Weinberge nach langem Winter

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Der Spruch "In vino veritas" ist allgemein bekannt. Nun kommt es darauf an, welche Wahrheit der eine oder der andere Weinkonsument im Wein sucht, denn Wahrheiten gibt es gegebenenfalls auch mehrere. Fest steht allerdings, dass ein Winzer schon lange vor der Verkostung eines neuen Weinjahrgangs nach einer Wahrheit Ausschau halten muss: Nämlich danach, wie sein Weinberg den Winter überstanden hat. Nachdem europaweit nun ein harter und langer Winter gewaltet hat, ist diese Frage besonders aktuell. Mehr dazu von Jitka Mladkova.

Normalerweise beginnt das Weinjahr schon im Januar und Februar, also noch vor dem Austrieb im Frühjahr, mit dem Rebschnitt. Dieser Vorgang, nämlich die Bestimmung der so genannten Fruchtruten, hat sich hinsichtlich des unnachgiebigen Winters diesmal wesentlich verspätet. Die Winzer konnten ihn hierzulande erst vor kurzem nachholen. Wie der aktuelle Stand der Dinge ist, sagte uns Martin Pucek, Sekretär des Verbandes der tschechischen Winzer mit Sitz im südmährischen Velke Bilovice:

"Man kann sagen, dass es gebietsweise tatsächlich klirrenden Frost gab. Temperaturen von minus 22 oder minus 23 Grad waren keine Seltenheit, an einigen Orten wurden sogar 27 Grad unter Null gemessen. Nachdem dieser Frost vorbei war, haben die Winzer in ganz Mähren den aktuellen Stand der Reben untersucht. Aus den ersten Weinbergerkundungen ergab sich, dass sich die angerichteten Schäden auf rund 50, mancherorts sogar auf 100 Prozent belaufen könnten."

Das Wetter ist einer der bedeutendsten Faktoren, die sich auf die künftige Weinqualität auswirken. Doch wie sich zeigt, darf man auch im Falle der Reben nicht gleich nach der ersten Observierung die Flinte ins Korn werfen:

"Mit der Ankunft des Frühlings zeigt sich, dass die Rebe höchst resistent war. Das ist eindeutig auf den letzten Herbst, der wettermäßig sehr günstig war, zurückzuführen. Bis Ende August hat die Rebe durch ausreichende Regenfälle viel Feuchtigkeit erhalten, es folgte eine fast zwei Monate lange Periode milden sonnigen Herbstwetters, der nur langsam der Winter folgte. Momentan sieht es so aus, dass die Schäden wirklich nicht allzugroß sein müssen."

Das wahrscheinliche Ausmaß des Schadens hat Martin Pucek aktuell auf 30 bis 50 Prozent nach unten revidiert. Dort, wo es sich um die 50 Prozent handle, bestehe noch die Möglichkeit, mit dem anstehenden Rebschnitt nachzuhelfen.

Ganz im Klaren hinsichtlich der künftigen Weinernte wird man sich laut Pucek jedoch erst in einem Monat sein. Bis dahin muss in den einheimischen Weinbergen vieles geschehen: Biegen und Binden der Reben, die Anregung des Bodenlebens, Dünken und vieles, vieles mehr. Aber auch dann kommt wieder das Wetter zur Geltung, und das ist bekanntlich unvorhersehbar.