elektronik, die Holzverarbeitung, der Werkzeugbau und die Lasertechnik."

Worin die beiderseitigen Vorteile der grenzübergreifenden Zusammenarbeit liegen, erklärte uns Rainer Döll an einem Beispiel:

"Ich würde es erklären an der Kunststoffindustrie, wo die deutsche Firma große Aufträge an Land gezogen hat. Da sie diese aber im eigenen Land nur schwer durchziehen kann, hat sie Teile ihrer sehr lohnintensiven Produktion nach Tschechien verlagert. Dazu hat sie sich in eine bestehende tschechische Firma eingegliedert. Die tschechische Firma hat den Vorteil, dass sie Arbeitskräfte requirieren konnte und dass sie am Umsatz beteiligt ist. Danach wurde in Tschechien eine eigenständige Firma mit deutscher Mehrheitsbeteiligung gegründet, dank der die Kapazität der Kunststoffproduktion erweitert wurde. Beide Seiten haben davon ihren Nutzen: Der Deutsche dadurch, indem er durch die Mischkalkulation günstigere Abnahmebedingungen erreicht. Das bedeutet, dass er seine Konkurrenten vom Preis her schlägt. Und der Tscheche hat seinen Vorteil dadurch, dass er an diesem Geschäft voll partizipiert."

Der Vollständigkeit halber nannte uns Döll auch die Firma, die sich hinter seinem Beispiel verbirgt:

"Es ist die Firma Kunststoff Fröhlich aus Sollstedt in Thüringen, die sich im südböhmischen Pisek angesiedelt hat."

Rainer Döll vergaß jedoch nicht zu betonen, dass trotz der Auslagerung von Produktionssegmenten nach Tschechien kein einziger deutscher Arbeitsplatz bei Kunststoff Fröhlich abgebaut wurde. Aufgrund ihrer geringeren Finanzkraft tun sich andererseits tschechische Unternehmen noch schwer, nach Deutschland zu expandieren:

"In den meisten Fällen ist das Übergehen von tschechischen Unternehmern nach Deutschland noch sehr, sehr gering. Wir haben einmal eine Analyse gemacht und haben dabei für das Bundesland Thüringen drei bis vier Firmen gefunden, die von tschechischen Unternehmern geführt wurden. Unter diesen waren jedoch auch ein Reisebüro und eine andere Dienstleistungseinrichtung dabei."

Für deutsch-tschechische Wirtschaftskooperationen gibt es jedoch auch in Zukunft genügend Betätigungsfelder, die bestellt werden sollten, sagte Döll.

"Der Schwerpunkt liegt zurzeit eindeutig bei den erneuerbaren Energien. Soliden Einschätzungen zufolge muss man festhalten, dass auf diesem Gebiet die Bundesrepublik und speziell auch Thüringen einen Vorsprung haben. Und zwar ganz besonders im Bereich Photovoltaik, auch bekannt als Solarenergie. Daher wurde dieser Wirtschaftszweig auch als Thema von der EU aufgegriffen und wird von ihr gefördert."

Möglichkeiten zur Förderung solcher Projekte gibt es mehrere, so Döll, der dabei auf Fonds der Europäischen Union und auf den Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds verweist. Warum aber gerade jetzt die erneuerbaren Energien in Tschechien ein Thema geworden sind, dazu erläutert der Kooperationsexperte:

Rainer Döll, der in seinem bilateralen Tätigkeitsbereich sichtbar aufgeht, lässt zum Abschluss unseres Gesprächs keinen Zweifel daran, dass er und seine Partner nun auch Feld der alternativen Energien beackern werden:

"Wir haben die Absicht, in Tschechien einen Cluster für erneuerbare Energien aufzustellen und diesen auch zu managen, damit auch entsprechende Ergebnisse zu verzeichnen sind. Das soll bis hin zur Aufklärung unter der Bevölkerung führen, wie man mit erneuerbaren Energien umgehen muss und was es dabei zu beachten gilt."

Der Cluster wird übrigens im westböhmischen Landkreis Karlovy Vary / Karlsbad entstehen. An seinem Aufbau und seiner Nutzung werden sich acht bis zehn Firmen sowie zwei wissenschaftliche Institute beteiligen, ergänzte Döll.